Irreführende Werbung mit Kassenbons
Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 18.11.2010, Rs. C-159/09) hat entschieden, dass eine Werbeanzeige mit einem Vergleich von Kassenbons zweier Konkurrenzunternehmen irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts sein kann.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Der Fall spielt im Jahre 2006 in Frankreich. Dort hatte eine Supermarktkette in einer lokalen Tageszeitung Werbung mit Bildern von zwei Kassenbons geschaltet. Auf diesen waren jeweils 34 identische Artikel – großteils Nahrungsmittel – mit Angabe von Menge oder Gewicht aufgeführt. Bei der werbenden Beklagten ergab sich ein Gesamtpreis für alle Produkte von 46,30 Euro und bei der Klägerin ein Gesamtpreis von 51,40 Euro.
Inhalt der Werbung war unter anderem noch folgender Slogan:
„Nicht jeder kann ein [Name der Beklagten] sein! Niedrige Preise: der Beweis, dass [Name der Beklagten] am billigsten bleibt“.
Gegen diese Werbung wendete sich die Klägerin, da sie darin einen Verstoß gegen Art. L. 121 8 des Code de la consommation sah. Sie machte geltend, dass durch die Aufmachung und die für die Beklagte vorteilhafte Auswahl der Artikel die Verbraucher getäuscht würden. Die ausgewählten Artikel seien gar nicht vergleichbar, da sie sich qualitativ und quantitativ unterscheiden. Bei ausschließlicher Angabe des Produktnamens sei es dem Käufer nicht möglich die Eigenschaften der Ware zu prüfen und so die Preisunterschiede nachzuvollziehen.
Die Beklagte wendete dagegen ein, dass
„ein Vergleich zwei nicht identische Waren betreffen könne, sofern diese dem gleichen Bedarf dienten oder dieselbe Zweckbestimmung hätten und in dieser Hinsicht einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufwiesen“.
Art. L. 121 8 des Code de la consommation wurde aufgrund von Art. 3 a der Richtlinie 84/450 erlassen. Deshalb ist auch die Richtlinie beziehungsweise deren Auslegung maßgeblich für die Frage, ob durch die streitgegenständliche Werbung ein wettbewerbsrechtlich relevanter Verstoß begangen worden ist. Das Gericht hatte das Verfahren deshalb ausgesetzt und dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„Ist Art. 3a der Richtlinie 84/450 dahin auszulegen, dass nach ihm vergleichende Preiswerbung für Waren für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung, d. h. für Waren, die einen ausreichenden Grad an wechselseitiger Austauschbarkeit aufweisen, allein deshalb unzulässig ist, weil es sich um Nahrungsmittel handelt und die Essbarkeit jedes einzelnen dieser Nahrungsmittel, jedenfalls der Genuss, der bei ihrem Verzehr empfunden wird, je nach den Umständen und dem Ort ihrer Herstellung, nach den verwendeten Zutaten und nach der Erfahrung des Herstellers stark variiert?“
Aus der Entscheidung des Gerichts
Der EuGH folgte im Wesentlichen der Argumentation der Klägerin und stufte die Werbung als irreführend ein. Irreführend sei Werbung insbesondere,
- „wenn festgestellt wird, dass unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und insbesondere der mit dieser Werbung einhergehenden Angaben oder Auslassungen die Kaufentscheidung einer erheblichen Zahl von Verbrauchern, an die sich die Werbung richtet, in dem irrigen Glauben getroffen werden kann, dass die vom Werbenden getroffene Warenauswahl repräsentativ für das allgemeine Niveau seiner Preise im Verhältnis zum Niveau der Preise seines Mitbewerbers sei und diese Verbraucher daher eine Ersparnis in der von dieser Werbung angepriesenen Größenordnung erzielten, wenn sie ihre Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig beim Werbenden und nicht bei diesem Mitbewerber einkauften, oder in dem irrigen Glauben, dass alle Waren des Werbenden billiger als die seines Mitbewerbers seien, oder“
- „wenn festgestellt wird, dass für einen nur auf den Preis abstellenden Vergleich Nahrungsmittel ausgewählt wurden, die jedoch Unterschiede aufweisen, die geeignet sind, die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen, ohne dass diese Unterschiede aus der betreffenden Werbung hervorgehen.“
Fazit
Werden die Kassenbons zweier Mitbewerber in der Werbung miteinander verglichen, so liegt eine Irreführung vor, wenn lediglich der Produktname und der Preis genannt werden, aber keine weitergehenden Aussagen zu Qualität und Quantität der ausgewählten Waren getroffen werden. Der Verbraucher wird getäuscht, da der Anschein erweckt wird, das Preisniveau des einen Anbieters sei generell niedriger als das des Konkurrenten.
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