OLG Frankfurt: Keine Erstattung von Patentanwaltskosten bei markenrechtlicher Abmahnung mangels Erforderlichkeit der Hinzuziehung des Patentanwalts
Das OLG Frankfurt (Urteil vom 12.11.2009, Az.:6 U 130/09) hat jüngst entschieden, dass bei einer markenrechtlichen Abmahnung ein Anspruch auf die Erstattung vorgerichtlicher Patentanwaltskosten mangels Anwendbarkeit des § 140 Abs. 3 Markengesetz (MarkenG) und Darlegung der Erforderlichkeit der Hinzuziehung des Patentanwalts nicht besteht.
Inhaltsverzeichnis
Die Adressaten einer markenrechtlichen Abmahnung kennen das Problem: Wegen der Verfolgung eines Markenrechtsverstoßes werden dem Abgemahnten die Erstattung der angefallenen Rechtsanwaltskosten und in gleicher Höhe der angefallenen Patentanwaltskosten abverlangt. Grundlage für diese Kostenexplosion soll § 140 Abs. 3 MarkenG, wonach in Kennzeichenstreitsachen auch die Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts zu erstatten sind.
Die herrschende Rechtsprechung ( so etwa OLG Karlsruhe, 26.8.1998 – 6 U 36/98; OLG Köln, 28.4.2006 – 6 U 222/05; OLG Hamburg, 19.7.2007 – 3 U 241/06; OLG Stuttgart, 9.8.2007 – 2 U 23/07) vertrat bisher die Auffassung, dass eine Erstattung der Patentanwaltsgebühren nach einer analogen Anwendung des § 140 Abs.3 MarkenG auch im Falle der vorgerichtlichen Abmahnung angezeigt sei.
Entscheidung
Diese Rechtsprechung gerät aber langsam ins wanken. Denn nach den Entscheidungen des Landgerichts Berlin (18.09.2007 - 15 O 698/06) und des Oberlandesgerichts Düsseldorf (30.10.2007 – I-20 U 52/07) hat nun auch das OLG Frankfurt die entsprechende Anwendbarkeit des § 140 Abs.3 MarkenG auf die Erstattung vorgerichtlicher Patentanwaltskosten im Ergebnis abgelehnt, da es an einer vergleichbaren Ausgangssituation fehle. Denn § 140 Abs.3 MarkenG regele die Kostenerstattung im Kostenfestsetzungsverfahren und gerade nicht den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch der vorprozessualen Patentanwaltskosten.
Das Gericht hierzu in seiner Begründung:
„Entscheidend ist vielmehr, ob auch die in § 140 III MarkenG vorgesehene „Automatik“, die eine Prüfung, ob die Hinzuziehung des Patentanwalts erforderlich war, generell entbehrlich macht, auf den materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch übertragen werden kann. Dieses Ergebnis kann allenfalls im Wege der Analogie erreicht werden. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 140 III MarkenG auf den in Rede stehenden Sachverhalt sind jedoch nach Auffassung des erkennenden Senats nicht erfüllt. …eine derartige Lücke kann jedenfalls nicht sachgerecht durch eine entsprechende Anwendung des § 140 III MarkenG auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geschlossen werden, weil wegen der unterschiedlichen Ausgangssituation der durch § 140 III MarkenG geregelte Sachverhalt, nämlich die Erstattung im Prozess entstandener Patentanwaltskosten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens, mit der Frage der Erstattungsfähigkeit vorprozessualer Patentanwaltskosten auf Grund materiell-rechtlicher Vorschriften nicht vergleichbar ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 30.10.2007; I-20 U 52/07) hat mit Recht darauf hingewiesen, dass auch für die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten eine gesetzliche Regelung, wonach diese Kosten in Kennzeichenstreitsachen stets erstattungsfähig seien, fehlt; vielmehr beurteilt sich dort die Frage der Erstattungsfähigkeit stets nach der – wenn auch in der Regel zu bejahenden – Erforderlichkeit der Hinzuziehung. Dann kann für die vorprozessualen Patentanwaltskosten nichts anderes gelten. Denn andernfalls wären in Kennzeichenstreitsachen die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen Kosten unter leichteren Voraussetzungen zu erstatten als die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der anwaltlichen Tätigkeit ist kein Grund ersichtlich.“
Allerdings ändert diese Einschätzung nichts daran, dass ein Patentanwalt bei kennzeichenrechtlichen Abmahnungen grds. hinzugezogen werden kann und die dadurch entstandenen Kosten zu erstatten sind. Nur ist dann die Hinzuziehung einer Erforderlichkeitsprüfung iSd. § 91 Abs.1 ZPO unterzogen.
Das Gericht weiter zur Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Patentanwalts:
„Auf der anderen Seite reicht es aber nicht aus, dass sich die Tätigkeit des Patentanwalts darauf beschränkt, etwa die vom Anwalt vorgenommene markenrechtliche Bewertung zu überprüfen; Die ergänzende Zuziehung eines Patentanwalts kann vielmehr nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn dieser Tätigkeiten übernommen und ausgeführt hat, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – in das typische Arbeitsfeld des Patentanwalts gehören.“
Die Anforderungen an die Erforderlichkeit sind also nicht allzu hoch. Aber immerhin: Nur bei ordentlich begründeter und dargelegter Erforderlichkeit werden die Patenanwaltskosten erstattet. Im vorliegenden Fall konnte dieser Nachweis allerdings nicht erbracht werden.
Fazit
Letztlich bleibt abzuwarten, ob sich noch weitere Oberlandesgerichte der Auffassung des OLG Frankfurt anschließen und die analoge Anwendung des § 140 Abs.3 MarkenG ablehnen und eine Erforderlichkeitsprüfung durchführen werden.
Das Gericht hat in seiner Entscheidung jedenfalls die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, sodass möglicherweise bald eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage erwartet werden kann.
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