Übergangsvorschriften, Verhältnis zum deutschen Wettbewerbsrecht und weiterführende Links – Teil 7 der Serie zur HCVO

Übergangsvorschriften, Verhältnis zum deutschen Wettbewerbsrecht und weiterführende Links – Teil 7 der Serie zur HCVO

Neue Serie zur Health-Claims-Verordnung (HCVO) Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "Neue Serie zur Health-Claims-Verordnung (HCVO)"

Der siebte und letzte Teil der Serie zur Health-Claims-Verordnung (HCVO) behandelt abschließend die verschiedenen Übergangsregelungen und die Auswirkungen der Verordnung auf das Wettbewerbsrecht.
Unterstehen der HCVO auch vor ihrem Inkrafttreten eingetragene Kennzeichen? Sind die Verordnungsbestimmungen als wettbewerbsbezogene Marktverhaltensnormen aufzufassen? Antworten auf diese und weitere Fragen finden sich nebst einer Auflistung weiterführender Links im folgenden Beitrag.

A. Übergangsvorschriften

I. Was gilt für Produkte mit bereits vor dem 01.Januar 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen?

Produkte mit bereits vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen, die dieser Verordnung nicht entsprechen, dürfen bis zum 19. Januar 2022 weiterhin in den Verkehr gebracht werden; danach gelten die Bestimmungen dieser Verordnung (s. Artikel 27 II der Verordnung).

Achtung: Die Übergangsfrist bezieht sich nur auf den Markennamen, nicht auf die sonstigen sich aus der Verordnung ergebenden Pflichten.

In diesem Rahmen urteilte das OLG Frankfurt a.M. (Urteil. v. 15.1.2015 – Az. 6 U 67/11), dass es für die Zulässigkeit des Fortvertriebs unter dem Markennamen entscheidend darauf ankomme, dass die Marke rechtserhaltend benutzt werde. Schädlich sei es insofern, wenn die Marke vor dem Stichtag (01.05.2005) für andere Produkte verwendet wurde als danach:

„Es geht also um den Weitervertrieb der konkreten Produkte, nicht um bloßen Bestandsschutz für die Marke. In diesem Sinn ist auch die Rechtsprechung des EuGH zu verstehen. Danach ist Art. 27 Abs. 2 HCVO dahin auszulegen, dass er sich nur auf Lebensmittel bezieht, die mit einer Handelsmarke oder einem Markennamen versehen sind, die oder der als eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe im Sinne dieser Verordnung aufzufassen ist, und die in dieser Form vor dem 1. Januar 2005 bestanden (EuGH, GRUR 2013, 1061 Rn. 37 - Green-Swan Pharmaceuticals). Die Wendung „in dieser Form“ bezieht sich auf die „Lebensmittel“. Es reicht also nicht aus, wenn es vor 2005 überhaupt Produkte mit der beanstandeten Kennzeichnung gab. Vielmehr geht es um die Fortsetzung des Vertriebs der schon vor dem Stichtag vertriebenen Produkte. Darin liegen auch Sinn und Zweck der Übergangsregelung. Im Erwägungsgrund 33 der Verordnung heißt es, angemessene Übergangsmaßnahmen seien erforderlich, damit sich die Lebensmittelunternehmer an die Bestimmungen dieser Verordnung anpassen können. Dies spricht für einen produktbezogenen Bestandsschutz und gegen einen produktunabhängigen Schutz der Marken.“

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II. Was regelt die Übergangsvorschrift des Art. 27 Abs. 5 HCVO?

Danach dürfen gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 lit. a) HCVO bis zur Annahme der in Art. 13 Abs. 3 HCV genannten Liste unter Verantwortung von Lebensmittelunternehmern verwendet werden, sofern diese Angaben der HCVO und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen.

Bei Art. 27 Abs. 5 HCVO handelt es sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Zu den Bedingungen der Verordnung, die nach der Übergangvorschrift des Art. 28 Abs. 5 HCV zu beachten sind, gehört dabei insbesondere auch Art. 5 HCVO. Gem. Art. 5 Abs. 1 lit. a) HCVO ist die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig, wenn anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgewiesen ist, dass der Wirkstoff, auf den sich die Angaben beziehen, die beworbene positive physiologische Wirkung hat.

Nunmehr ist (seit Dezember 2012) die erste Gemeinschaftsliste allerdings in Kraft. .

III. Wurde Art. 27 Abs. 5 HCV mit Inkrafttreten der ersten Teilliste obsolet?

Hierzu das OLG Hamburg (vgl. Urteil vom 21.06.2012 – Az. 3 U 97/11):

"Bislang wurde zwar diskutiert, ob Art. 27 Abs. 5 HCVO bereits mit Inkrafttreten der ersten Teilliste obsolet werde (vgl. Meisterernst/Haber, a.a.O., Art. 28 Rz. 21 c). Hierfür wurde angeführt, dass die EU-Kommission in dem von der Beklagten als Anlage 4 vorgelegten Entwurf „Draft Commission Regulation on the authorisation of certain health claims made on foods, other than those referring to the reduction of disease risk and to children´s development and health“ mit Art. 2 eine eigene Übergangsvorschrift vorsah (Meisterernst/Haber, a.a.O., Rz. 21 c).

Allerdings sprach bereits der Wortlaut von Art. 27 Abs. 5 HCV von der Annahme - der in Art. 13 Abs. 3 genannten Liste - , was als Hinweis darauf gedeutet wurde, dass Art. 27 Abs. 5 HCV bis zur vollständigen Abarbeitung der Liste gelten sollte.

Diese Auslegung wird nun durch Erwägungsgrund 11 der EGV Nr. 432/2012 gestützt. Nach Erwägungsgrund 11 der EGV Nr. 432/2012 sollen für die noch nicht geprüften pflanzlichen Stoffe weiterhin die Übergangsvorschriften des Art. 27 Abs. 5 und 6 HCVO gelten.

Zwar hat die Kommission dies lediglich in einem rechtlich nicht verbindlichen Erwägungsgrund (vgl. EuGH, Urteil vom 02.04.2009, C - 134/08, BeckRS 2009, 70379, Tz. 16) ausgeführt . Aus dem Erwägungsgrund geht jedoch hervor, dass die Kommission von einer Fortgeltung von Art. 27 Abs. 5 und Abs. 6 HCVO ausgeht, was sich auch mit dem Wortlaut der Vorschrift in Übereinstimmung bringen lässt. Andernfalls hätte sie in die Verordnung eine entsprechende Regelung aufgenommen, statt nur in den Erwägungsgründen hierauf einzugehen.

Art. 27 Abs. 5 HCVO gilt dabei auch für solche Angaben im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. a) HCVO, die nach Geltung der HCVO und somit nach dem 1.7.2007 erstmalig verwendet wurden (Meisterernst/Haber, a.a.O., Art. 28 Rz. 25)."

B. Die Health-Claims-Verordnung und das deutsche Wettbewerbsrecht

I. Stellt die Health-Claims-Verordnung und insbesondere Art. 10 Abs. 2 lit. A der Verordnung eine Marktverhaltensregel dar?

Ja, hierzu das OLG Rostock, Urteil v. 25.05.2011, Az. 2 U 2/11:

"Die VO (EG) Nr. 1924/2006 wird allgemein als Marktverhaltensregel angesehen (z.B. Ebert-Weidenfeller, in: Götting/Nordemann § 4 Rn. 11.76). Die Antragsgegnerin wendet sich jedoch gegen eine pauschale Betrachtung und meint, es komme darauf an, ob genau die in Rede stehende Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 lit. a eine Marktverhaltensregel sei. Ihre Auffassung, dies ergebe sich nicht aus der Judikatur, findet jedoch in den von ihr herangezogenen Entscheidungen keine Stütze. Das LG Düsseldorf (GRUR-RR 2008, 439) betont sogar, dass das gesamte lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsrecht wettbewerbsbezogene Marktverhaltensregeln seien (Tz. 36 in juris). Das KG (25.09.2009 - 5 U 70/08) und das OLG Zweibrücken (02.07.2010 - 4 U 184/09) bezeichnen jeweils den Art. 10 insgesamt als gesetzliche Vorschrift iSd § 4 Nr. 11 UWG. Das OLG Nürnberg (15.9.2008 - 3 U 23/08) äußert sich nicht dazu, ob die gesamte VO (EG) Nr. 1924/2006 oder nur einzelne Vorschriften aus ihr als Marktverhaltensregeln in Betracht kommen. Der Senat folgt der Auffassung von Judikatur und Literatur, dass die hier einschlägige Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 lit. a VO (EG) Nr. 1924/2006 eine Marktverhaltensregel darstellt. Diese konkrete Vorschrift ist genauso eine wettbewerbsbezogene Marktverhaltensregel wie die übrigen Teile des § 10 der Verordnung."

Und das OLG Stuttgart (Urteil vom 02.03.2011, Az. U 61/10):

"Die speziellen Werbeverbote der VNGA sind Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2010, 291; Köhler in Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.137 a und mit zutreffender ausführlicher Begründung in ZLR 2008, 135, 140 f.; Harte/Henning, UWG, 2. Aufl. 2009, § 4 Rdnr. 104; Hagenmeyer, WRP 2010, 492, 499 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung in Fn. 58)."

Auch die Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 HCVO wurde ausdrücklich als Marktverhaltensnorm im Sinne des §4 Nr. 11 UWG eingestuft, zuletzt vom BGH mit Urteil v. 26.02.2014 (Az. I ZR 178/12 – Praebiotik).

Gleiches gilt für den Art. 10 Abs. 3 HCVO, so das OLG Hamm (Urteil v. 07.10.2014 – Az. 4 U 138/13)

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