BGH: 53 Mio. Euro Vertragsstrafe unangemessen

BGH: 53 Mio. Euro Vertragsstrafe unangemessen
2 min
Beitrag vom: 23.02.2009

Verstößt ein Vertragspartner mehrere tausend Mal gegen ein mit Vertragsstrafe bedrohtes Verhalten, kann die Vertragsstrafe nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) herabgesetzt werden, wenn sie in einem außerordentlichen Missverhältnis zur Zuwiderhandlung steht. Das entschied der BGH mit Urteil vom 17.07.2008.

1. Der Sachverhalt

Die Beklagte hatte Kinderwärmekissen verkauft, ohne Inhaber des dazugehörigen Geschmacksmusters zu sein. Nachdem die Inhaberin des Geschmacksmusters die Beklagte wegen einer Verletzung des Geschmacksmuster durch den Vertrieb der Kissen in Anspruch genommen hatte, schlossen beide einen Vertrag, der im Falle des Verkaufs der noch übrigen Wärmekissen außerhalb eines bestimmten Zeitraums für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 7700 Euro vorsah.

Die Beklagte verkaufte dann außerhalb des vereinbarten Zeitraums 7000 Wärmekissen.

Die Klägerin, eine GmbH und Rechtsnachfolgerin der Inhaberin des Geschmacksmusters, forderte daraufhin von der Beklagten Zahlung von 53,68 Mio. Euro wegen 7000facher Zuwiderhandlung gegen die Vereinbarung.

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2. Die Entscheidung

Der BGH entschied, dass die Vertragsstrafe nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, § 242 BGB, herabgesetzt werden muss. Eine Vertragsstrafe von mehr als 53 Mio. Euro stehe in einem solchen außerordentlichen Missverhältnis zu der Bedeutung der Zuwiderhandlung, dass ihre Durchsetzung einen Verstoß gegen den das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben darstelle. Die Beklagte habe nicht gegen ein generelles Unterlassungsgebot verstoßen, sondern lediglich Wärmekissen außerhalb des vereinbarten Zeitraums in einer einzigen Verkaufsaktion verkauft und damit einen Nettoumsatz von 48215,52 Euro erziehlt.  Eine 200000 Euro übersteigende Vertragsstrafe sei daher (unter Berücksichtigung dieser Umstände) unangemessen hoch.

3. Fazit

Der BGH hat hier unter Heranziehung des (unter Juristen) berühmt-berüchtigten § 242 BGB eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe nach Unten korrigiert. Bei solch einer Entscheidung spielen jedoch in hohem Maße die Umstände des Einzelfalls eine Rolle, sodass nicht vorschnell von einer generellen Rechtswidrigkeit unbillig hoch erscheinender Vertragsstrafen ausgegangen werden sollte. Eine Anpassung nach § 242 BGB ist meist ultima ratio.

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