LG Berlin: Werbekennzeichnung durch Wort „Anzeige“ muss hinreichend deutlich sein

LG Berlin: Werbekennzeichnung durch Wort „Anzeige“ muss hinreichend deutlich sein
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von Axel Stoltenhoff und RA Phil Salewski
Stand: 09.11.2022 3 min

Um falsche Verbrauchervorstellungen zu verhindern, ist werbliche Kommunikation deutlich als solche zu kennzeichnen. In Bezug auf einen Newsletter, der neben überwiegenden Verweisen auf redaktionelle Beiträge auch vereinzelte Werbebanner enthielt, stufte das LG Berlin jüngst die Werbekennzeichnung per Schlagwort „Anzeige“ wegen der Schriftgröße, -Farbe und Platzierung als unzureichend ein.

I. Der Sachverhalt

Die Antragsgegnerin war ein Medienunternehmen einer führenden Verlagsgruppe. Im Newsletter einer Computerzeitschrift kündigte sie redaktionelle Beiträge einerseits und werbliche Beiträge andererseits in nahezu identischer Weise an und zwar mit einer Überschrift, einem Bild, einem kurzen Text und einem farblich hervorgehobenen Button (Teaser) mit der Aufschrift „Weiterlesen“.

Drei von 27 dieser Teaser waren werbliche Verweise zu externen Anbietern bzw. zu Bereichen des Verlags mit bezahlter Werbung. Während bei 24 Einträgen der Klick auf den jeweiligen Button zum jeweiligen Artikel führte, bestand bei 3 Teasern ein Link zu Werbung von Drittunternehmen.

Rechts oben am Rand der werblichen Teaser stand in blassgrauer Schrift auf weißem Hintergrund das Wort „Anzeige“.

Der Antragsteller, die Wettbewerbszentrale, war der Auffassung, dass die Gestaltung der Werbeanzeigen unzureichend sei, da der Verbraucher diese wegen der Gleichförmigkeit der optischen Gestaltung im Vergleich mit den Buttons für redaktionelle Beiträge nicht als Werbung wahrnehme.

Der rechts oben eingeblendete Hinweis „Anzeige“ sei nicht geeignet, den werblichen Charakter hinreichend transparent zu machen, da er durch seine Gestaltung vollkommen in den Hintergrund trete.

Der Antragsteller war der Auffassung, dass die gewählte Darstellung u.a. gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG verstoßen habe, da sie den werblichen Charakter der fraglichen Beiträge nicht hinreichend deutlich kenntlich gemacht habe.

Ein entsprechendes Abmahnschreiben des Antragstellers vom 9. Mai 2022 beantwortete die Antragsgegnerin mit dem Hinweis, dass sie von einer ausreichenden Kennzeichnung der fraglichen Beiträge als Werbung ausgehe.

Daraufhin beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung.

Die Antragsgegnerin forderte die Zurückweisung des Antrags. Sie war der Auffassung, der bezeichnete Verstoß gegen die Werbekennzeichnung liege nicht vor. Für den aufmerksamen und informierten Verbraucher die Kennzeichnung der Werbeböcke als „Anzeige“ ohne weiteres erkennbar.

Über den Verfügungsantrag musste sodann das LG Berlin entscheiden.

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II. Die Entscheidung

Mit Urteil vom 22.8.2022 (Az. 102 O 61/22) bejahte das LG Berlin im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen das Gebot der eindeutigen Werbekennzeichnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG und gab dem Verfügungsantrag statt.

Die Vorschrift fordere, dass Werbung und sonstige kommerzielle Kommunikation klar als solche zu erkennen sein müsse, also in ihrem Charakter als kommerzielle Kommunikation ohne Aufwand wahrnehmbar und von anderen Inhalten bzw. Informationen abgehoben sei (sog. Trennungsgebot). Dies könne insbesondere durch die klare Bezeichnung als „Anzeige“ erfolgen.

Erfolge aber die Kennzeichnung mit dem Schlagwort „Anzeige“, müsse diese nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung und anderen Merkmalen ausreichend deutlich sein. Dies sei hier nicht mehr der Fall. Selbst aufmerksamen Lesern falle die Kennzeichnung aufgrund der geringen Schriftgröße, der gewählten hellgrauen Farbe auf weißem Grund und ihrer Platzierung am oberen rechten Rand der Werbeanzeigen beim ersten Betrachten des Newsletters der Antragsgegnerin kaum ins Auge.

Zudem seien die werblichen Teaser in fast allen Gestaltungsmerkmalen außer der Schriftart gleich den redaktionellen Teaser gestaltet. Dieser geringfügige Unterschied falle dem Leser erst bei einer analysierenden Betrachtung auf.

Vor diesem Hintergrund hätte es jeweils eines deutlich ins Auge fallenden Hinweises auf den Werbecharakter der drei Anzeigen bedurft.

III. Fazit

Für Texte oder textliche Gestaltungen, die sowohl redaktionelle als auch werbliche Inhalte zum Gegenstand haben, ist das sog. Trennungsgebot des Telemediengesetzes (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG) zu beachten. Werbliche Inhalte müssen danach eindeutig als solche gekennzeichnet sein, um eine unsachgemäße Beeinflussung von Verbrauchern durch einen vermeintlich objektiven Charakter zu verhindern.

Die Verwendung des Begriffs „Anzeige“ ist grundsätzlich ein tauglicher Hinweis zur Kennzeichnung von Werbung. Allerdings muss der Hinweis dann aber nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung und Schriftfarbe ausreichend deutlich wahrnehmbar sein.

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Bildquelle:
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