Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Wettbewerbsverletzungen im (fremdsprachigen) Internet
Das OLG Frankfurt hat in einem Fall die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts bei einer Wettbewerbsverletzung im Internet verneint (Urteil vom 24.5.2012, Az. 6 U 103/11). Dabei ging es um eine rufschädigende und damit wettbewerbsverletzende englischsprachige Pressemeldung, die auf einer englischen Internetseite in Bezug auf ein deutsches Unternehmen getätigt worden ist. Lesen Sie hierzu die folgenden Erläuterungen zum Fall.
I. Sachverhalt
In dem Fall (OLG Frankfurt, Urteil vom 24.5.2012, Az. 6 U 103/11, hier im Volltext abrufbar) veröffentlichte die Beklagte, eine bekannte europäische Fluggesellschaft, u.a. auf der englischen Unterseite ihres Internetauftritts in englischer Sprache eine Pressemitteilung, in der sie über die Klägerin, ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das über das Internet Reisen vermittelt, rufschädigende und damit wettbewerbswidrige Äußerungen tätigte.
Der Internetauftritt der Beklagten war dabei so gestaltet, dass Nutzer aus Deutschland bei Eingabe der internationalen Internetadresse der Fluggesellschaft mit der *.com-Endung sogleich auf eine deutschsprachige Unterseite geleitet wurden. Auf die englischsprachige Unterseite, die die rufschädigende und damit wettbewerbswidrige Pressemitteilung enthielt, gelangten Nutzer aus Deutschland nur dann, wenn sie am Rand der deutschsprachigen Unterseite ausdrücklich die voreingestellte Länder- und Sprachauswahl änderten.
II. Die rechtlichen Erwägungen des Gerichts
Während sich im Fall das LG Frankfurt in erster Instanz für international zuständig erklärt hat, sieht dies das Berufungsgericht OLG Frankfurt nun anders.
Demnach sei das LG Frankfurt im Hinblick auf die englischsprachige Version der Pressemitteilung international nicht zuständig gewesen, weil der sog. Erfolgsort, auf den es bei internationalen Wettbewerbsverletzungen ankomme, nicht im Inland belegen sei (Art. 5 Nr. 3 EuGVVO).
Nach der Rechtsprechung des BGH sei bei Wettbewerbsverletzungen im Internet der Erfolgsort nur dann im Inland belegen, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll ”(BGH, Urteil vom 30.3.2006, Az. I ZR 24/03 Tz. 21 – Arzneimittelwerbung im Internet)”. Dies aber sei wegen der elektronischen Voreinstellung, die die Nutzer aus Deutschland grundsätzlich erst einmal nur auf die deutschsprachige Unterseite des Internetauftritts und nicht auf die englischsprachige leite, nicht der Fall.
Die englischsprachige Unterseite der Beklagten, auf der die fragliche Pressemitteilung in englischer Sprache veröffentlicht worden sei, könne von einem Nutzer aus Deutschland nur dann aufgesucht werden, wenn er sich bewusst gegen die elektronische Voreinstellung entscheide, zunächst auf die deutschsprachige Seite der Beklagten zu kommen, indem er die Länder- und Sprachauswahl „Deutschland (Deutsch)“ in ein anderes Land mit englischer Sprachfassung ausdrücklich ändere.
Hieraus ergebe sich, dass sich die englischen Pressemitteilung nicht bestimmungsgemäß auf Deutschland auswirken solle.
Das Merkmal des „bestimmungsgemäßen Auswirkens“ sei zudem auch nicht etwa aufgrund anderer rechtlicher Erwägungen anzunehmen:
- So könne aus der Tatsache, dass die Klägerin in der englischen Pressemitteilung namentlich benannt und als deutsche Reisevermittler-Website erwähnt werde, nicht auf ein bestimmungsgemäßes Auswirken geschlossen werden. Darin könne kein finaler Bezug gesehen werden, da die Beklagte für gewöhnlich in englischer Sprache kommuniziere.
- Auch vor dem Hintergrund der Grundsätze aus dem bekannten BGH-Urteil zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet (BGH, Urteil vom 2.3.2010, Az. VI ZR 23/09 – New York Times) sei nicht anders zu entscheiden. Während es in dem BGH-Fall um einen in der Internetausgabe der New York Times in englischer Sprache veröffentlichten Artikel gegangen sei, in dem durch Äußerungen die dortige Beklagte, die in Deutschland ihren Wohnsitz hatte, in ihrer Persönlichkeit verletzt worden war, ginge es im Fall der Klägerin um eine rechtsverletzende Äußerung auf der Internetseite eines Unternehmens. Diese sei mit der Website eines Presseorgans nicht vergleichbar. Während die Website eines Presseorgans regelmäßig von ihren Lesern aufgesucht werde, werde die Internetseite eines Flugunternehmens nur vereinzelt und anlassbezogen zur Buchung von Flügen besucht.
- Grundsätzlich allerdings sei eine in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht rufschädigende Äußerung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ähnlich, weshalb es Fälle gebe, in denen allein die Nennung des im Inland [Deutschland] ansässigen Wettbewerbers in einem Internet-Presseartikel die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen könne.
III. Fazit
Wie bereits die BGH-Rechtsprechung (Fall „Arzneimittelwerbung im Internet“) gezeigt hat, kommt es bei der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Wettbewerbsverletzungen im Internet darauf an, dass sich das Wettbewerbsverhalten bestimmungsgemäß in Deutschland ausgewirkt hat und somit der Erfolgsort in Deutschland belegen ist.
Nach dem Urteil des OLG Frankfurt ist die BGH-Rechtsprechung zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsverletzungen im Internet (Fall „New York Times“) grundsätzlich auf Wettbewerbsverletzungen im Internet übertragbar, wenn es vergleichbar um rufschädigende Äußerungen in Internet-Presseorganen ist. Dabei kommt es aber darauf an, dass sich die fragliche Äußerung bestimmungsgemäß in Deutschland auswirkt.
Das Merkmal des „bestimmungsgemäßen Auswirkens“ hat das OLG Frankfurt nun für die Fälle verneint, in denen eine elektronischen Voreinstellung bei dem Internetauftritt des Äußernden dazu führt, dass Nutzer aus Deutschland automatisch nur auf eine deutschsprachige Internetseite und eben nicht auf die englischsprachige Präsenz geleiten werden, auf der die Äußerung in englischer Sprache veröffentlicht ist.
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