Der besondere Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten: Nach der BDSG Novelle

Der besondere Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten: Nach der BDSG Novelle
von Dr. Sebastian Kraska
13.01.2010 | Lesezeit: 6 min

Bereits vor der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im vergangenen Jahr war der interne Datenschutzbeauftragte nicht als gewöhnlicher Arbeitnehmer zu sehen. Vielmehr hatte er als privilegierter Funktionsträger die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu überwachen und die dahingehend nötigen Kontrollen durchzuführen. Mit der am 1.9.2009 in Kraft getretenen BDSG Novelle II wurde nun ein Sonderkündigungsschutz in das Gesetz aufgenommen, mit der die unabhängige Position des Datenschutzbeauftragten im Unternehmen gestärkt werden soll. Der folgende Artikel schildert die nach der Novellierung zum 1.9.2009 geltende Rechtslage.

Bereits vor dem 1.9.2009 sah das Gesetz einen besonderen Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten durch ein Benachteiligungsverbot vor. Dieses Benachteiligungsverbot besteht auch nach der Gesetzesänderung fort, wurde aber durch ein spezielles Kündigungsverbot erweitert. Neben der Erweiterung des Kündigungsschutzes per se wird dieser auch auf die Zeit nach der Beendigung der Funktion des Datenschutzbeauftragten erstreckt.

Die Gesetzeslage nach dem 1.9.2009

Nach der nun gültigen Fassung lautet § 4f Abs. 3 S. 5, 6 BDSG:

„[…] Er [der Datenschutzbeauftragte] darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden. Die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz kann in entsprechender Anwendung von § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches, bei nicht-öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, widerrufen werden. Ist […] ein Beauftragter für den Datenschutz zu bestellen, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach der Abberufung als Beauftragter für den Datenschutz ist die Kündigung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung der Bestellung unzulässig, es sei denn, dass die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist.“

Der genannte § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches besagt insoweit in Absatz 1:

„Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“

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Die Rechtslage vor der Novelle

Vor der Novelle bestand kein expliziter Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten. Trotz des Benachteiligungsverbotes hat sich der gewährte Schutzumfang im Hinblick auf die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten in der Praxis als nicht ausreichend erwiesen, insbesondere wenn ein Arbeitnehmer als Datenschutzbeauftragter bestellt wurde, der neben der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter noch andere Aufgaben im Unternehmen wahrzunehmen hatte.

Die Rechtslage nach der Novelle

Nun ist der Kündigungsschutz an gesetzlich bestehende Sonderkündigungsschutztatbestände ähnlicher Funktionsträger angeglichen worden. Als insoweit vergleichbare Funktionsträger sind neben dem Gewässerschutzbeauftragten (§ 21 f Abs. 2 S. 1, 2 des Wasserhaushaltsgesetzes), dem Immissionsschutzbeauftragten (§ 58 Abs. 2 S. 1, 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) unter anderem auch Betriebsratsmitglieder (§ 15 Abs. 1 S. 1, 2 des Kündigungsschutzgesetzes) zu verstehen. Die ähnliche Privilegierung rechtfertigt sich aufgrund der vergleichbaren Aufgabenstellung. Neben der Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und der Unterrichtung der Mitarbeiter werden Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Gesetze durchgeführt.

Seit dem 1.9.2009 gilt damit ausdrücklich:

Für den Widerruf der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten muss ein wichtiger Grund vorliegen

Der Widerruf der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten durch die beauftragende Stelle gemäß § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG in Verbindung mit § 626 BGB hat Ausnahmecharakter, die Widerrufsmöglichkeiten sind beschränkt. Die beauftragende Stelle soll sich zwar von der Beauftragung lösen können, aber nur, wenn Gründe vorliegen, die der besonderen Bedeutung des Beauftragten Rechnung tragen.

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG in Verbindung mit § 626 BGB ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles und nach einer Interessenabwägung das Festhalten am Vertragsverhältnis nicht mehr erwartet werden kann. Diese als ultima ratio ausgestaltete Situation kann z.B. bei groben Verstößen des Datenschutzbeauftragten etwa gegen seine Verschwiegenheitspflicht oder bei Fällen von Bestechlichkeit vorliegen.

BAG Urteil vom 13.3.2007: Widerruf der Bestellung des internen Datenschutzbeauftragten macht grundsätzlich eine Teilkündigung erforderlich

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.3.2007 (Az.: 9 AZR 612/ 05), welches für den Widerruf eines internen Datenschutzbeauftragten (der neben dieser Tätigkeit noch weitere Aufgaben im Unternehmen wahrnimmt) besagt:

„(…) Gehört die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zum arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis des Arbeitnehmers, kann die Bestellung nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG nur bei gleichzeitiger Teilkündigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Sonderaufgabe wirksam widerrufen werden. Schuldrechtliches Grundverhältnis und Bestellung nach dem BDSG sind miteinander verknüpft. (…) Eine Teilkündigung hinsichtlich der Aufgaben des Datenschutzbeauftragten ist zulässig. Die zusätzliche Aufgabe des Datenschutzbeauftragten fällt lediglich weg.“

Kündigungsschutz gilt ein Jahr nach dem Widerruf der Bestellung fort

Nach der Novellierung wirkt der Kündigungsschutz des internen Datenschutzbeauftragten gemäß § 4f Abs. 3 S. 6 BDSG noch bis zu einem Jahr nach der Beendigung der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter fort. Insofern ist ein Arbeitnehmer, der als Teilbereich in einem Unternehmen Aufgaben des internen Datenschutzbeauftragten wahrnimmt, auch nach Beendigung seiner Arbeit als Datenschutzbeauftragter noch für ein Jahr weiter vor ordentlichen Kündigungen geschützt (vergleichbar einem Betriebsratsmitglied, siehe § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG). Es spielt aus unserer Sicht keine Rolle, warum die Berufung endete: eine berechtigte Abberufung aus wichtigem Grund ist genauso relevant wie ein persönlicher Amtsverzicht des internen Datenschutzbeauftragten.

Benachteiligungsverbot gilt weiter

Daneben gilt das bereits ursprünglich bestehende Benachteiligungsverbot weiter. Unter Benachteiligung in diesem Sinne war und ist unter anderem jede Änderung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses des Datenschutzbeauftragten zu seinen Ungunsten, das Ausschließen von Vergünstigungen und das Umgehen von Beförderungen zu verstehen. Eine objektive Benachteiligung ist ausreichend, weder Vorsatz oder Fahrlässigkeit müssen nachgewiesen werden.

Kündigungsschutz gilt nicht bei freiwilliger Beauftragung

Die Erweiterung des Kündigungsschutzes gilt nur für den Fall, dass die verantwortliche Stelle gesetzlich dazu verpflichtet ist, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Bei einer freiwilligen Bestellung ohne gesetzliche Verpflichtung kommt eine Ausdehnung des Kündigungsschutzes nicht in Betracht, da sonst befürchtet werden müsste, dass eine freiwillige Bestellung allein wegen einer Erweiterung des Kündigungsschutzes nicht in Betracht kommen würde. Das Benachteiligungsverbot gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes jedoch auch für den freiwillig ernannten Datenschutzbeauftragten.

Kündigungsschutz auch für externe Datenschutzbeauftragte?

In welchem Umfang der Kündigungsschutz auch für externe Datenschutzbeauftragte gilt ist derzeit noch umstritten. Auch wenn sich das Verbot der ordentlichen Kündigung nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf Arbeitsverhältnisse bezieht, muss (so die wohl herrschende Meinung) zur Wahrung der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten der gleiche Schutzumfang gelten, so dass die Reglung in § 4f Abs. 3 BDSG zumindest entsprechend anzuwenden ist. Die Fortwirkung des Kündigungsschutzes auch nach Abberufung gemäß § 4f Abs. 3 S. 6 BDSG findet auf den externen Datenschutzbeauftragten keine Anwendung. Umstritten ist in diesem Zusammenhang ebenfalls die Frage, ob einzelvertraglich eingeräumte Kündigungsfristen wirksam sein können.

In der Praxis empfiehlt sich für Unternehmen daher der Abschluss befristeter Bestellungsverträge mit externen Datenschutzbeauftragten, wobei zur Wahrung der gesetzlich erforderlichen Unabhängigkeit gewisse Mindestlaufzeiten beachtet werden sollten.

Fazit

Mit der am 1.9.2009 in Kraft getretenen BDSG Novelle II wurde vor allem die Stellung des internen Datenschutzbeauftragten gestärkt. Durch die explizite Aufnahme eines auch nach Abbestellung fortwirkenden Kündigungsschutzes kann der interne Datenschutzbeauftragte seine Aufgaben unabhängig wahrnehmen und ist vor ordentlichen Kündigungen geschützt. Für Unternehmen bleibt neben der Bestellung eines Mitarbeiters zum internen Datenschutzbeauftragten die Möglichkeit, einen Dienstleister als externen Datenschutzbeauftragten zu bestellen.

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