Kaufrecht 2022: Neue Vorgaben bei der Werbung mit Garantien ab dem 01.01.2022

Kaufrecht 2022: Neue Vorgaben bei der Werbung mit Garantien ab dem 01.01.2022
13.09.2021 | Lesezeit: 8 min

Obwohl die Werbung mit Garantien bereits aktuell rechtlich anspruchsvoll ist, werben viele Online-Händler mit einer Hersteller- oder Verkäufergarantie, weil eine solche Werbung stark absatzfördernd ist. Durch die Novellierung des Kaufrechts werden sich die Anforderungen an eine rechtskonforme Garantiewerbung mit Wirkung zum 01.01.2022 nochmals erhöhen. Lesen Sie die Details im Folgenden.

I. Worum geht es?

Durch die Umsetzung der sogenannten Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/771) in deutsches Recht ergeben sich ab dem 01.01.2022 auch Änderungen bei den gesetzlichen Informationspflichten bezüglich Garantien.

Die Vorschrift des § 479 BGB unterliegt einigen Anpassungen, die wiederum direkte Folgen haben werden für die Werbung mit Garantien durch (Online-)Händler.

Es handelt sich bei den ab dem neuen Jahr geltenden Änderungen zum Teil um Präzisierungen der bisherigen Informationspflichten, zum Teil jedoch auch um Erweiterungen der Pflichten.

So umfasst der § 479 Abs. 1 BGB n.F. ganze fünf Ziffern bezüglich der „Mindestinhalte“ einer Garantieerklärung statt zwei Ziffern wie die derzeitige Norm.

So wie bereits aktuell jeder Online-Händler, wirbt er mit einer Herstellergarantie und/ oder einer Verkäufergarantie, von den Vorgaben des § 479 BGB betroffen ist und seine Werbung danach gestalten muss, so werden für mit Garantien werbenden Online-Händler auch die „verschärften“ Vorgaben des § 479 BGB n.F. ab dem 01.01.2022 greifen.

II. Was ändert sich konkret?

In Bezug auf die Werbung mit Garantien treten folgende Informationspflichten neu hinzu bzw. werden präzisiert:

Neuer Hinweis auf die Unentgeltlichkeit der Mängelrechte nach den §§ 437 ff. BGB

Ab dem 01.01.2022 muss der mit einer Garantie werbende Händler den Verbraucher darauf hinweisen, dass die Inanspruchnahme der gesetzlichen Mängelrechte (auch bekannt als Gewährleistung, die dem Verbraucher ja unabhängig von einem zusätzlichen Garantieversprechen gegenüber dem Verkäufer zustehen) unentgeltlich erfolgt. Diese Regelung findet sich in § 479 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.

Mit anderen Worten: Der diesbezügliche (schon nach aktuellem Recht erforderliche Hinweis), dass (neben der Garantie) gesetzliche (Mängel)Rechte des Verbrauchers bestehen und diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, ist ab 2022 nicht mehr ausreichend.

Zugleich muss künftig der Hinweise erfolgen, dass der Verbraucher die Mängelrechte unentgeltlich in Anspruch nehmen kann.

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Präzisierung des Hinweises auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers

Während nach bisheriger Rechtslage der Händler den Verbraucher im Zuge der Garantiewerbung einen Hinweis auf „die gesetzlichen Rechte“ erteilen muss, stellt die Neufassung des § 479 Abs. 1 Nr. 1 BGB klar, dass der Hinweis künftig auf „die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln“ erfolgen muss.

Hierbei handelt es sich nur um eine sprachliche Klarstellung, die aber in der Werbung dennoch ihre Umsetzung finden sollte.

Information über das vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren für die Geltendmachung der Garantie

Bereits nach geltendem Recht muss der Händler den Verbraucher informieren über den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind:

Es muss...

  • auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln (§§ 437 ff. BGB) sowie darauf hingewiesen werden, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden und der Verbraucher die gesetzlichen Mängelrechte unentgeltlich in Anspruch nehmen kann (Pflicht modifiziert zum 01.01.2022)
  • über den Namen und die Anschrift des Garantiegebers informiert werden;
  • über die Dauer der Garantie informiert werden;
  • über den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes informiert werden;
  • über die Bestimmungen der Garantie sowie das vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren für die Geltendmachung der Garantie informiert werden, was letztlich nur durch die Darstellung entsprechender Garantiebedingungen erfolgen kann (Pflicht modifiziert zum 01.01.2022);
  • die Sache genannt werden, auf welche sich die Garantie bezieht bzw. es muss sich zumindest aus den Umständen klar ergeben, für welche Ware(n) die beworbene Garantie Geltung hat (neue Pflicht zum 01.01.2022);
  • sichergestellt sein, handelt es sich um eine Haltbarkeitsgarantie seitens des Herstellers, dass diese gewisse Mindestinhalte erfüllt. Konkret muss diese dem Verbraucher dann mindestens einen "Nacherfüllungsanspruch" einräumen, der dem Nacherfüllungsanspruch der gesetzlichen Mängelrechte in vielen Punkten nachempfunden ist (neue Pflicht zum 01.01.2022).

Diese Pflicht wird ab 2022 dahingehend präzisiert, dass auch das konkret vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren für die Geltendmachung von Garantieansprüchen erkennbar sein muss.

Da nach hiesiger Auffassung bereits nach derzeit geltendem Recht die vollständigen Garantiebedingungen in der Werbung zu nennen sind, ändert sich in der Sache ab 2022 nicht viel.

Wichtig ist, dass dem Verbraucher deutlich gemacht wird, auf welchem Weg er im Garantiefall seine Ansprüche anmeldet und wie die Garantieabwicklung dann abläuft.

Es muss ihm also verständlich gemacht werden, was er im Fall der Fälle konkret zu tun hat, um in den uneingeschränkten Genuss des Garantieversprechens zu kommen.

Nennung der Ware, auf die sich die Garantie bezieht

Künftig muss der Händler dem Verbraucher die Ware nennen, auf die sich die versprochene Garantie bezieht, § 479 Abs. 1 Nr. 4 BGB n.F.

Hier ist das Gesetz leider sehr schwammig. Bei der typischen Garantiewerbung besteht auch bereits jetzt meistens schon ein ausreichender Bezug zu einer bestimmten Ware, da die Werbung mit der Garantie in aller Regel in der entsprechenden Artikelbeschreibung erfolgt. Damit ist klar, welcher Ware das Garantieversprechen zugeordnet ist.

Wichtig wird künftig also sein, dass sich das Garantieversprechen in jedem Fall eindeutig einer bestimmten Ware zuordnen lässt.

Derzeit noch ungeklärt ist, ob die Zuordnung auch pauschal erfolgen kann, z.B. durch einen Hinweis im Rahmen der Garantiewerbung, dass sich das Garantieversprechen (pauschal) auf alle z.B. im gesamten Shop des Verkäufers angebotenen Waren bezieht.

Was (weiterhin) problematisch sein wird, ist eine pauschale Aussage wie „2 Jahre Garantie“, z.B. global als Banner in einem Onlineshop. Hier fehlt es aber in aller Regel nicht nur am konkreten Bezug zu einer bestimmten Ware, sondern bereits an den übrigen Voraussetzungen für eine rechtskonforme Garantiewerbung.

Neue, automatische Bestätigungspflicht

Die Garantieerklärung muss dem Verbraucher ab 01.01.2022 per se spätestens bis zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise per E-Mail oder als Ausdruck zusammen mit der Warenlieferung, und nicht wie bisher nur dann, wenn der Verbraucher dies ausdrücklich verlangt. Diese Neuregelung findet sich in § 479 Abs. 2 BGB n.F.

Auch bezüglich der Werbung mit Garantien wird es künftig notwendig sein, die eigentlichen Garantiebedingungen sowie die weiteren garantiebezogenen Informationspflichten (etwa Nennung von Name und Anschrift des Garantiegebers, Hinweis auf die Mängelrechte und deren unentgeltliche Inanspruchnahmemöglichkeit) dem Verbraucher im Anschluss an seine Bestellung mindestens in Textform zur Verfügung zu stellen.

Diese Pflicht ist vergleichbar mit der Pflicht, etwa die AGB und Widerrufsbelehrung dem Kunden nach seiner Bestellung noch in Textform zu übermitteln.

In der Praxis geschieht dies meist durch Übersenden mittels einer Email (z.B. als PDF-Anhang), etwa mit der Eingangsbestätigungs- oder Auftragsbestätigungsemail. Denkbar ist aber natürlich auch das Beilegen der Warensendung als ausgedruckte Fassung (etwa bei Marktplatzverkäufen, wenn mangels Kenntnis der Email-Adresse des Käufers eine digitale Übersendung nicht möglich ist).

Die Zurverfügungstellung dieser Informationen muss ungefragt spätestens bis zum Zeitpunkt der Lieferung erfolgen, kann aber natürlich auch schon weit vorher erfolgen, auch schon vor Vertragsschluss.

Händler sollten daher ab dem neuen Jahr auf dem Schirm haben, dem Verbraucher die Informationen zu einer bestehenden Hersteller- oder Verkäufergarantie nach der Bestellung entsprechender Ware immer mindestens noch in Textform zur Verfügung zu stellen.

Die übrigen Pflichten bleiben bestehen

Die weiteren Informationspflichten bleiben unverändert bestehen.

Bislang musste zum „Inhalt“ der Garantie informiert werden, ab dem 01.01.2022 ist über die „Bestimmungen der Garantie“ zu informieren, was in der Sache keinen Unterschied machen dürfte. Hier ist weiterhin dringend anzuraten, dem Verbraucher bereits im Rahmen der Garantiewerbung die vollständigen Garantiebedingungen an die Hand zu geben.

Dabei ist u.a. auch weiterhin insbesondere über den Namen und die Anschrift des Garantiegebers, den räumlichen Geltungsbereichs und die Dauer des Garantieschutzes zu informieren.

III. Wichtiger denn je: Professionelle Muster für Garantiewerbung nutzen

Das Thema Garantiewerbung ist bislang schon rechtlich komplex und wird nun zum Jahreswechsel nochmals deutlich verschärft.
Händler, die mit Garantien werben, aber dabei nicht die komplexen Informationspflichten umfassend und vor allem korrekt erfüllen, werden seit Jahren Opfer von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen.

Gerade weil die Thematik anspruchsvoll ist, ist die Wiederholungsgefahr groß. Es reicht schon ein mehrseiger, vom Hersteller übernommener Werbetext, in welchem eine kurze Floskel wie „3 Jahre Herstellergarantie“ versteckt ist, als Händler in der Falle zu sitzen.

Besonders bei Abmahnverbänden wie etwa dem IDO-Verband ist das Thema Abmahnung von fehlerhafter Garantiewerbung sehr beliebt.

Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein darauf mit strafbewehrter Unterlassungserklärung unterwerfender Händler künftig bei der Garantiewerbung erneut einen Fehler macht, sehr hoch. Dies bedeutet: Es kann Vertragsstrafe generiert werden. Gut für den Abmahner, ärgerlich und teuer für den Abgemahnten.

IV. IT-Recht Kanzlei stellt rechtzeitig aktualisierte Muster bereit

Die gute Nachricht bei allen neuen Pflichten: Die IT-Recht Kanzlei wird allen ihren Update-Service-Mandanten rechtzeitig, voraussichtlich bis Mitte Dezember 2021, entsprechend der neuen gesetzlichen Informationspflichten aktualisierte Muster für die Werbung mit einer

  • Herstellergarantie oder einer
  • Verkäufergarantie

zur Verfügung stellen.

Anhand dieser Muster ist es Online-Händlern auf einfache Weise möglich, dann rechtssicher die Herausforderung „Werben mit Garantien“ zu meistern und Abmahnungen effektiv zu vermeiden.

Sie werben aktuell bereits mit Garantien und möchten sich hierzu rechtlich absichern? Gerne finden Sie als Update-Service-Mandant die entsprechenden Muster der IT-Recht Kanzlei hier

V. Fazit

Die gesetzlichen Neuerungen bedeuten Handlungsbedarf zum 01.01.2022 für jeden Online-Händler, der mit einer Garantie wirbt.

Dies bedeutet Zeit- und Kostenaufwand und schafft u.U. eine neue Fehleranfälligkeit in der Werbung bzw. den Produktbeschreibungen.
Abmahnverbände werden die die neuen gesetzlichen Informationspflichten zum Anlass nehmen, entsprechende Abmahnungen auszusprechen, da sicherlich tausende Händler gar nicht wissen, was da ab dem 01.01.2022 Neues auf sie zukommt.

Das Thema Garantiewerbung wird zum Jahreswechsel rechtlich nochmals ein Stückchen komplexer.

Update-Service-Mandanten erhalten rechtzeitig aktualisierte Muster für das Werben mit Garantien zur Verfügung gestellt, um die neuen rechtlichen Hürden zu meistern.

Sobald die Muster zur Verfügung stehen, wird die IT-Recht Kanzlei mittels Update-Service-Newsletter informieren.

Sie möchten abmahnfrei und rechtssicher im Internet verkaufen? Gerne sichert Sie die IT-Recht Kanzlei hierbei rechtlich ab. Sprechen Sie uns gerne an.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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2 Kommentare

M
Michael 07.01.2022, 22:37 Uhr
Garantien nicht erwähnen
Ich habe mich auch dazu entschieden keine Herstellergarantien mehr anzugeben, da die Erwähnung und Abarbeitung wirklich jeden zeitlichen Rahmen sprengt...
J
Joachim 30.09.2021, 22:17 Uhr
Garantie nicht erwähnen
Wie ist es wenn man gar nicht auf die Garantie hinweist?
Da gibt es doch auch unterschiedliche Rechtsprechnungen - aber noch kein finales Urteil?

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