LG Amberg: Grundsatzentscheidung zur Darstellung von Preisermäßigungen (irreführender „Referenzpreis“)

LG Amberg: Grundsatzentscheidung zur Darstellung von Preisermäßigungen (irreführender „Referenzpreis“)
31.07.2024 | Lesezeit: 4 min

Das Landgericht Amberg entschied, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe des niedrigsten vorherigen Preises bei Preisermäßigungen auch dann vorliegen kann, wenn dieser Preis genannt wird, aber aufgrund einer komplexen Werbegestaltung vom Verbraucher nicht verstanden wird. Lesen Sie mehr zur Entscheidung des Gerichts in diesem Beitrag.

Was war geschehen?

Die Beklagte war ein Supermarkt, die Klägerin eine Wettbewerbszentrale. Letztere war der Auffassung, dass das Unternehmen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoße.

In einem Werbeprospekt warb die Beklagte für einen preisreduzierten Kaffee mit der Angabe „Jacobs Krönung: 4,44 EUR*“. Der Originalpreis betrug der Angabe zufolge 6,99 EUR. Dieser war mit einer hochgestellten 1 versehen.

In deutlich kleinerer Schrift am unteren Rand des Prospekts wurde die Zahl wie folgt aufgelöst: „1 Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: Jacobs Krönung 4.44 EUR, […]“. Der beworbene Preis von 4,44 EUR galt bereits 9 Tage vor dem im Prospekt dargestellten Angebot.

Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale verstößt eine derart gestaltete Werbung gegen die gesetzliche Verpflichtung nach § 11 PAngV, den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor Ankündigung der Preissenkung anzugeben, denn: Nach der Preisangabenverordnung (PAngV) müsse stets ein „Referenzpreis“ angegeben werden.

Darüber hinaus müssen Preisangaben der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen der Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Im vorliegenden Prospekt sei es für den durchschnittlichen Verbraucher jedoch nicht erkennbar, dass der Preis bereits 30 Tage vor dem beworbenen Angebot gegolten habe.

Der beklagte Supermarkt hingegen vertrat die Auffassung, dass alle gesetzlichen Pflichtangaben eingehalten worden seien. Der Verbraucher sei zudem an Fußnoten wie die oben dargestellte gewöhnt und verstehe sie.

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Wie hat das LG Amberg entschieden?

Das Landgericht Amberg gab der Wettbewerbszentrale mit Urteil vom 29.01.2023 (Az.: 41 HK O 334/23) Recht und erklärte die dargestellte Angabe für unzulässig.

In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass eine solche Werbung aufgrund der Komplexität der Prospektangaben insgesamt geeignet sei, den Kaufinteressenten in die Irre zu führen. Dies liege zum einen an dem für den Durchschnittsverbraucher schwer verständlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis des Wortes „außer“.

Zum anderen an der verwendeten Schriftgröße. Diese entspreche zwar grundsätzlich einem ausreichenden Standard, führe aber im konkreten Fall zu einer Irreführung des Verbrauchers.

Seit 2022: Neue Regelungspflicht zu Preisangaben

Seit Mitte 2022 gibt es eine überarbeitete gesetzliche Pflicht zur Preisangabe bei Preisnachlässen. So ist nach § 11 PAngV der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor Ankündigung des Preisnachlasses anzugeben.

§ 11 PAngV verlangt grundsätzlich, dass im Falle einer Preisermäßigung jeweils der niedrigste Preis der letzten 30 Tage ("vorheriger Gesamtpreis") aller betroffenen Produkte für Verbraucher erkennbar sein muss.
Durch diese gesetzliche Anordnung soll insbesondere verhindert werden,

  • dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen vorherige Gesamt- bzw. Grundpreise angegeben werden, die vor der Preisermäßigung von Verbrauchern so nicht verlangt wurden oder
  • dass Preise vor einer Preisermäßigung kurzzeitig angehoben und dann auf diesen erhöhten Preis Bezug genommen wird, um den Eindruck einer höheren Preisermäßigung und eines besonders preisgünstigen Angebotes zu erwecken.

Sie möchten mehr zum Thema Informationspflichten bei Preisermäßigungen erfahren? In unserem Beitrag gehen wir umfassend auf die Notwendigkeit zur Bekanntgabe des niedrigsten Gesamtpreises, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde, ein.

Fazit

Bei der Werbung mit Preisermäßigungen ist immer Vorsicht geboten, denn: gemäß § 11 PAngV sind Online-Händler verpflichtet, den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor Ankündigung des Preisnachlasses anzugeben. Achten Sie dabei jedoch immer auf eine klare und übersichtliche Darstellung.

Denn selbst wenn der "Referenzpreis" tatsächlich genannt wird, kann ein Verstoß gegen die gemäß § 11 PAngV bestehende Pflicht zur Angabe des niedrigsten vorherigen Preises bei einer Preisermäßigung vorliegen. Dieser Fall könnte vor allem dann eintreten, wen der Verbraucher aufgrund der komplexen Gestaltung der Werbung den Hinweis auf diesen Referenzpreis nicht versteht.

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