LG Düsseldorf: Grundpreisangaben in Artikelübersicht ohne individuellen Preisbezug nicht erforderlich
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Preisangabenverordnung"
Grundsätzlich sind in jeglicher Werbung und in allen Angeboten für solche Waren, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft oder beworben werden, Grundpreise anzuführen. Diese weisen den Preis pro Mengeneinheit aus und sollen nicht nur zur Transparenz des konkreten Preisbildungsprozesses beitragen, sondern dem Verbraucher zudem fundierte, übersichtliche Preisvergleiche ermöglichen. Fehlende oder unzulängliche Grundpreisangaben sind gerade im Online-Handel aufgrund ihres dort extensiven Anwendungsbereichs ein beliebter Gegenstand von Abmahnungen. Das LG Düsseldorf hatte nun über einen Sachverhalt auf eBay zu entscheiden gehabt, in welchem ein Grundpreise nicht mitzuteilen sein soll. Lesen Sie hierzu mehr.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Der Entscheidungstenor
- 2. Die Pflicht zur Grundpreisangabe nach §2 Abs. 1 PAngV und das immanente Abmahnrisiko für den Online-Handel
- 3. Fortan keine Grundpreisangabe „in unmittelbarer Nähe“ zum Gesamtpreis mehr erforderlich
- 4. Der Sachverhalt des LG Düsseldorf
- 5. Die Entscheidung
- 6. Fazit
1. Der Entscheidungstenor
Mit Urteil vom 15.08.2014 (Az. 38 O 70/14) hatte das LG Düsseldorf entschieden, dass auf eBay-Artikelübersichtsseiten keine Pflicht zur Anführung von Grundpreisen bestehe, wenn in der Artikelansicht verschiedene Varianten eines Produkts bzw. Gebindegrößen angeboten werden und ein genannter „von“-Preis (im konkreten Fall wurde mitgeteilt „Preis von: EUR 1,60“) keiner bestimmten Gebindegröße zuordenbar ist.
2. Die Pflicht zur Grundpreisangabe nach §2 Abs. 1 PAngV und das immanente Abmahnrisiko für den Online-Handel
Nach §2 Abs. 1 PAngV ist ein Grundpreis als Preis pro Mengeneinheit immer dann anzugeben, wenn Waren nach Gewicht, Länge, Fläche oder Volumen beworben oder angeboten werden. Die konkret zu verwendende Mengeneinheit ist abhängig vom Aggregatszustand und von der funktionsbedingten Beschaffenheit der Ware und soll nach §2 Abs. 3 PAngV jeweils als 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter ausgewiesen werden.
Bei Produkten, die handelsüblich in geringeren Mengen verkauft werden und deren Gewicht 250 Gramm oder Milliliter nicht übersteigt, sollen die Grundpreise auf je 100 Gramm oder Milliliter bezogen werden (§2 Abs. 3 Satz 2), wobei für Mengen ab 100 Litern, 50 Kilogramm oder 100 Metern die der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechende Mengeneinheit anzuführen ist (§2 Abs. 3 Satz 4).
Ein Grundpreis soll jedoch dann nach §2 Abs. 1 Satz 3 entbehrlich sein, wenn dieser dem Gesamtpreis entspricht.
Zwar wurde die sehr generell gehaltene Vorschrift, die sich dem Wortlaut nach auf jegliche Form der Werbung und auf alle Arten von Angeboten bezieht, von der Rechtsprechung hinsichtlich verschiedener Konstellationen schon konkretisiert. Allerdings birgt sie besonders für den elektronischen Geschäftsverkehr nach wie vor ein hohes Abmahnrisiko, das darauf zurückzuführen ist, dass der Begriff der „Online-Werbung“ nur schwer überschaubare Dimensionen angenommen hat. So ist eine Werbeanzeige im Internet immer bereits dann anzunehmen, wenn ein bestimmtes Produkt einem komplementären Preis zugeordnet wird. Grundsätzlich unterfallen der Definition der „Werbung“ somit nicht nur Frontbanner und Artikelübersichten in eigenen Online-Shops, sondern auch sämtliche preisbezogene Produktdarstellungen auf externen Online-Verkaufsportalen, denen sich Händler für den Vertrieb ihrer Waren bedienen. Ebenso betroffen sind räumlich sehr begrenzte Anzeigen auf Drittseiten, die Übersichten in Preissuchmaschinen sowie die von Suchmaschinenbetreibern bereitgestellten Werbefelder (z.B. Google Ads).
Auf der anderen Seite wird die erfolgreiche Abmahnpraxis dadurch begünstigt, dass Händlern im Einzelfall das Ausmaß der grundpreispflichtigen Produkte nicht bewusst ist und so vielerorts die Reichweite der Regelung falsch interpretiert wird.
Eine Auflistung aktueller Fallbeispiele von Abmahnungen aufgrund fehlender oder mangelhafter Grundpreisangaben finden Sie hier.
3. Fortan keine Grundpreisangabe „in unmittelbarer Nähe“ zum Gesamtpreis mehr erforderlich
Eine Vielzahl von Online-Händlern sah sich angesichts der räumlichen Platzknappheit in Werbeanzeigen oder dem Begriff der Werbung unterfallenden Darstellungsformen mit großen Problemen konfrontiert, weil § 2 Abs. 1 PAngV insofern die gestalterische Vorgabe enthält, dass der Grundpreis stets in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis anzugeben ist.
Diese vom deutschen Gesetzgeber getroffene Strukturregelung sollte der Übersichtlichkeit und der klaren Erkennbarkeit der Grundpreisangaben dienen, entbehrt jedoch seit jeher einer entsprechenden Grundlage in den zur Preisgestaltung ergangenen Rechtsakten der Europäischen Union.
Eine restriktivere Handhabung der Harmonisierungsvorschriften und deren Implementierung in nationale Gesetze sah der europäische Gesetzgeber zwar für einen befristeten Zeitraum nach Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) vor. 6 Jahre nach Erlass der Richtlinie jedoch wären die Mitgliedsstaaten gehalten gewesen, die strengeren Vorgaben aufzugeben und sie an das Niveau der europäischen Preisgestaltungsregelungen anzugleichen.
Die Frist endete zum, ohne dass der deutsche Gesetzgeber zeitgerecht reagiert hätte, sodass nun zahlreiche Bestimmungen der PAngV dem EU-Recht zuwiderlaufen und insbesondere von den Gerichten nach den milderen europäischen Bestimmungen ausgelegt werden müssen.
Die Pflicht zur Grundpreisangabe erging ursprünglich aus Artikel 3 Absatz 4 der Preisangabenrichtlinie (RL 98/6/EG) und wurde in §2 Abs. 1 PAngV umgesetzt. Allerdings sah der entsprechende Passus der Richtlinie für den Grundpreis nur vor, dass dieser unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbaranzugeben sei.
Eine räumliche Vorgabe wie die in Deutschland implementierte „unmittelbare Nähe zum Gesamtpreis“ ist den europäischen Grundpreisbestimmungen nicht zu entnehmen.
Daraus ergibt sich, dass mit Ablauf der Umsetzungsfrist der UGP-Richtlinie in Deutschland eine Grundpreisangabe „in unmittelbarer Nähe“ zum Gesamtpreis nicht mehr gefordert werden kann. Vielmehr muss §2 Abs. 1 PAngV richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass es für die Angabe ausreicht, wenn sie innerhalb des Angebots oder der Werbung deutlich und unmissverständlich zu erkennen ist.
Für weitere nun europarechtswidrige Bestimmungen der PAngV beachten Sie diesen Beitrag der IT-Recht Kanzlei.
4. Der Sachverhalt des LG Düsseldorf
Dem Urteil des LG Düsseldorf lag die Unterlassungsverfügung eines Interessenverbandes mit dem satzungsgemäßen Ziel des Schutzes von Gewebetreibenden im Online-Handel gegen einen Händler von Hygieneartikeln zugrunde, der auf einer Online-Plattform in einer Artikelübersicht diverse Desinfektionslösungen in Fertigbehältern von verschiedenartigen Größen anführte, ohne diesen den jeweiligen Grundpreis zuzuweisen. Dies erachtete die Antragstellerin aber für erforderlich, weil in der Übersicht die Angabe „Preis von: EUR 1,60" dargestellt wurde. Nach ihrer Ansicht fehlten mithin Grundpreisangaben in unmittelbarer Nähe zum ausgewiesenen Gesamtpreis, sodass sie einen Wettbewerbsverstoß des Händlers aus §4 Nr. 11 UWG i.V.m. §2 Abs. 1 PAngV annahm.
5. Die Entscheidung
Das Gericht wies den Antrag auf erlass der Unterlassungsverfügung als unbegründet zurück, indem es sich zuerst darauf berief, dass ab dem 12.06.2013 die „unmittelbare Nähe“ des Grundpreises zum Gesamtpreis aufgrund des Fristablaufs von Art. 3 Abs. 5 der UGP-Richtlinie nicht mehr gefordert werden könne. Wettbewerbsverstöße könnten somit nicht mehr nur auf einen Verstoß gegen die räumliche Gestaltungsvorgabe gestützt werden, da diese durch richtlinienkonforme Auslegung hinfällig werde (s.o.).
Selbst das Fortbestehen der Vorschrift könnte im konkreten Fall einen Wettbewerbsverstoß jedoch nicht begründen, weil die Angabe von Grundpreisen in der in Rede stehenden Artikelübersicht generell entbehrlich sei.
Insofern nämlich habe die Antragsgegnerin zwar verschiedene Produkte in verschiedenen Größen abgebildet. Diese seien allerdings nicht einzeln betitelt oder mit konkreten Angaben ausgestattet worden. Vielmehr waren die Flüssigkeiten nur unter der Überschrift „T Händedesinfektion Desinfektion ver. Größen" aufgelistet worden und einer einzigen Preisangabe, dem „Ab-Preis“ von 1,60€, zugewiesen.
Hieraus ergehe offensichtlich, dass nicht jedes Produkt zu einem Einheitspreis in Höhe der Angabe angeboten werde, sondern dass diese vielmehr die preisliche Untergrenze für die Gesamtheit der Ware bilde und nur einzelne Produkte tatsächlich für 1,60 € erworben werden könnten. Weil somit erst nach Auswahl eines Behältnisses konkrete Produkt- und Preisangaben eingesehen werden könnten, fehle den aufgelisteten Artikeln in der Übersicht ein individuell berechneter Gesamtpreis. Erst dieser könne aber wiederum eine Grundpreisangabe erforderlich machen.
6. Fazit
Grundsätzlich weisen Artikelübersichten einem konkret abgebildeten Produkt einen individuellen Gesamtpreis zu. Handelt es sich hierbei um nach Maßeinheiten verkaufte Ware, ist stets auch der Grundpreis für jeden einzelnen Artikel anzugeben.
Anders verhält es sich jedoch, wenn eine derartige Übersicht lediglich die Produktpalette eines Händlers repräsentiert und zwar unterschiedliche Artikel in diversen Gebindegrößen anzeigt, für diese aber keine spezifischen Gesamtpreise ausweist. Die Anführung eines generellen „von-“ bzw. „Ab-Preises“ für gleichartige Produkte in verschiedenen Größen kann insofern noch keine Pflicht zur Grundpreisangabe auslösen, wenn erst die Auswahl einer Größe erforderlich ist, um nähere Preisinformationen zu erhalten.
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