Die Darstellung von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung verstößt gegen Jugendschutzrecht!
Der Prüfausschuss der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten – KJM ging im Jahre 2006 gegen den Betreiber einer Internetpräsenz vor, weil auf dieser Darstellungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung veröffentlicht worden sind. Der Betreiber wehrte sich – letztlich aber (aus nachvollziehbaren Gründen) ohne Erfolg.
Inhaltsverzeichnis
- Was war vorgefallen?
- Der Betreiber der Internetpräsenz wehrte sich!
- Die KJM wies die Widersprüche zurück!
- Der Betreiber hat darauf hin Klage vor dem Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstrasse erhoben, letztlich aber ohne Erfolg.
- VG Neustadt nimmt im vorliegenden Fall Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV an
- Fazit
Was war vorgefallen?
Nach Anhörung des Betreibers, erließ die KJM insgesamt vier Bescheide, mit denen sie jeweils den Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV feststellte, die weitere Verbreitung der Angebote untersagte und den Kläger aufforderte, künftig die jugendschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten. Gleichzeitig wurden gegen ihn Bußgeldverfahren eingeleitet.
Der Betreiber der Internetpräsenz wehrte sich!
Er erhob Widerspruch und trug vor,
- dass die Bescheide der KJM überflüssig seien, weil schon Bußgeldverfahren eingeleitet seien.
- dass die Verwaltungsgebühr zu hoch sei, da die Verfahren hätten verbunden werden müssen.
- dass die Mädchen unstreitig zwischen 15 und 17 Jahren alt und deshalb als Jugendliche anzusehen seien, für die etwas anderes gelten müsse als bei Kindern. So seien die Jugendlichen nicht unnatürlich geschlechtsbetont dargestellt. Diesbezüglich herrsche eine geänderte gesellschaftliche Anschauung; Jugendliche seien heute früher entwickelt und sexuell aktiv. Der Schutzzweck der einschlägigen Norm bestehe im Schutz der Jugendlichen vor jugendgefährdenden Angeboten, der von der Beklagten angeführte Schutz vor Pädophilen sei dagegen nicht Normzweck. § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV sei im Übrigen verfassungswidrig, weil ihm die nötige Bestimmtheit fehle.
Die KJM wies die Widersprüche zurück!
Zur Begründung führte sie aus, dass die Darstellung der Jugendlichen unnatürlich sei, weil sie nicht alltagstypisch sei und die Sexualität in den Vordergrund gerückt werde. Der Schutz des § 4 Abs 1 Nr. 9 JMStV schließe auch volljährige Nutzer ein, es handele sich um eine absolute Unzulässigkeitsnorm. Diese solle unter anderem verhindern, dass Jugendliche auf einen Missbrauch durch Erwachsene eingestimmt würden. Auf das tatsächliche Alter der dargestellten Jugendlichen komme es nicht an, da der Eindruck der Minderjährigkeit erweckt werde und gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV überdies auch virtuelle Angebote erfasst würden.
Der Betreiber hat darauf hin Klage vor dem Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstrasse erhoben, letztlich aber ohne Erfolg.
So seien die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
VG Neustadt nimmt im vorliegenden Fall Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV an
Nach dieser Regelung sind unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit Angebote - d.h. Inhalte von Telemedien, § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JMStV – unzulässig, wenn sie Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen.
Das VG Neustadt zerpflückte nun im Einzelnen die Argumentation des Betreibers der streitgegenständlichen Internetpräsenz:
1. § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JMStV genüge dem Bestimmtheitsgebot
So genüge § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JMStV dem Bestimmtheitsgebot. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe - wie hier "unnatürlich" und "geschlechtsbetont" – sei im Verwaltungsrecht zulässig. Unbestimmte Rechtsbegriffe verstoßen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, sondern würden eine Auslegung zunächst durch die Behörden - bzw. hier die Landesmedienanstalten - erfordern, die von den Gerichten voll überprüfbar seien. Dadurch werde gewährleistet, dass die nähere Ausgestaltung der unbestimmten Rechtsbegriffe gerade nicht allein von der Anschauung einer einzelnen Person abhängt, sondern im Ergebnis von der Rechtsprechung herausgebildet wird.
2. Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JMStV liege vor!
Zudem habe im vorliegenden Fall die KJM zu Recht festgestellt, dass die streitgegenständlichen Angebote Darstellungen von Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung beinhalten. Geschlechtsbetont sei dabei eine Körperhaltung dann, wenn die sexuelle Anmutung des Menschen in den Vordergrund gerückt werde. Unnatürlich sei eine geschlechtsbetonte Körperhaltung insbesondere, wenn beim Betrachter der Eindruck eines sexuell anbietenden Verhaltens in einer Weise erweckt werde, die dem jeweiligen Alter der dargestellten jugendlichen Personen nicht entspriche. Hierbei sei auch die dargestellte Situation und der konkrete Gesamteindruck der Abbildung im Einzelfall zu berücksichtigen. Danach könne bei der erforderlichen Bewertung gerade nicht isoliert auf die Körperhaltung der Modelle abgestellt werden, sondern die ausgestaltenden Merkmale der Fotos, wie z.B. die Bekleidung der dargestellten Person, die Umgebung oder der Kontext, in den die Abbildung gestellt wird, seien ebenfalls mit einzubeziehen. Unter Berücksichtigung dieses Gesamtbildes seien indessen in allen der streitgegenständlichen Angebote jeweils zumindest einige Bilder enthalten, die jugendliche Mädchen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung im oben beschriebenen Sinne darstellen. Dies genüge, um das Angebot insgesamt unzulässig gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV zu machen.
Das VG Neustadt nahm nun weiter im Einzelnen dazu Stellung, inwieweit die streitgegenständlichen Darstellungen gegen geltendes Jugendschutzrecht verstoßen würden:
So seien die dargestellten Mädchen unstreitig alle im Alter zwischen 15 und 17 Jahren, also gemäß § 3 Abs. 1 JMStV Jugendliche. Ihr Aussehen würde auch diesem Alter entsprechen, zusätzlich werde in den verbalen Darstellungen auf den Internetseiten auf das jugendliche Alter hingewiesen.
Auszug aus dem Urteil:
(…)Im Angebot … zeigt sich zum Beispiel ein junges Mädchen im Bikini bzw. in Plateauschuhen und mit einem Autoreifen posierend.(…) Unter … findet sich unter anderem die Bilderfolge eines Mädchens, das sich auf einer Luftmatratze räkelt oder nur mit einem String-Tanga bekleidet auf dem Bauch liegt(…)
Fazit
Gemäß § 1 JMStV ist Zweck des Staatsvertrages der Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen.
Das Gericht setzte sich vorliegend recht ausführlich damit auseinander, aus welchen Gründen die oben beschriebenen Abbildungen gegen geltendes Jugendschutzrecht verstoßen würden.
Insbesondere wies es darauf hin, dass gestellte Posen wie die geschilderten Abbildungen geeignet seien, bei Jugendlichen den Eindruck zu erwecken, ein solches Verhalten sei normal und könne damit auch zu Recht von ihnen erwartet werden. Hierdurch werde nach kriminalpolizeilichen Erkenntnissen ein ernstzunehmendes Risiko begründet, dass Kinder und Jugendliche in ihren Möglichkeiten beeinträchtigt werden, sich gegenüber sexuellen Übergriffen von Erwachsenen zu wehren.
Anmerkung: Der Streitwert wurde auf 15.000,- € festgesetzt.
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Ernst Rose / PIXELIO
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