Infos zu verschreibungspflichtigen Medikamenten: auf Internetseite = Werbung?
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Verkauf von Arzneimitteln / Homöopathika"
Vor dem europäischen Gerichtshof ist derzeit ein Verfahren (Rs. C-316/09) anhängig, welches sich um die Frage dreht, ob die Veröffentlichung der Gebrauchsinformationen eines verschreibungspflichtigen Medikaments auf der Internetseite des Herstellers verbotene Werbung darstellt.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Klägerin und Beklagte sind im Wettbewerb stehende Arzneimittelunternehmen. Die Beklagte präsentierte auf ihrer Internetseite – für jedermann frei zugänglich – einige verschreibungspflichtige Arzneimittel. Dabei wurde die Produktverpackung, eine Beschreibung der Indikation sowie die Gebrauchsinformationen veröffentlicht. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen § 10 Abs. 1 HWG (Heilmittelwerbegesetz), wonach verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht öffentlich geworben werden darf.
Rechtlicher Rahmen
Nach § 10 Abs. 1 HWG darf für verschreibungspflichtige Medikamente nur bei Ärzten und ähnlichen Personengruppen - nicht jedoch öffentlich - geworben werden. Diese Vorschrift wurde aufgrund von Art. 88 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/83 erlassen. Deshalb ist auch die Richtlinie beziehungsweise deren Auslegung maßgeblich für die Frage, ob auch die im vorliegenden Fall im Raum stehende „Werbung“ von diesem Verbot umfasst ist. Das besondere im konkreten Verfahren ist, dass die Informationen nur demjenigen zugänglich gemacht werden, der gezielt danach sucht und nicht jedem potentiellen Interessenten aufgedrängt werden. Außerdem wurden nur diejenigen Informationen veröffentlicht, die der Zulassungsbehörde im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorgelegen haben.
Bewertung durch die Generalanwältin
Die Generalanwältin empfiehlt dem Europäischen Gerichtshof in ihren Schlussanträgen vom 24.11.2010 folgendes:
„Art. 88 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel ist dahin gehend auszulegen, dass er eine Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel wie die des Ausgangsverfahrens nicht erfasst, sofern sie allein Angaben enthält, die der Zulassungsbehörde im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorgelegen haben und jedem, der das betreffende Arzneimittel erwirbt, ohnehin zugänglich werden, und sofern die Angaben dem Interessenten nicht unaufgefordert dargeboten werden, sondern nur demjenigen im Internet zugänglich sind, der sich selbst um sie bemüht.“
Fazit
Folgt der EuGH dieser Empfehlung (was sehr wahrscheinlich ist), so ist es für Arzneimittelhersteller zukünftig möglich die genannten Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet zugänglich zu machen, ohne dabei gegen das Werbeverbot in § 10 Abs. 1 HWG zu verstoßen.
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