Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform müssen mit einem Grundpreis versehen werden
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "OLG Hamburg: Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform grundpreispflichtig"
Eine Frage mit aktueller Brisanz erhitzt die Gemüter der Online-Händler. Haben Online-Händler Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform mit einem Grundpreis zu versehen oder reicht es aus, wenn die bloße Stückzahl angegeben wird (mit der Konsequenz, dass ein Grundpreis nicht zu nennen wäre). Derzeit werden zu diesem Thema Abmahnungen verschickt. Der nachfolgende Beitrag möchte zu dieser Frage Stellung beziehen.
Grundsätzlich ist der Händler zur Angabe des Grundpreises verpflichtet, wenn Fertigpackungen, offene Packungen oder Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft oder sogar nur beworben werden. Wird also eine Ware nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche beworben oder angeboten, ist ein Grundpreis neben dem Endpreis anzugeben. Aus dem vorstehenden Grundsatz kann der Rückschluss gezogen werden, dass bei Waren, die nach einer anderen Mengeneinheit (z.B. Stückzahl) verkauft werden, kein Grundpreis anzugeben ist.
Hinweis am Rande:
Auf der vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) betreuten Internetseite Lebensmittelklarheit.de informierte der vzbv früher einmal dahingehend, dass bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform eine Grundpreisangabe nicht notwendig sei:
„(…) Laut Preisangaben-Verordnung ist der Grundpreis bei Waren (nicht nur bei Lebensmitteln), die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft werden, anzugeben. Wenn es verkehrsüblich ist, die Waren in anderen Mengeneinheiten (zum Beispiel Stück, Paar) abzugeben, besteht keine Verpflichtung zur Grundpreisangabe.
Bei Nahrungsergänzungsmitteln, die in Form von Tabletten oder Kapseln, also nach Stück, verkauft werden, ist der Händler demnach nicht zur Grundpreisangabe verpflichtet. (…)“
Im zeitlichen Nachgang korrigierte die vzbv seine Ansicht und es war auf der Seite zu lesen, dass eine Grundpreisangabe bei Kapseln notwendig sei:
„Nahrungsergänzungsmittel zählen rechtlich zu den Lebensmitteln. Für diese wiederum gilt, dass sie in flüssiger Form in der Regel nach Volumen, in fester Form in der Regel nach Gewicht in den Verkehr gebracht werden. Folglich muss der Grundpreis bei Nahrungsergänzungsmitteln in fester Form, zum Beispiel Pulver oder Kapseln, pro 100 Gramm beziehungsweise 1 Kilogramm ausgewiesen werden. Bei flüssigen Nahrungsergänzungsmittel muss die Grundpreisangabe pro 100 Milliliter beziehungsweise 1 Liter erfolgen. Eine zusätzliche Angabe des Grundpreises pro Stück ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.“
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen teilte damit die schon zuvor von der IT-Recht Kanzlei vertretene rechtliche Auffassung. Die Verbraucherzentrale Bundesverband argumentierte hinsichtlich ihrer früheren Auffassung mit der Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 PAngV, welcher bestimmt, dass auch die Verkaufs- oder Leistungseinheit und die Gütebezeichnung, auf die sich die Preise beziehen, anzugeben ist, wenn dies der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht. Zwar bezieht sich diese Vorschrift primär auf den Endpreis und nicht auf den Grundpreis, allerdings geht der Verordnungsgeber der PAngV selbstverständlich davon aus, dass sich der Grundpreis auf dieselbe Mengeneinheit beziehen muss, wie der Endpreis.
Existieren spezielle Vorschriften in Bezug auf die Angabe der Mengeneinheit, so besteht für eine abweichende Verkehrsauffassung kein Raum!
Gerade für den Bereich der Lebensmittel – hierzu zählen auch Nahrungsergänzungsmittel – stellen die §§ 6 und 7 Fertigpackungsverordnung (FertigPackV) Sonderregelungen für die Art der Angabe der Mengeneinheiten auf. Nach § 7 Abs. 2 FertigPackV sind Fertigpackungen mit flüssigen Lebensmitteln nach Volumen zu kennzeichnen, Fertigpackungen mit anderen Lebensmitteln nach Gewicht. Hiernach unterfallen Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform der Gewichtsangabe und müssen auch nach Gewicht angeboten werden. Eine Ausnahme gemäß § 8 FertigPackV (Kennzeichnung der Stückzahl bei Fertigpackungen mit Lebensmitteln) ist ebenso wie § 10 FertigPackV (Befreiung von der Füllmengenkennzeichnung) bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform nicht einschlägig.
Da die zwingende Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 FertigPackV das Gewicht als Mengeneinheit zwingend vorschreibt, bleibt für eine allgemeine Verkehrsauffassung hinsichtlich des Verkaufs von Nahrungsergänzungsmitteln alleinig nach der Stückzahl, kein Raum! Beim Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform ist das Gewicht und somit auch der Grundpreis (bezogen auf das Füllgewicht) anzugeben.
Dieses Ergebnis ist auch überzeugend, da auf dem Markt für Nahrungsergänzungsmittel Produkte in unterschiedlichen Kapselgrößen und Füllmengen angeboten werden, so dass ein effektiver Preisvergleich nicht möglich ist und eine Preisangabe pro Kapsel ohne jeden Aussage- und Vergleichsgehalt für den Kunden ist. Die Angabe von Grundpreisen bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform entspricht zudem dem Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung, da im Interesse der Preisklarheit eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote und damit eine vereinfachte Möglichkeit zum Preisvergleich geschaffen wird.
Nahrungsergänzungsmittel, die nicht in Kapselform beworben oder verkauft werden (sondern als Pulver oder in flüssiger Form), sind selbstverständlich ebenfalls mit einem Grundpreis zu versehen. Leider werden aktuell Abmahnungen zu diesem Thema verschickt, Online-Händler sind daher gut beraten, die eigenen Angebot zu prüfen, ob ein Grundpreis anzugeben ist.
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9 Kommentare
Ein kurzes Beispiel, dass so auch für Kapseln gelten sollte: Ein Händler verkauft 2 Sorten Proteinpulver für 10 Euro pro Kg. Pulver 1 enthält 80% Wheyprotein und Pulver 2 50% Sojaprotein. Davon einmal abgesehen, dass die beiden Proteinpulver im Prinzip nicht vergleichbar wären (Wheyprotein ist "hochwertiger" als Sojaprotein) ergibt sich doch bei beiden der gleiche Grundpreis und das, obwohl Pulver 2 deutlich weniger "Wirkstoff" besitzt.
Eine "echte" Vergleichbarkeit der beiden Produkte über den Grundpreis ist de facto nicht möglich.
Naja, es gibt nur eine Gebindegröße pro Produkt. Die ist immer - sagen wir - 200 Kaspeln. Der Inhalt der Packung wiegt z.B. 100g.
Es geht darum, wenn der Kunde 1 Dose (je 200 Kapseln) kauft, zahlt er sagen wir 20 EUR. Kauft er zwischen 3 und 4 Dosen, zahlt er 19 pro Dose. Kauft er 5 oder mehr, sinds 18 pro Dose. Klar wären das 3 verschiedene Grundpreise, muß man da echt hinschreiben:
Grundpreis bei Abnahme von 1 Packung: 20 EUR /1oog, bei Abnahme von 3-4 Packungen 19 EUR /100g und bei Abnahme von >=5 Packungen 18EUR /100g ? Ich finde das halt auch eine ziemliche "Zumutung" für de potentiellen Käufer, da ist ja u.U. mehr Grundpreisgelabere als Artikelinformation zu sehen... :-) (gerade wenn man mal so 4-5 Mengenrabattstaffeln hat)
Ja schade, es gäbe was BEsseres, sich den 2. Advent zu versüßen als in Sisyphos-Manier mit dem Taschenrechner vor dem Compi zu sitzen, um Grundpreise zu berechnen, zu prüfen und ggf zu vervollständigen.
Da hab ich gleich noch ne Frage: Die meisten Shopsysteme haben ja soweit ich weiß keine implementierte Grundpreisberechnung für Mengenstaffelpreise. Und wenn man für ein Produkt so 3-4 Preisstaffeln anbietet, muß man ja wohl für jede den Grundpreis ausrechnen (natürlich selber) und als Text fett in den Shop in die Artikelbeschreibung klatschen, da es ja nicht direkt nahe beim Endreis platziert wird. In der Hoffnung,dass keiner einen 5cm auf 5cm Display hat, wo er scrollen müßte, und somit die lange Litanei an gestaffelten Grundpreisen zu gestaffelten Endpreisen nicht auf einen! Blick erkennen kann.
Oder ist die Grundpreiangabe für die ganzen vielen Preisstaffeln nicht nötig, genügt im Shop die Grundpreisangabe für die Abnahme von einer Packung?
Armes Deutschland! sag ich da nur... Aber Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat mein volles Vertrauen...