Die Verantwortlichkeit für Pflichtangaben nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)

Die Verantwortlichkeit für Pflichtangaben nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)
13.05.2014 | Lesezeit: 4 min

Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Verkauf von Lebensmitteln"

Zum 13.12. 2014 tritt die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) in Kraft und etabliert EU-weite, einheitliche Kennzeichnungspflichten für Lebensmittelunternehmer, denen im Vertrieb von Lebensmitteln nachgekommen werden muss. Aus der Rechtsnorm geht allerdings nicht eindeutig hervor, wem die spezifischen Auskunftspflichten obliegen, sodass sich gerade in Anbetracht von längeren Vertriebsketten die Frage nach der Verantwortlichkeit für die jeweiligen Pflichtangaben stellt.

Dieser Beitrag soll die Zuweisung der gesetzlich angeordneten Pflichtentragung zusammenfassend darstellen und analysieren, welchem spezifischen Lebensmittelunternehmer die Anführung der Kennzeichnungsvorgaben auferlegt wird.

Anmerkung: Werden die Lebensmittel im außereuropäischen Ausland hergestellt und lediglich importiert, so ergibt sich die Pflicht zur Deklaration nach Art. 8 Abs. 1 LMIV eindeutig für den Importeur.
Insofern beschäftigt sich dieser Beitrag ausschließlich mit der Verantwortlichkeit für die Kennzeichnung von in der EU hergestellten Produkten.

Die Verantwortlichkeit nach Art. 8 Abs. 1 LMIV

Art. 8 Abs. 1 LMIV benennt als für die Deklaration Verantwortlichen grundsätzlichen denjenigen Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird.

Eine Definition des Lebensmittelunternehmers im Sinne der LMIV geht aus Art. 3 Nr. 3 VO (EG) Nr. 178/2002 hervor. Diese sind demnach die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden.

Grundsätzlich deutet der Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 LMIV insofern an, dass eine Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Informationspflichten und folglich für die Anführung der zwingenden Angaben nur den Lebensmittelunternehmern obliegt, welche die betreffenden Produkte erstmalig in Verkehr bringen. Innerhalb des europäischen Binnenmarkts, also bei Lebensmitteln, die nicht aus dem außereuropäischen Ausland importiert werden, sind dies regelmäßig die Hersteller.

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Verantwortlichkeit auch für (Zwischen)-Händler?

Zu erwägen wäre allerdings, eine derartige Verantwortung zur Bereitstellung der Pflichtangaben auch bei Händlern zu suchen, die die Lebensmittel vom Hersteller/Importeur oder innerhalb einer Vertriebskette von anderen Händlern beziehen und weiterverkaufen.

Immerhin vermarkten auch diese die betreffenden Produkte per definitionem „unter ihrem Namen oder ihrer Firma“, sofern ein Abverkauf in deren räumlichem Herrschaftsbereich – ob im Einzelhandel oder online – stattfindet.

Gerade in Anbetracht der konkreten Informationspflichten aus Art. 9 LMIV ergeben sich somit Unstimmigkeiten. Nach Art. 9 Abs. 1 lit. h. nämlich ist auf der Lebensmittelverpackung zwingend der verantwortliche Lebensmittelunternehmer nach Art. 8 Abs. 1 LMIV mit Anschrift zu benennen. Würde die Verantwortlichkeit in Anlehnung an die „Vermarktung im eigenen Namen“ nun auf sämtliche Händler innerhalb einer Vertriebskette ausgeweitet, würde diesen neben der Einhaltung des Pflichtenprogramms stets auch die Anführung ihrer eigenen Anschrift oder der Firmenadresse auferlegt.

Einschätzung der IT-Recht Kanzlei

Die LMIV dient ganz wesentlich dem Interesse der Verbraucher an möglichst vollständigen Informationen über die Zusammensetzung, Produktion und Herkunft der von Ihnen verzehrten Lebensmittel. So sollen die Pflichtangaben eine informierte Kaufentscheidung ermöglichen und insbesondere auch eine Grundlage für gesundheitsbezogene, wirtschaftliche, soziale und ethische Erwägungen schaffen.

Sinn und Zweck der Pflicht zur Ausweisung des verantwortlichen Lebensmittelunternehmers nach Art. 9 Abs. 1 lit. h LMIV kann es demnach nur sein, dem Verbraucher die betriebliche Herkunft des entsprechenden Produkts zu offenbaren und insbesondere eine Kontaktmöglichkeit für Beanstandungen, lebensmittelrechtliche Anfragen oder weitergehende Informationen in Bezug auf das jeweilige Produkt zu schaffen.

Zur sachlichen Bearbeitung derartiger Betreffe ist regelmäßig jedoch ausschließlich der EU- Hersteller als der Lebensmittelunternehmer im Stande, in dessen Betrieb das Lebensmittel produziert und sodann weiterveräußert wird.

Ein Rückgriff des Verbrauchers auf Händler würde indes beiden Seiten nicht gerecht, da zum einen der Verbraucher nicht damit rechnen kann, vom Händler gleichsam adäquate Informationen zu erhalten, und zum anderen der Händler durch etwaige Anfragen und die Pflicht zur Suche um Rat beim Hersteller unsachgemäß belastet würde.

Zudem ist fraglich, inwieweit der Händler überhaupt über ausreichende Kenntnisse über die geforderten Pflichtinformationen verfügen kann.

Gleiches ergibt sich auch in Anbetracht des Wortlauts des Art. 9 Abs. 1 lit. h LMIV, der sich nur auf „den“ verantwortlichen Lebensmittelunternehmer, mithin also auf eine natürliche oder juristische Person bezieht. Würden die Pflichten indes aber auch Händler treffen, so wären diese ebenfalls „verantwortlich“ und zur Angabe ihrer Bezeichnung und Anschrift verpflichtet. Eine alleinige Verantwortlichkeit würde somit einem Personenkreis von Verantwortlichen weichen und darüber hinaus dazu führen, dass ein Lebensmittel gezwungenermaßen mehrere Anschriften anführte und gegenüber Verbrauchern eher Verwirrung als die intendierte Klarheit hervorbrächte.

Fazit

Auch, wenn Händler die Produkte eines Herstellers faktisch unter ihrem Namen vertreiben, muss die Verantwortlichkeit für die Deklaration nach der LMIV aus Sicht der IT-Recht-Kanzlei stets bei demjenigen Lebensmittelunternehmer liegen, welcher die Produkte in der EU herstellt und mithin erstmalig in den Verkehr bringt.

So ergibt auch sich auch für die Pflichtangabe der Verantwortlichenbezeichnung und - adresse nach Art. 9 Abs. 1 lit. h LMIV, dass stets der Hersteller als „Erstvermarkter“ zu nennen ist.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
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