Keine Informationspflicht über Garantien, wenn Kauf Rechte aus der Garantie nicht begründen kann
Besteht für ein angebotenes Produkt eine Herstellergarantie, sind Online-Händler verpflichtet, Verbraucher hierüber unter Abbildung der Garantiebedingungen vor Vertragsschluss zu informieren. Fehlende Garantieinformationen sind häufig Gegenstand von Abmahnungen (wir berichteten zuletzt in diesem Beitrag). Doch wie verhält es sich, wenn der Kauf beim eigentlich informationspflichtigen Händler Rechte aus der Herstellergarantie überhaupt nicht begründen kann? Muss auch hier über die Garantie aufgeklärt werden? Die IT-Recht Kanzlei klärt auf und stellt Fallbeispiele aus der Praxis bereit.
I. Keine Informationspflicht über Garantien bei nicht garantierelevanten Verkäufen
Gemäß § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs.1 Nr. 9 und § 4 Abs. 1 EGBGB müssen Händler Verbrauchern Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien vor Abgabe von deren Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen.
Diese Informationspflicht, die seither ein beliebtes Ziel von Abmahnungen ist, verpflichtet Händler dazu, sich vor Freischaltung von Produktangeboten umfangreich darüber zu informieren, ob der jeweilige Hersteller für das betroffene Produkt eine Garantieverpflichtung übernommen hat. Ist dies der Fall, muss der Händler über das Bestehen der Garantie und über deren Bedingungen so informieren, dass dem Verbraucher die zusätzliche Herstellerleistung mit all ihren Voraussetzungen bereits vor Tätigung seiner Bestellung hinreichend deutlich wird.
Diese Garantieinformationspflicht ist regelmäßig auf der jeweiligen Produktdetailseite umzusetzen, gilt aber nach Meinung der IT-Recht Kanzlei nicht uneingeschränkt.
So dürften sich die eigentlich verpflichtenden Hinweise dann erübrigen, wenn nach den vom Hersteller aufgestellten Bedingungen für die Inanspruchnahme der Garantie die maßgebliche Bestellung des Verbrauchers Rechte aus der Garantie überhaupt nicht begründen kann.
Weil es sich bei Garantien um freiwillige Zusatzleistungen jenseits der gesetzlichen Gewährleistung handelt, können Hersteller ihre Garantiebedingungen grundsätzlich frei wählen und so nicht nur den räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch die Eigenschaften des Händlers festlegen, die zu einer Garantieberechtigung des Verbrauchers führen.
Käufe, die sich jenseits dieser Garantiebedingungen ereignen, begründen für den Verbraucher dann originär keine Ansprüche aus der Garantie. Dies führt zum einen dazu, dass etwaige Informationen über die Garantie von Händlerseite für den Verbraucher keinen Mehrwert böten und zu einer reinen Förmelei verkämen. Andererseits ließe sich aber sogar vertreten, dass trotz mangelnder Garantierechte des kaufenden Verbrauchers getätigte Aussagen über eine Garantie den Tatbestand der Irreführung gemäß § 5 UWG erfüllen können. Immerhin würde der Verbraucher durch den Händler durch dessen vermeintliche Erfüllung seiner Hinweispflichten auf eine Garantie hingewiesen, auf die er wegen der besonderen Garantiebedingungen tatsächlich gar keinen Anspruch hätte.
Nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei muss die Informationspflicht über Garantien demnach dann entfallen, wenn der Händler auf Basis der Garantiebedingungen feststellt, dass bei ihm getätigte Käufe für Verbraucher keine Rechte aus der Garantie begründen können. Diese Einschätzung deckt sich mit dem Gesetzeswortlaut des Art. 246a § 1 Abs.1 Nr. 9 EGBGB, nach welchem nur über „bestehende“ Garantien zu informieren ist. Im Verhältnis zum jeweiligen Verbraucher „bestehen“ die Garantien dann aber gerade nicht.
II. Fallbeispiele
Zur Verdeutlichung der Thematik sollen im Folgenden 3 Beispielskonstellationen dargestellt werden, die ein Wegfallen der Informationspflicht nahelegen.
1.) Garantie nur für Käufe von autorisierten Händlern
Hersteller Y gewährt Verbrauchern eine Garantie für seine Produkte nur für den Fall, dass diese bei Y selbst oder bei einem autorisierten Vertragshändler erworben werden. Händler A verkauft in seinem Online-Shop Produkte von Y, ist aber kein autorisierter Vertragshändler. Informationspflicht über die Garantie von Y?
Nein. Verbraucher, die bei A Produkte von Y kaufen, können Rechte aus der Garantie nie geltend machen, weil sie für Käufe von A nicht gilt. A ist kein autorisierter Vertragshändler, sodass für Käufe bei ihm keine Garantie bestehen und eine Informationspflicht entfällt.
2.) Restgarantie durch Garantietransfers bei gebrauchten Produkten
Händler A verkauft in seinem Online-Shop gebrauchte Produkte von Hersteller Y, die bereits im Eigentum von A nicht bekannten Vorkäufern standen. Y gewährt auf neue Produkte eine Garantie und schreibt in seinen Bedingungen vor, dass bei Eigentümerwechsel die noch bestehende Restgarantie auf den Folgeeigentümer übertragen werden kann, wenn dieser zu Registrierungszwecken online die Kontaktdaten des Voreigentümers angibt. Informationspflicht über die Garantie von Y?
Nein. Weil es sich bei den von A verkauften Produkten nicht um neue Produkte handelt, wird die Herstellergarantie von Y durch Käufe nicht originär ausgelöst. In Betracht käme nur ein Transfer der Restgarantie vom Voreigentümer auf den Käufer gemäß den Garantiebedingungen von Y. Weil A aber die Kontaktdaten der Voreigentümer nicht kennt und mithin (ungeachtet von Datenschutzfragen) auch nicht an seine Käufer weitergeben kann, können seine Käufer einen Transfer der Restgarantie niemals bewirken. Für
Sie kommt eine Inanspruchnahme der Restgarantie also nicht in Betracht, sodass eine Informationspflicht für A entfällt.
3.) Räumlich beschränkte Garantien
Händler A verkauft in Deutschland Produkte des US-amerikanischen Herstellers Y. Y räumt Verbrauchern eine auf Käufe innerhalb der USA räumlich beschränkte Garantie ein. Informationspflicht über die Garantie von Y?
Nein. Weil A ausschließlich in Deutschland verkauft, können seine Käufer die Rechte aus der Herstellergarantie von Y niemals in Anspruch nehmen. Der maßgebliche Kauf fand außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Garantie statt, sodass eine Informationspflicht des A nicht besteht.
III. Fazit
Weil Hersteller ihre Garantiebedingungen grundsätzlich beliebig ausgestalten und so beispielsweise zeitlich, räumlich, und in Bezug auf den Status des verkaufenden Händlers beschränken können, kann es sein, dass Käufe bei einem Händler Rechte aus der Herstellergarantie originär nicht begründen können. In diesen Fällen, wo die Garantie für kaufende Verbraucher vorhersehbar nicht gilt, ist der Händler nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei von der vorvertraglichen Informationspflicht über bestehende Garantien i.S.d. § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs.1 Nr. 9 und § 4 Abs. 1 EGBGB befreit.
Achtung: können beim Händler kaufende Verbraucher die Herstellergarantien generell nicht in Anspruch nehmen, verbietet sich für den Händler freilich auch die werbende Hervorhebung einer Herstellergarantie unter dem Gesichtspunkt der Irreführung nach § 5 UWG. Anderenfalls würde den Verbrauchern eine Zusatzleistung versprochen, auf die sie tatsächlich keinen Anspruch haben.
Bei weiteren Fragen zur Werbung mit Garantien im Online-Handel steht Ihnen die IT-Recht Kanzlei gerne persönlich zur Verfügung.
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1 Kommentar
Ich habe im stationären Handel noch nie gesehen, dass z. B. an der Kaffeemaschine die Garantiebedingungen des Herstellers zu sehen waren. Warum also online?