JMStV: Webseite kennzeichnen statt Altersverifikation?

Nach bisheriger Rechtslage können Inhalte, die nicht für Minderjährige bestimmt sind je nach Grad der Entwicklungsbeeinträchtigung entweder mit einem entsprechenden Zugangsschutz gesichert werden (Altersverifikation) oder nur zu Nachtzeiten geöffnet werden (Sendezeitbeschränkung). Mit der Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV), welche wohl ab Anfang 2011 gelten wird, können Inhalte auch für ein bestimmtes Alter gekennzeichnet werden („ab XX“ Jahren). Doch in welchem Verhältnis steht diese neue Möglichkeit zu den bisherigen Optionen? Darf bspw. ein Online-Anbieter von Pornographie sein bisher bestehende �Altersverifikationssystem (AVS ) abschalten und allein auf die Kennzeichnung seiner Webseite zu vertrauen?
Grundsätzlich bestehen die beiden bisherigen Möglichkeiten weiterhin. Wie schon nach bisheriger Rechtslage muss genau differenziert werden zwischen sogenannten entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten (§ 5 JMStV) und relativ unzulässigen Inhalten (§ 4 Abs. 2 JMStV).
Was sind „entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte“? (§ 5 JMStV)
Eine Übersicht was unter „entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten “ zu verstehen ist, finden Sie auf den Seiten der FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter).
Hier muss ein weniger strenger Maßstab angelegt werden, weshalb bisher die Begrenzung der Sendezeit oder sonstige technische Mittel (wie beispielsweise eine Personalausweisnummern-Kontrolle oder der Abgleich mit Schufa-Daten) ausreichend war. Insbesondere die Sendezeitbegrenzung kommt im Internet jedoch kaum in Frage, da unter anderem ein gravierendes Abrutschen in den Suchmaschinen-Rankings droht.
Was sind „relativ unzulässige Inhalte“? (§ 4 Abs. 2 JMStV)?
- „normale“ Pornografie (Hauptanwendungsbereich). Ausführungen und Beispiele was unter Pornografie zu verstehen ist, finden Sie ebenfalls auf den Seiten der FSM
- in die Teile A und C der Liste nach § 18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommene Inhalte.
- Inhalte die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen schwer zu gefährden.
Bei diesen Inhalten ist ein sehr strenger Maßstab anzulegen. Der Zugriff auf die Inhalte darf Minderjährigen nicht möglich sein, weshalb der Zugang hier nur mittels AVS-Systemen ermöglicht werden darf. Der Einsatz anderer technischer Mittel (s.o.) ist nicht weitreichend genug.
Wie ist die neue Option der Kennzeichnung von Webseiten einzuordnen?
Stellt sich also die Frage in welchem Verhältnis die bisherigen Möglichkeiten zur neuen Variante des Kennzeichnens von Webseiten steht:
- Bei relativ unzulässigen Inhalten, muss der Anbieter sicherstellen, dass Minderjährige diese nicht wahrnehmen können. Hier ist deshalb weiter der Einsatz eines AVS-Systems zwingend notwendig. Eine Sendezeitbegrenzung (wie bisher auch schon) oder das Kennzeichnen der Webseite sind nicht ausreichend.
- Bei entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten reicht es dahingegen zukünftig aus, die Webseite zu kennzeichnen. Eine Sendezeitbegrenzung (oder ein anderes zulässiges Mittel, s.o.) kann aber alternativ weiterhin angeboten werden.
Fazit
Für alle Webseiten, die bisher bereits ein AVS-System einsetzen, ändert sich nichts. Dieses kann nicht durch die neue Möglichkeit der Kennzeichnung einer Webseite abgelöst werden.
Webseiten die bisher jedoch bereits auf eine Sendezeitbeschränkung oder auf andere zulässige Mittel setzen, können zukünftig von der deutlich einfacheren und benutzerfreundlicheren Variante des Kennzeichnens Gebrauch machen.
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