Lederimitaten: zulässige und unzulässige Vermarktungsbezeichnungen

Lederimitaten: zulässige und unzulässige Vermarktungsbezeichnungen
Stand: 14.09.2020 6 min 5

Aufgrund der hohen Kosten echten Leders greift die Textilindustrie oft auf textile Lederimitate zurück, die dem Endprodukt das Aussehen von hochwertigem Echtleder verleihen. Die korrekte Bezeichnung von Produkten aus synthetischem Leder unterliegt jedoch hohen wettbewerbsrechtlichen Anforderungen.

Die korrekte Bezeichnung für Lederimitate

Werden Produkte verkauft, die aufgrund ihrer konkreten Gestaltung bei den angesprochenen Verkehrskreisen fälschlicherweise den Anschein erwecken können, aus Echtleder zu sein, so bewegt sich die Produktdarstellung grundsätzlich im Geltungsbereich der Irreführungsverbote nach den §§ 5 und 5a UWG.

1.) Irreführung durch Unterlassen bei Verstoß gegen Aufklärungspflicht

Weil aus synthetischem Leder bestehende Textilprodukte aufgrund der heutigen hochmodernisierten und präzisen Verarbeitungsmethoden grundsätzlich geeignet sind, von dem durch die Präsentation angesprochenen Kundenkreis als Echtlederware eingeordnet zu werden, besteht eine grundsätzliche Aufklärungspflicht über die Eigenschaft als Lederimitat.

Diese ergibt sich aus § 5a Abs. 2 und Abs. 3 UWG in Anlehnung daran, dass die nicht vorhandene Beschaffenheit aus Echtleder eine Information ist, die für potenzielle Käufer den Umständen nach für ihre geschäftliche Entscheidung stets wesentlich ist und deren Unterdrückung sie zu geschäftlichen Handlungen verleiten kann, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten.

Wird ein Erzeugnis aus Lederimitat verkauft, ist zur Abwendung lauterkeitsrechtlicher Konsequenzen primär also stets ein textlicher Hinweis dahingehend erforderlich, dass es sich bei dem verwendeten Material nicht um echtes Leder handelt. Keinesfalls genügt es, sich für die notwendige Aufklärung auf Produktabbildungen oder uneindeutige Beschreibungen zu berufen, weil im Interesse eines hohen Verbraucherschutzniveaus nicht angenommen werden kann, dass die Kunstledereigenschaft bereits durch eine hinreichende Würdigung von Produktfotografieren oder impliziten Umschreibungen ersichtlich würde.

Die Information, dass es sich beim angebotenen Erzeugnis nicht um eines aus Echtleder handelt, sollte auf Klarstellungsgründen bereits in Titelbezeichnung aufgenommen und in der Produktbeschreibung an priorisierter Stelle wiederholt werden.

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2.) Irreführung durch zweideutige Hinweise

Wie die Rechtsprechungspraxis belegt, kann die konkrete Ausgestaltung eines aufklärerischen Hinweises auf die Synthetik aber im Einzelfall ein eigenständiges Irreführungspotenzial begründen und so den als objektiv-informatorisch intendierten Indikator in sein Gegenteil verkehren. Insofern sind an die Zulänglichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Information strenge Anforderungen zu stellen, die jegliche Zweideutigkeiten und mögliche Rückschlüsse auf das Vorliegen eines irgendwie gearteten Echtlederstoffs ausschließen.

Unlauter: "Textilleder"

Für unlauter, da irreführend erachtete das OLG Hamm mit Urteil vom 08.03.2012 (Az. I-4 U 174/11) so die Bezeichnung eines Lederimitats als „Textilleder“, weil diese gerade nicht hinreichend darüber aufkläre, dass es sich bei dem maßgeblichen Material um einen synthetischen Stoff handle.

Vielmehr sei die Bezeichnung im Gegenteil geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass das Erzeugnis aus gewachsener tierischer Haut bestehe, die lediglich in einem Textil zum Einsatz komme.

Unlauter: "PU-Leder, "Pull-Up-Leder", "Recycling-Leder"

Die gleiche rechtliche Würdigung ist für die Bezeichnungen

  • „PU-Leder“,
  • „Pull-Up-Leder“ oder
  • „Recycling-Leder“

anzustellen, die zwar auf einen Kunststoff verweisen, diesen aber so mit dem Begriff „Leder“ in Verbindung bringen, dass ein verständiger Verbraucher von der Verwendung tierischen Materials im Sinne von Echtleder ausgehen muss und die synthetische Zusammensetzung gerade nicht erkennt.

Als Richtlinie gilt bei der (verpflichtenden) Kenntlichmachung eines Lederimitats, dass Wortverbindungen mit dem Begriff „Leder“ oder mit Ausdrücken, die nach der Verkehrsauffassung auf Leder oder eine Lederart hinweisen, grundsätzlich unzulässig sind.

Derartige Begriffe sind allein solchen Materialen vorbehalten, die aus gewachsener tierischer Haut bzw. Fell hergestellt sind.

Unlauter: "Veganes-Leder"

Irreführend ist daher auch die Verwendung der Bezeichnung „Veganes Leder“ für Ledersynthetik, weil der Verweis auf die Freiheit tierischer Inhaltsstoffe durch das Wort „vegan“ nicht hinreichend geeignet ist, den durch das Wort „Leder“ hervorgerufenen Eindruck eines Echtlederprodukts zu beseitigen.

Dies gilt deshalb, weil der Begriff „vegan“ hauptsächlich in Zusammenhang mit der menschlichen Ernährung und somit weit überwiegend zur Deklaration einer bestimmten Nutrition bzw. einzelner Nahrungsmittel, nicht aber zur Kenntlichmachung der Freiheit von Materialen tierischen Ursprungs bei Textilien verwendet wird. Insofern ist die Bezeichnung „veganes Leder“ gar geeignet, in doppelt irreführender Verweise die Verwendung eines besonderes hochwertigen Echtleders zu implizieren.

Unlauter: "Korkleder"

Ebenso irreführend ist die Verwendung des Begriffes "Korkleder". Denn es existiert in der Bundesrepublik Deutschland kein Material, das mit diesem Begriff bezeichnet werden dürfe. Um den Begriff Leder zu anderen Materialien entsprechend abzugrenzen gilt auch hier und ganz generell, dass nicht als "Leder" bezeichnet werden darf, was aus anderen Stoffen besteht.

3.) „Kunstleder“, „aus Lederimitat“ und "Lederoptik" als Ausnahme

Von der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Verwendung des Begriffs „Leder“ im Zusammenhang mit Lederimitaten sind in Rechtsprechung und Praxis der Schutzverbände als Ausnahme die Formulierung „Kunstleder“ und „Aus Lederimitat“ anerkannt.

Hier soll die Voranstellung des Bestandteils „Kunst“ die für den Ausschluss einer Irreführung erforderliche Transparenz schaffen können und den angesprochenen Verkehr in geeigneter Weise auf den synthetischen Ursprung des Materials hinweisen können.

Auch die Begriffe "Lederoptik" oder "Leder-Optik" weisen hinreichend darauf hin, dass es sich nicht um echtes Leder handelt.

Händlern, die Lederimitate anbieten, ist zur Erfüllung ihrer lauterkeitsrechtlichen Aufklärungspflicht also zwingend zu raten, zur Bezeichnung des Produktmaterials von Wortneuschöpfungen um das Wort „Leder“ abzuraten und stattdessen ausschließlich eine der beiden zulässigen Begrifflichkeiten zu verwenden.

Zur Vermeidung von abweichenden Beurteilungen sollte die Bezeichnung „Kunstleder“ als zusammenhängendes Wort geschrieben und nicht in der Form „Kunst Leder“ oder „Kunst-Leder“ formuliert werden, da die letzteren Varianten dem „Leder“ wiederum einen eigenständigen, hervorgehobenen Bedeutungsgehalt zusprechen.

Textilkennzeichnung

Von den Anforderungen an eine zulässige Verkehrsbezeichnung für Erzeugnisse aus Lederimitat ist die für Textilerzeugnisse nach Art. 14 und 16 der europäischen Textilkennzeichnungsverordnung (VO Nr. 1007/2011) sowohl off- als auch online verpflichtende Kenntlichmachung der Faserzusammensetzung strikt zu trennen.

Hier müssen die verwendeten Materialien mit Gewichtsanteil in absteigender Reihenfolge gemäß den in Verordnungsanhang I zugelassenen Begrifflichkeiten explizit gekennzeichnet werden.

Die Ausweisung einer Faser als „Kunstleder“ oder „Lederimitat“ ist insofern gerade nicht zugelassen.

Fazit

Erweckt ein Erzeugnis aufgrund seiner Verarbeitung und der verwendeten Materialien den Eindruck, aus Echtleder hergestellt zu sein, obwohl lediglich Lederimitat verwendet wurde, besteht eine lauterkeitsrechtliche Hinweispflicht bezüglich des synthetischen Ursprungs.

Bei der Formulierung des Hinweises ist allerdings strikt darauf zu achten, von Wortverbindungen mit dem Begriff „Leder“ oder mit Ausdrücken, die nach der Verkehrsauffassung auf Leder oder eine Lederart hinweisen, abzusehen, da diese ein eigenständiges Irreführungspotenzial begründen und fälschlich die Verwendung gewachsener tierischer Haut implizieren können. Grundsätzlich gilt, dass der Begriff „Leder“ allein oder in Kombination mit anderen Bezeichnungen Echtledermaterialien vorbehalten ist.

Eine Ausnahme wird in Anlehnung an den unmissverständlich klarstellenden Charakter nur für die Bezeichnungen „Kunstleder“ und „aus Lederimitat“ gemacht, die in zulässiger Weise zur Kenntlichmachung von Produkten aus synthetischem Leder verwendet werden dürfen und sollten.

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Bildquelle: © AlenKadr - Fotolia.com

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5 Kommentare

F
Fr. H. 06.12.2022, 18:11 Uhr
Kein Titel
Hallo!
Ich habe ein Produkt bestellt, welches Online als echtes Leder beschrieben wird. Es fühlt sich genau wie Leder an (sehr weich), riecht aber nicht nach Leder (sondern geruchsneutral) und (!) am Produkt selbst befindet sich keinerlei Hinweis auf das Material.
Müssen Lederprodukte grundsätzlich als solche gekennzeichnet werden?
L
Laurentius 07.02.2021, 16:38 Uhr
Gibt es weitere Ausnahmen neben dem Begriff Lederoptik?
Würde ebenfalls der Begriff "Leder-Design" durchgehen, bei einem Artikel aus Kunstleder?
Dieser liegt zumindest meiner Einschätzung nach sehr nah an dem Begriff Lederoptik oder Leder-Optik.
M
Marion 14.09.2020
m_greeneye@rocketmail.com
Und wie sieht es mit dem Begriff Lederoptik, Leder-Optik, Leder Optik aus?
T
Tobias 14.09.2020
Kork-Leder
Als kleine Ergänzung: Der Begriff "Kork-Leder" (u. ä.) taucht neuerdings auch immer wieder auf.

Auch hier ist Vorsicht geboten!
B
Bianca E. 14.09.2020
Frau
Hallo und guten Tag, vielen Dank für den Informativen Artikel. Wie verhählt es sich denn wenn man das Material genau beschreibt und dann auf ein lederähnliches Aussehen hinweist?
Z.B.:
" Ein tierfreies Material, bestehend aus einem Zellulose beschichteten Latexkern, mit Lederoptik."
Vielen Dank.

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