Darf ich bei der Textilkennzeichnung mit „Bio-Baumwolle“ werben?
Viele Händler sind verunsichert, was die Bewerbung von biologisch erzeugten Stoffen angeht. Ganz vorne dabei ist hier die Werbung mit dem Ausdruck „Bio-Baumwolle“, etwa im Zusammenhang mit der Angabe der Textilfasern. Tatsächlich droht dabei ein Konflikt mit den Vorgaben der Textilkennzeichnungsverordnung. Lesen Sie im Folgenden mehr.
Worum geht es?
Auch im Bereich Textilien legen Verbraucher immer mehr Wert auch ökologische Erzeugung und Nachhaltigkeit.
Gerade bei Baumwolle hat sich über die Jahre ein erheblicher Markt für ökologisch erzeugte Baumwollfasern etabliert. Diese werden nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus erzeugt. Dabei steht im Vordergrund, dass die Baumwollpflanzen nicht genetisch modifiziert wurden und deren Anzucht ohne Hilfe von synthetischen Chemikalien, Pestiziden oder Dünger (mit engen Ausnahmen für selbst bio-zertifizierte Hilfsstoffe) erfolgt.
Da die ökologische Erzeugung gegenüber der konventionellen Erzeugung natürlich deutlich kostenintensiver ist, spiegelt sich dies letztlich auch beim Preis der Textilien wider. Deswegen haben Händler ein legitimes Interesse daran, bei der Bewerbung entsprechender Textilien die ökologische Erzeugung werblich zu betonen, etwa durch die Verwendung des Begriffs „Bio-Baumwolle“.
Doch ist das zulässig oder drohen Abmahnungen?
Aussage muss objektiv zutreffend und nachweisbar sein
Zunächst ist erforderlich, dass die Werbeaussage objektiv zutreffend und deren Richtigkeit im Zweifel auch nachweisbar ist.
Mit anderen Worten: Handelt es sich nicht um eine ökologisch erzeugte Baumwollfaser, darf diese natürlich nicht mit dem Attribut „Bio“ beworben werden.
Da der Händler für eine irreführende, weil falsche Werbung z.B. wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden kann, etwa im Wege einer Abmahnung und auch von Kundenseite Regress droht, wird die Ware unter unzutreffender Bewerbung der Eigenschaften angeboten, sollten Händler sich im Zweifel vor entsprechender Bewerbung absichern.
Dies kann z.B. dadurch erfolgen, dass der Lieferant oder Hersteller eine entsprechende, schriftliche Bestätigung ausstellt bzw. ein Zertifikat vorlegt, welches die ökologische Erzeugung nachweist.
Vorsicht im Rahmen der Angaben zur Textilkennzeichnung
Wer Textilien verkauft, der kennt sie: Die Textilkennzeichnungsverordnung. Diese schreibt vor, dass bei nahezu allen Textilien die Faserzusammensetzung angegeben werden muss.
Dabei schreibt Anhang I zur Textilkennzeichnungsverordnung stoisch die einzig zulässigen Faserbezeichnungen vor, die Händler bei der Angabe der Faserzusammensetzung der Textilien verwenden dürfen.
Die Sache ist streng formalistisch, d.h. es muss dann vom Händler unbedingt der genaue Wortlaut für die jeweilige Faser verwendet werden, wie dieser in Anhang I genannt wird.
Bereits geringe Abweichungen führen hier zur Unzulässigkeit der Angaben zur Textilkennzeichnung und in der Folge zu Problemen wie Abmahnungen. Insbesondere dürfen den in Anhang I genannten Faserbezeichnungen keine Erweiterungen bzw. Ergänzungen hinzugefügt werden.
Und genau hier liegt das Problem.
Die Baumwollfaser ist nach Anhang I mit der Bezeichnung „Baumwolle“ zu kennzeichnen. Wer als Händler dann im Rahmen der Angaben zur Textilkennzeichnung die Bezeichnung „Bio-Baumwolle“ verwendet, der kennzeichnet die Fasern gerade nicht entsprechend der Vorgaben nach der Textilkennzeichnungsverordnung.
Statt Ausdrücken wie „Bio-Baumwolle“ oder „Biobaumwolle“ muss daher im Rahmen der Angaben zur Faserzusammensetzung unbedingt auf Formulierungen zurückgegriffen werden, bei denen die nach Anhang I einzig zulässige Faserbezeichnung „Baumwolle“ nicht durch einen mit ihr verbundenen Zusatz wie „Bio-“ ergänzt wird. Wenn der Hinweis auf die Bio-Eigenschaft isoliert erfolgt, also etwa durch einen abgesetzten Klammerzusatz, ist dies aber unkritisch.
Keine Bedenken bestehen daher gegen folgende Formulierungen:
- „100% Baumwolle (Bio)“
- „100% Baumwolle (Bio-Baumwolle)“
Dies bedeutet aber nicht, dass die Verwendung der Bezeichnung „Bio-Baumwolle“ bei nach der Textilkennzeichnungsverordnung kennzeichnungspflichtigen Textilien per se unzulässig wäre.
Vielmehr muss dann nur sichergestellt werden, dass im Rahmen der Angaben zur Faserzusammensetzung eben die korrekte Faserbezeichnung „Baumwolle“ und nicht die falsche Faserbezeichnung „Bio-Baumwolle“ Verwendung findet.
An anderer Stelle, z.B. in der Artikelbezeichnung kann der Ausdruck „Bio-Baumwolle“ durchaus verwendet werden, sofern in der Sache zutreffend.
Neue Vorgaben nach der EU-Öko-VO seit 01.01.2022 für bestimmte Baumwolle
Bio-Baumwolle, die weder gekrempelt noch gekämmt ist, fällt seit 01.01.2022 unter die EU-Öko-VO, siehe deren Anhang I, neunter Spiegelstrich.
Solche Baumwolle darf daher nur dann mit dem Attribut "Bio" beworben werden, wenn auch die Vorgaben der EU-Öko-VO eingehalten werden.
Zudem muss dann auf den Produktdetailseiten der Code der Öko-Kontrollstelle des Unternehmens angegeben werden, das die letzte Aufbereitungshandlung vorgenommen hat. Ferner wird sich, ähnlich wie beim Verkauf von Bio-Lebensmitteln, auch der Händler selbst einer Öko-Kontrollstelle anschließen (und deren Code im Impressum nennen) müssen.
Fazit:
Augen auf bei der Werbung mit Bio-Baumwolle! Die Werbung ist grundsätzlich zulässig, sofern die Bio-Eigenschaft nachweislich gegeben ist.
Jedoch gilt es unbedingt zu vermeiden, Ausdrücke wie „Bio-Baumwolle“ oder „Biobaumwolle“ bei den Angaben zur Faserzusammensetzung nach der Textilkennzeichnungsverordnung zu verwenden, da die danach alleine zulässige Faserbezeichnung „Baumwolle“ nicht durch den direkten Zusatz „Bio“ verunstaltet wird.
In Bezug auf Bio-Baumwolle, die weder gekrempelt noch gekämmt ist, sind die Vorgaben nach der EU-Öko-VO zu beachten.
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