Rechtssicherer Handel: mit Medizinprodukten

Rechtssicherer Handel: mit Medizinprodukten
von Nathalie Lengert
15.07.2011 | Lesezeit: 14 min

Achtung: Dieser Beitrag ist mittlerweile veraltet!
Aktuellere Informationen zum Thema finden Sie hier: "FAQ zum Handel mit Medizinprodukten"

Der zunehmende Internethandel mit Medizinprodukten stellt sich für viele Händler als große Herausforderung dar, da die rechtlichen Komponenten oft schwierig zu erfassen sind. Doch gerade im Handel mit Medizinprodukten ist erhöhte Vorsicht geboten, da in diesem Gebiet hohe gesetzlichen Anforderungen an die Produkte selbst, wie auch an die Händler gestellt werden. Aus diesem Grund haben wir für Sie eine übersichtliche und kompakte Einführung in das Medizinprodukterecht erstellt.

1. Relevante Rechtsvorschriften

Der Handel mit Medizinprodukten wird allgemein durch das Gesetz für Medizinprodukte (*MPG* ) geregelt. Das MPG dient der Umsetzung von drei europäischen Richtlinien (Richtlinie 90/385/EG über aktive implantierbare medizinische Geräte, 93/42/EWG über Medizinprodukte und 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika) die durch spätere Änderungsrichtlinien ergänzt bzw. geändert wurden (zuletzt mit Richtlinie 2007/47/EG vom 5. September 2007 zum 21. März 2010).

Das MPG enthält technische und medizinische Anforderungen an Medizinprodukte und deren Be- und Vertrieb. Zusätzlich beinhaltet das MPG auch Sanktionen für den Verstoß gegen einzelne MPG-Normen.
„Zweck dieses Gesetzes ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen“, § 1 MPG.

Neben dem MPG gibt es noch zusätzliche rechtliche Normen, die für den Handel mit Medizinprodukten relevant sind, wie die Medizinprodukteverordnung (MPV), die Medizinprodukt-Betreiberverordnung, sowie ggf. gesondert zu beachtende Rechtsvorschriften, § 2 Abs. 4 MPG (Atomgesetz, Röntgenverordnung, Strahlenschutzverordnung, Strahlenschutzvorsorgegesetz, Chemikaliengesetz, Gefahrstoffverordnung, Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz).

2. Anwendungsbereich des MPG

Als erstes muss natürlich geklärt werden, welche Produkte und Handlungen überhaupt vom MPG erfasst werden. Dies ist umso interessanter, als das MPG manche Produkte einschließt, die üblicherweise gar nicht als Medizinprodukte wahrgenommen werden, wie z.B. Körnerkissen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 07.06.2011, Az. 9 ZB 09.1657) oder Kondome (vgl. Artikel vom 03.12.2008 https://www.it-recht-kanzlei.de/verkauf-von-kondomen.html).

a) Ausdrücklich vom Anwendungsbereich umfasste Produkte

Eine erste Definition von Medizinprodukten finden wir im § 3 MPG, wonach Medizinprodukte im Wesentlichen alle Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe oder andere Gegenstände sind, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen für folgende Zwecke eingesetzt werden:

  • Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten (§ 3 Nr. 1 lit. a MPG), z.B. Röntgengeräte
  • Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen (§ 3 Nr. 1 lit. b MPG) z.B. Rollstuhl
  • Untersuchung, Ersetzung oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs ( § 3 Nr. 1 lit. c MPG) z.B. Brustimplantate
  • Empfängnisregelung ( § 3 Nr. 1 lit. d MPG), z.B. Anti-Baby-Pille
  • Produkte, die bestimmte Arzneiprodukte enthalten und in Ergänzung zu dem Produkt eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten kann (vgl. § 3 Nr. 3 MPG)
  • bestimmte Produkte zur In-vitro-Untersuchung (vgl. § 3 Nr. 4 MPG)

und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird.

Der Anwendungsbereich des MPG erstreckt sich dabei auf die folgenden Produkte:

  • Medizinprodukte und deren Zubehör, wobei das Zubehör als eigenständiges Medizinprodukt behandelt wird (§ 2 Abs. 1 MPG) z.B. Infusionsbestecke
  • Produkte, die zwar nicht als Medizinprodukte in Verkehr gebracht wurden, aber mit der Zweckbestimmung eines Medizinproduktes (vgl. Anlagen 1 und 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung) eingesetzt werden (§ 2 Abs. 2 MPG)
  • Produkte, die dazu bestimmt sind, Arzneimittel (vgl. § 2 Abs. 1 AMG) zu verabreichen (§ 2 Abs. 3 MPG), z.B. Spritzen
  • Produkte zur Verwendung sowohl entsprechend den Vorschriften über persönliche Schutzausrüstungen im Sinne der europäischen Richtlinie 89/686/EWG (§ 2 Abs. 4a MPG) z.B. Schutzbrillen der Ärzte, als auch im Sinne der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte.
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b) Ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgeschlossene Produkte

Folgende Produkte sind vom Anwendungsbereich des MPG ausgenommen:

  • Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG) wobei eine Abgrenzung dahingegen vorzunehmen ist, „dass bei überwiegend pharmakologischer Wirkung ein Arzneimittel, bei überwiegend physikalischer Wirkung ein Medizinprodukt vorliegt“ (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11.06.2007, Az. 13 A 3903/06).
  • kosmetische Mittel im Sinne des § 4 Lebensmittel, - Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 MPG), wobei danach abzugrenzen ist, wie das Produkt einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt (VGH Baden-Württemberg vom 02.01.2008, Az. 9 S 2089/06) im konkreten Fall wurde Zahnbleichmittel als Medizinprodukt angesehen
  • menschliches Blut und daraus gewonnene Produkte (§ 2 Abs. 5 Nr. 3 MPG) (beachten Sie, dass Blutbeutel Medizinprodukte darstellen)
  • Transplantate, Gewebe und Zellen menschlichen Ursprungs sowie Produkte, die solche Stoffe enthalten oder aus solchen Stoffen gewonnen wurden (§ 2 Abs. 5 Nr. 4 MPG)
  • Transplantate, Gewebe oder Zellen tierischen Ursprungs, es sei denn, ein Produkt wird unter Verwendung von bereits abgetötetem tierischen Gewebe oder daraus gewonnenen Erzeugnissen hergestellt (§ 2 Abs. 5 Nr. 5 MPG).

c) Von Anwendungsbereich gedeckte Handlungen

Die wesentlichen Handlungen, die vom MPG reglementiert werden, sind die folgenden:

  • Inverkehrbringen: jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Medizinprodukten an andere. Es genügt die Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft.
  • Betreiben und Anwenden, ab Inbetriebnahme: Zeitpunkt, zu dem das Medizinprodukt dem Endanwender als ein Erzeugnis zur Verfügung gestellt worden ist.
  • In-Stand-Halten.

3. Technische und medizinische Anforderungen an Medizinprodukte

Das MPG setzt eine Reihe von technischen und medizinischen Anforderungen an Medizinprodukte.

a) Klinische Bewertung / Leistungsbewertung

Bei erstmaligem Inverkehrbringen eines Medizinproduktes wird zunächst eine klinische Bewertung / Leistungsbewertung gemäß §§ 19 ff. MPG durchgeführt, um die Eignung des Medizinproduktes für den vorgesehenen Verwendungszweck zu belegen.

b) Konformitätsbewertungsverfahren

Anschließend wird ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt. In diesem Verfahren wir geprüft, ob das Medizinprodukt die in § 7 MPG geregelten grundlegenden Anforderungen erfüllt. Danach muss das Produkt zunächst einer der drei Richtlinien zugeordnet werden, denn je nach Art des Medizinprodukts werden die grundlegenden Anforderungen in den jeweiligen Richtlinien geregelt:

  • für aktive implantierbare Medizinprodukte : Anhang 1 der Richtlinie 90/385/EWG
  • für In-vitro-Diagnostika: Anhang I der Richtlinie 98/79/EG
  • für sonstige Medizinprodukte: Anhang  I der Richtlinie 93/42/EWG.

Diese Normen sind bereits herstellerseitig einzuhalten, weshalb hier nicht weiter auf den genauen Inhalt eingegangen wird.

c) CE-Kennzeichnung

Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes ist der Handel mit Medizinprodukten grundsätzlich nur dann erlaubt, wenn diese vom Hersteller mit einem gültigen CE-Kennzeichen versehen sind.

Die Voraussetzungen für eine solche Kennzeichnung sind (§ 6 Abs. 2 MPG):

  • Erfüllung der „Grundlegenden Anforderungen“ gem. § 7 MPG (s.o.)
  • Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens
  • Bei Produkten, dessen Hersteller seinen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat, bedarf es eines, für das jeweilige Medizinprodukt verantwortlichen, Bevollmächtigten innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums
  • ggf. Erfüllung weitere Anforderungen aus anderen Normen (z.B. RöntgenV, GefahrgutV); diese bleiben vom MPG ausdrücklich unberührt (§ 6 Abs. 2, Abs. 3 MPG)

Folgende Produkte sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen: (§ 6 Abs. 1 MPG):

  • Sonderanfertigungen (vgl. § 3 Nr. 8 MPG) z.B. Brillen. Laut dem BGH dürfen Sonderanfertigungen nur bei Vorlage einer Individualrezeptur in Apotheken angefertigt werden. Bei Anfertigung auf eine Praxisbedarfsverschreibung liege dagegen ein „normales“ Medizinprodukt vor und demnach sei die Anbringung einer CE-Kennzeichnung erforderlich (BGH vom 09.07.2009, Az. I ZR 193/06).
  • Medizinprodukte aus Eigenherstellung (vgl. § 3 Nr. 21 MPG; gilt nur für medizinische Einrichtungen, z.B. Kliniken, Arztpraxen etc.)
  • Medizinprodukte, für die gem. § 11 Abs. 1 MPG eine Ausnahmegenehmigung vorliegt
  • Medizinprodukte, die zur klinischen Prüfung (§ 19 ff. MPG) bestimmt sind
  • In-vitro-Diagnostika, die zur Leistungsbewertungsprüfung (§ 24 MPG) bestimmt sind.

Besondere Vorschriften für die Verwendung und Anbringung des CE-Kennzeichens sind in § 9 MPG enthalten. Für den Handel ist hierbei zu beachten:

  • Zeichen oder Aufschriften, die geeignet sind, Dritte bezüglich der Bedeutung oder der graphischen Gestaltung der CE-Kennzeichnung in die Irre zu leiten, dürfen nicht angebracht werden (§ 9 Abs. 1 MPG).
  • Sonstige Zeichen dürfen auf dem Medizinprodukt, der Verpackung oder der Gebrauchsanweisung angebracht werden, sofern sie die Sichtbarkeit und Lesbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigen (§ 9 Abs. 1 MPG).
  • Die CE-Kennzeichnung muss deutlich sichtbar, gut lesbar und dauerhaft auf dem Medizinprodukt, auf der Handelspackung (falls vorhanden) sowie auf der Gebrauchsanweisung angebracht sein (§ 9 Abs. 3 MPG).
  • Der CE-Kennzeichnung muss die Kennnummer der Benannten Stelle beigefügt sein, die an der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens beteiligt war, das zur Berechtigung zur Anbringung der CE-Kennzeichnung geführt hat. Ist für ein Medizinprodukt ein Konformitätsbewertungsverfahren vorgeschrieben, das nicht von einer Benannten Stelle durchgeführt werden muss, darf keine Kennnummer beigefügt sein (§ 9 Abs. 3 MPG).
  • Bei Medizinprodukten, die eine CE-Kennzeichnung tragen müssen und in sterilem Zustand in den Verkehr gebracht werden, muss die CE-Kennzeichnung auf der Steril-Verpackung und ggf. auf der Handelspackung angebracht sein (§ 9 Abs. 3 MPG).
  • Auf dem Medizinprodukt selbst muss die CE-Kennzeichnung nicht angebracht werden, wenn es zu klein ist, seine Beschaffenheit dies nicht zulässt oder es nicht zweckmäßig ist (§ 9 Abs. 3 MPG).

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass reine Händler nicht verpflichtet sind, die Ordnungsmäßigkeit der CE-Kennzeichnung auf Industrieerzeugnissen (auch Medizinprodukte) zu überprüfen (EuGH vom 08.09.2005, Az. C-40/04). Haften müssen allerdings Händler, die  nicht „Bevollmächtigter“ im Sinne des § 5 MPG sind (siehe unten 5.b)). Für Hersteller von Medizinprodukten hat dieses Urteil keine rechtlichen Konsequenzen.

Bitte beachten Sie ebenfalls die Rechtsprechung zur Werbung mit dem CE-Zeichen:

Das LG Stendal hat einem Online-Händler untersagt, für Schutzhandschuhe mit der Aussage "CE-geprüft" zu werben (Urteil vom 13.11.2008, Az. 31 O 50/08). Dieses Urteil kann auf Werbung für Medizinprodukte übertragen werden, da die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Schutzhandschuhen (nach der EG-Richtlinie über Persönliche Schutzausrüstungen 89/686/EWG) denen für Medizinprodukte sehr ähneln.
„Bei den CE-Kennzeichen handelt es sich um eine Eigenerklärung des Herstellers, mit dem dieser die Konformität des Produkts mit geltenden europäischen Richtlinien bestätigt. Das CE-Kennzeichen ist kein Qualitätskennzeichen, sondern eine Art Warenpass“, so die Richter. Durch den Hinweis „CE-geprüft“ wäre fälschlicherweise der Eindruck erweckt worden, eine neutrale Stelle habe die Prüfung vorgenommen und das gekennzeichnete Produkt gewährleiste eine besondere Sicherheit, was angesichts des vom Gesetzgeber vorgegebenen Inhalts des CE-Zeichens nicht der Fall sei. Somit habe der Händler gegen das UWG verstoßen.

4. Klassifizierung von Medizinprodukten

Medizinprodukte mit Ausnahme von In-vitro-Diagnostika und aktiven implantierbaren Medizinprodukten (Herzschrittmacher etc.) werden Klassen zugeordnet (§ 13 Abs. 1 MPG; die Klassifizierung erfolgt nach Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG).

Die Einteilung der Klassen erfolgt hierbei in drei Klassen (I, IIa, IIb, III) jeweils gestaffelt nach Anwendungsrisiko. Die Klassifizierung muss für jedes einzelne Medizinprodukt in einem aufwändigen Verfahren mit verschiedenen Risikoabwägungen vorgenommen werden. Eine exemplarische Übersicht mit einzelnen Beispielen:

Klasse I: kein bis minimales Anwendungsrisiko

  • geringe oder keine Invasivität, nur vorübergehende Anwendung
  • z.B. ärztliche Instrumente, Verbandmaterial, Rollstühle, Klinikbetten

Klasse IIa: geringes Anwendungsrisiko

- mäßige Invasivität, kurzzeitige Anwendung am/im menschlichen Körper, z.B. Sonographen, Endotrachealtuben, Desinfektionsmittel, Kontaktlinsen, Hörgeräte

Klasse IIb: erhöhtes Anwendungsrisiko

  • invasive Anwendung bzw. direkte Wirkung auf den menschlichen Körper, lange Anwendungszeit, auch: noninvasive Kontrazeptiva
  • z.B. Defibrillatoren, Beatmungsgeräte, Dentalimplantate, Kondome

Klasse III: hohes Anwendungsrisiko

  • invasive und langfristige Anwendung, direkte Anwendung bzw. Wirkung an lebenswichtigen Organen, auch: invasive Kontrazeptiva
  • z.B. Implantate, Herzkatheter, Intrauterinpessare.

5. Informative Pflichten sowie Anzeigepflichten des „Verantwortlichen“

a) Der „Verantwortliche

Nach § 5 Satz 1 MPG ist grundsätzlich der Hersteller oder sein Bevollmächtigter der Verantwortliche für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten.

Gem. § 5 Satz 2 MPG kann auch der Einführer der „Verantwortliche“ sein, mit der Folge, dass bestimmte Pflichten des Herstellers dann ihn treffen. Dies ist dann der Fall, wenn:

  • der Hersteller des importierten Medizinprodukts seinen Sitz nicht innerhalb der EU hat und auch keinen Bevollmächtigten innerhalb der EU benannt hat oder
  • Medizinprodukte vom Einführer selbst und nicht unter der Verantwortung des Bevollmächtigten in die EU eingeführt werden.

b) Pflichten des Verantwortlichen

Den Verantwortlichen treffen folgende Pflichten:

  • Der Name oder die Firma und die Anschrift des Verantwortlichen müssen in der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes enthalten sein.
  • Der Verantwortliche muss den Import von Medizinprodukten (Ausnahme: Sonderanfertigungen) vor Aufnahme der Tätigkeit unter Angabe seiner Anschrift der zuständigen Behörde anzeigen (§ 25 Abs. 1 MPG).
  • Beim Import von In-vitro-Diagnostika hat der Verantwortliche der zuständigen Behörde unter Angabe seiner Anschrift vor Aufnahme der Tätigkeit umfangreiche Angaben bezüglich Inhaltsstoffen, Leistungsmerkmalen etc. zu machen (§ 25 Abs. 3 MPG).
  • Nachträgliche Änderungen der jeweiligen Angaben sowie eine Einstellung des Inverkehrbringens sind unverzüglich anzuzeigen (§ 25 Abs. 4 MPG).
  • Medizinprodukte dürfen nur an den Anwender abgegeben werden, wenn die für ihn bestimmten Informationen in deutscher Sprache abgefasst sind, § 11 Abs. 2 MPG. Ausnahmen sind möglich, wenn die Unterrichtung des Anwenders durch andere Maßnahmen gewährleistet wird, solange zumindest die sicherheitsbezogenen Informationen in deutscher Sprache oder in der Sprache des Anwenders vorliegen.
  • Ein Importeur, der aus Frankreich importierte Medizinprdukte ohne deutschsprachige Umverpackung und Gebrauchsanweisung in Deutschland an einen Zwischenhändler zum Zwecke des Weiterexports in französischsprachige Länder abgibt, muss sicherstellen, dass die Waren tatsächlich weiterexportiert und nicht an Endverbraucher in Deutschland abgegeben werden (BGH vom 17.07.2008, Az. I ZR 133/07).
  • Näheres regelt außerdem eine Rechtsverordnung nach § 37 Abs. 8 MPG (§ 25 Abs. 6 MPG).

6. Verbote des Inverkehrbringens und Betreibens

Das Inverkehrbringen und Betreiben folgender Medizinprodukte ist grundsätzlich verboten:

  • Medizinprodukte, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechender Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinausgehend unmittelbar oder mittelbar gefährden (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG)
  • Medizinprodukte, bei denen das Datum abgelaufen ist, bis zu dem eine gefahrlose Anwendung nachweislich möglich ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 MPG)
  • Medizinprodukte, die mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind (§ 4 Abs. 2 MPG). Eine solche Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 MPG) und/oder fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 MPG und/oder zur Täuschung über die in den Grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG festgelegten Produkteigenschaften geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Medizinproduktes mitbestimmend sind.

7. Verbotene Zugaben und Rabatte nach § 7 HWG

§ 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) reglementiert Zuwendungen und Werbegeschenke für den Bereich der Medizinprodukte:

  • § 7 Abs. 1 HWG untersagt es, „Zuwendungen [...] anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen“, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand eingreift.
  • § 7 Abs. 1 HWG gilt aber nicht in folgendem Fall: „Für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.“ (§ 7 Abs. 2 HWG)
  • Ferner ist es „unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.“ (§ 7 Abs. 3 HWG).

Erfasst von § 7 HWG sind alle „geldwerten Vorteile“, die den Absatz von medizinischen Produkten fördern sollen und unentgeltlich gewährt werden.
Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des BGH, der die Werbeprämie eines Augenoptikers, der seine Kunden in

einem Werbeblatt dazu aufgefordert hatte, neue Kunden für Gleitsichtgläser gegen eine Prämie von 30 € zu werben, für unzulässig erklärte (BGH vom 06.07.2006, Az. I ZR 145/03).
Der Anwendungsbereich des § 7 HWG ist weit zu fassen: „Das Ausloben und Gewähren von Prämien für den Bezug von Medizinprodukten stellt beim Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des §7 Abs.1 HWG eine produktbezogene und daher nach §§ 1 Abs.1 Nr. 1a, 7 HWG verbotene Werbung dar unabhängig davon, ob die für die Gewährung der Prämien erforderlichen Prämienpunkte allein für genau benannte Medizinprodukte, für eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Medizinprodukten oder sogar für das gesamte, neben Medizinprodukten auch andere Produkte umfassende Sortiment angekündigt wird.“ (BGH vom 26.03.2009, Az. I ZR 99/07).

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserem Beitrag „Verkauf von Medizinprodukten: Verbotene Zugaben und Rabatte nach § 7 HWG “.

8. Sonstige Anforderungen beim Be- und Vertrieb von Medizinprodukten

Medizinprodukte dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte und Dritte gefährdet werden können. Für genauere Anforderungen an das Errichten, Betreiben, Anwenden und In-Stand-Halten von Medizinprodukten ist § 37 Abs. 5 der Rechtsverordnung zu beachten (§ 14 MPG).

Zudem sind folgende Sonderposten einzurichten:

a) Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte

Wer als Verantwortlicher seinen Sitz in Deutschland hat, muss eine Person mit erforderlicher Sachkenntnis (für die Kriterien siehe § 30 Abs. 3 MPG) und der erforderlichen Zuverlässigkeit als Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte bestimmen (§ 30 Abs. 1 MPG). Der Sicherheitsbeauftragte hat bekannt gewordene Meldungen über Risiken bei Medizinprodukten zu sammeln, zu bewerten und die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren.
Der Verantwortliche hat, soweit er nicht ausschließlich mit Sonderanfertigungen handelt, der zuständigen Behörde den Sicherheitsbeauftragten sowie jeden Wechsel in der Person unverzüglich anzuzeigen (§ 30 Abs. 2 MPG).

b) Medizinprodukteberater

Die fachliche Information bzw. sachgerechte Einweisung in Medizinprodukte darf nur durch ausreichend sachkundige und erfahrene Medizinprodukteberater vorgenommen werden. Dies gilt z.B. auch für die Beratung im Rahmen einer Kunden-Hotline. Dementsprechend kann es für Händler notwendig sein, einen oder mehrere Medizinprodukteberater zu beschäftigen.
Die Qualifikation und Tätigkeit eines Medizinproduktberaters bestimmt sich nach § 31 Abs. 2-4 MPG.

9. Sanktionen bei Verstoß gegen MPG-Normen

Das MPG enthält in den §§ 40 ff. ein eigenes, aus Straf- und Ordnungsvorschriften bestehendes Sanktionssystem, in dem Verstöße gegen die übrigen Vorschriften des MPG mit teilweise empfindlichen Strafen und Bußen belegt werden.

Einzelne Straftaten (§§ 40, 41 MPG insb. Verstöße gegen die Verbote des Inverkehrbringens oder gegen die Vorschriften über die CE-Kennzeichnung) werden in schweren Fällen (z.B. bei Gefährdung der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen) mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren geahndet; Ordnungswidrigkeiten (§ 42 MPG) sind mit einer Geldbuße bis zu € 25.000,- bedroht.

Außerdem können Gegenstände, auf die sich eine solche Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezieht, eingezogen werden (§ 43 MPG).

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3 Kommentare

G
Gabriele 10.01.2021, 12:07 Uhr
Hörgeräte Verkauf
Die Frage von Franziska erinnert mich an folgendes:
Als mein Vater 1991 starb, habe ich seine Brillen beim Optiker abgegeben als Spende für Afrika.
Als meine Mutter 2005 starb, wollte ich ihr Hörgerät beim Akustiker abgeben "für Afrika". Aber er wollte es nicht annehmen und sagte, ich brauche es auch nirgendwo anders zu versuchen, denn die Hörgeräte würden für ihren Träger eigens programmiert und es sei gesetzlich verboten, Hörgeräte weiterzugeben.
Stimmt das wirklich? Tragen unsere Gesetze zu Ressourcenverschwendung bei?
F
Franziska 04.10.2012, 17:44 Uhr
weiter verkauf
Guten Tag

ist es setzlich erlaubt gebrauchte Hörgeräte von einem privaten anweder einem anderen pricaten anwender weiter zuverkaufen??

gruß franziska
M
Markus 06.04.2011, 13:53 Uhr
Verkauf an Privatanwender
Vielen Dank für diese lesbare Zusammenfassung.

Eine Frage bleibt für mich offen:

Gilt das MPG-Gesetz auch wenn das Gerät (mit CE) von einer privat Person gekauft und angewendet wird? Also keine gewerbliche Anwendung bzw. gegen Geld sondern nur für den Käufer selbst.

§1 MPG: (2) Diese Verordnung gilt nicht für Medizinprodukte, die weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienen und in deren Gefahrenbereich keine Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Vielen Dank

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