Health-Claims Verordnung - Interessantes Urteil des LG Düsseldorf
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Health-Claims-Verordnung"
Kürzlich wurde ein Online-Händler abgemahnt, der über seine gewerbliche Internetpräsenz Pilzprodukte zur Nahrungsergänzung verkauft hatte. Grund der Abmahnung: Der Händler hat unter anderem damit geworben, dass „die Inhaltsstoffe des Speisepilzes Maitake auf natürliche Weise das körpereigene Immunsystem fördern und damit die Abwehrkräfte stärken." Auch fördere der "Glänzende Lackporling Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit" und stärke damit "auf ernährungsspezifische Weise den gesamten Organismus“. Der Händler habe in der Form nicht werben dürfen, so das LG Düsseldorf (Urteil vom 28.10.2009, Az. 12 O 328/09).
Inhaltsverzeichnis
- Um welche Aussagen ging es konkret?
- Rechtlicher Hintergrund zu gesundheitsbezogenen Angaben in Zusammenhang mit der Bedeutung eines Nährstoffes für Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen
- Entscheidung des LG Düsseldorf
- Abschließend: Zur Verteilung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast im Zusammenhang mit der Health-Claims-Verordnung.
Um welche Aussagen ging es konkret?
Untersagt wurde dem Online-Händler (als Antragsgegner) wie folgt im geschäftlichen Verkehr zu werben:
1. Für das Mittel „Lentinulin®“
- „Die ernährungsphysiologische Wirkung von Lentinulin zeigt sich in einer Kräftigung und Stärkung der natürlichen körpereigenen Abwehrkräfte. Dieser physiologische Effekt ist auch bei vorzeitigen Alterungserscheinungen von Bedeutung.“
- „Bereits im alten China wurde Lentinulin wegen seiner kräftigenden und belebenden Wirkung als gesundheitsförderndes Elixir geschätzt.“
2. Für das Mittel „Grifolanin®“:
- „Die Inhaltsstoffe des Speisepilzes Maitake fördern auf natürliche Weise das körpereigene Immunsystem und stärken damit die Abwehrkräfte. Grifolanin leistet damit einen wichtigen ernährungsphysiologischen Beitrag als wertvolle und natürliche Ergänzung bei vielen therapeutischen Maßnahmen.“
3. Für das Mittel „Ganodermin®“:
- „Der Glänzende Lackporling fördert Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit und stärkt damit auf ernährungsspezifische Weise den gesamten Organismus“.
4. Für das Mittel „Cordicipin®“:
- „Der Chinesische Raupenpilz erhöht die Ausdauer und Leistung und verkürzt die Regenerationsphase nach sportlichen Belastungen.“
5. Für das Mittel „Agarikin®“:
- „Agarikin kräftigt und stärkt auf natürliche Weise die körpereigene Abwehr.“
6. Für das Mittel ShiiLing® - Pilz-Tee“:
- „Der ShiiLing® Power-Pilztee hat eine kräftigende und entschlackende Wirkung.“
Rechtlicher Hintergrund zu gesundheitsbezogenen Angaben in Zusammenhang mit der Bedeutung eines Nährstoffes für Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen
Gemäß Artikel 13 der Verordnung 1924/2006/EG sind gesundheitsbezogene Angaben, die die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen beschreiben grundsätzlich unzulässig.
Ausnahme: Nach Art. 28 Abs. 5 der Verordnung 1924/2006/EG sind solche Aussagen jedoch bis zur Verabschiedung der in Art. 13 Abs. 3 der Verordnung 1924/2006/EG genannten Liste zulässig, wenn sie der Verordnung 1924/2006/EG und dem einschlägigen nationalen Recht entsprechen.
Entscheidung des LG Düsseldorf
Das LG Düsseldorf stellte fest, dass die streitgegenständlichen Angaben des Online-Händlers (s.o.) gerade nicht der Verordnung 1924/2006/EG entsprechen, sondern vielmehr gegen die in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung 1924/2006/EG formulierten Bedingungen verstoßen würden.
Begründung: Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung 1924/2006/EG sind nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen nur zulässig, wenn die Stoffe, auf die sich die Angaben beziehen, in dem jeweiligen Produkt in einer Menge vorhanden sind, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen geeignet ist, die behauptete ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung zu erzielen (Art. 5 Abs. 1 lit. b) i) der Verordnung 1924/2006/EG). Zudem müssen die betreffenden Wirkstoffe in dem jeweiligen Produkt in einer Form vorliegen, die für den Körper verfügbar ist (Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Verordnung 1924/2006/EG). Auch muss die Menge des jeweiligen Produkts, deren Verzehr vernünftigerweise erwartet werden kann, eine signifikante Menge der Wirkstoffe enthalten, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen geeignet ist, die behauptete ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung zu erzielen (Art. 5 Abs. 1 lit. d) der Verordnung 1924/2006/EG).
Bereits hierzu hat der Antragsgegner nichts Konkretes vortragen können - so das Landgericht Düsseldorf:
Wiederholt fehlt es schon an der exakten Bezeichnung des Stoffes, der die jeweilige positive Wirkung hervorrufen soll. Die von der Antragsgegnerin insoweit zumindest teilweise verwendeten Kunstbegriffe sind nicht geeignet, bestimmte Substanzen abgrenzbar zu bezeichnen. Auch die konkrete Zusammensetzung der einzelnen Produkte lässt sich dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht entnehmen. Diese ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht aus den Anlagen AG 10, AG 15, AG 18, AG 20 und AG 21. Die genannten Anlagen beziehen sich, wie sich schon aus den Überschriften ergibt, auf die Pilze "Shii-take", "Maitake", "Glänzender Lackporling", "Chinesischer Raupenpilz" und "Brasil Egerling". In welcher Form, Zusammensetzung und Menge angebliche Wirkstoffe in den von der Antragsgegnerin vertriebenen Kapseln und Tees vorliegen sollen, ist den Anlagen nicht zu entnehmen.
Folgerung des Gerichts:
Darauf, ob anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein der Substanzen, auf die sich die streitgegenständlichen Äußerungen jeweils beziehen, in den betreffenden von der Antragsgegnerin vertriebenen Mitteln eine positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung hat (Art. 5 Abs. 1 lit. a) der Verordnung 1924/2006/EG), kommt es danach nicht an.
Abschließend: Zur Verteilung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast im Zusammenhang mit der Health-Claims-Verordnung.
Das LG Düsseldorf stellte fest:
"Soweit die Antragsgegnerin meint, es liege zunächst an dem Antragsteller, glaubhaft zu machen, dass von ihr getroffene Wirkungsaussagen wissenschaftlich umstritten seien, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Aussagen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. a) der Verordnung 1924/2006/EG sind grundsätzlich unzulässig, unter den Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 5 der Verordnung 1924/2006/EG jedoch ausnahmsweise zulässig. Gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung 1924/2006/EG muss der Lebensmittelunternehmer, der eine gesundheitsbezogene Angabe macht, die Verwendung dieser Angabe begründen. Dies führt dazu, dass zunächst der Antragsteller glaubhaft machen muss, dass die Antragsgegnerin gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. a) der Verordnung 1924/2006/EG im geschäftlichen Verkehr getätigt hat. Durch Vorlage der entsprechenden Ausdrucke der Internetseiten der Antragsgegnerin in der Anlage A 2 (Bl. 10 - 16 GA) hat der Antragsteller diesen - im übrigen unbestritten gebliebenen Umstand - hinreichend glaubhaft gemacht.
Aus Art. 6, 28 Abs. 5 der Verordnung 1924/2006/EG folgt weiter, dass es danach an der Antragsgegnerin ist, zum Vorliegen der Voraussetzungen der ausnahmsweisen Zulässigkeit der einzelnen Angaben vorzutragen. Dazu gehört u.a., dass die Angaben der Verordnung 1924/2006/EG, also auch den Vorgaben des Art. 5 der Verordnung 1924/2006/EG, entsprechen. Trägt der Werbende hierzu nichts Konkretes vor, ist die Verwendung der Angabe grundsätzlich unzulässig."
Zusammengefasst:
- Derjenige, der im Zusammenhang mit dem Verkauf von Lebensmitteln gesundheitsbezogen wirbt, hat die beworbenen Wirkungen auch nachzuweisen.
- Der Antragssteller hat dagegen allein glaubhaft zu machen, dass gesundheitsbezogene Angaben im geschäftlichen Verkehr getätigt worden sind. Dazu reicht die Vorlage der entsprechenden Ausdrucke der Internetseiten, auf denen die gesundheitsbezogenen Aussagen dargestellt sind, aus.
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