Haftung des Händlers für versteckte Mängel nach französischem Recht

Haftung des Händlers für versteckte Mängel nach französischem Recht
15.11.2024 | Lesezeit: 4 min

Die Mängelhaftung des Händlers gegenüber Verbrauchern ist im französischen Recht weitgehend ausgestaltet wie im deutschen Recht. Das französische Recht kennt allerdings zusätzlich die Besonderheit einer eigenen Anspruchsgrundlage des Käufers gegen den Händler für versteckte Mängel. Diese Sonderhaftung soll in diesem Beitrag näher dargestellt werden.

1) Haftung für versteckte Mängel

Ansprüche wegen versteckter Mängel können nicht nur von Verbrauchern, sondern von jedem Käufer geltend gemacht werden. Die einschlägigen Vorschriften sind nicht im französischem Verbrauchergesetz (Code de la Consommation) sondern im französischen bürgerliches Gesetzbuch (Code Civil) enthalten.

Art. 1641 Code Civil
Le vendeur est tenu de la garantie à raison des défauts cachés de la chose vendue qui la rendent impropre à l'usage auquel on la destine, ou qui diminuent tellement cet usage, que l'acheteur ne l'aurait pas acquise, ou n'en aurait donné qu'un moindre prix, s'il les avait connus.

Zu Deutsch:

Art. 1641 Zivilgesetzbuch
Der Händler ist verpflichtet, die Garantie für versteckte Mängel der verkauften Sache zu erbringen, die diese für den vorgesehenen Zweck ungeeignet machen oder deren Gebrauch so stark beeinträchtigen, dass der Käufer sie nicht erworben oder nur einen geringeren Preis dafür gezahlt hätte, wenn er sie gekannt hätte.

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2) Voraussetzungen der Haftung für versteckte Mängel

Ansprüche wegen versteckter Mängel kommen unter folgenden Voraussetzungen in Betracht:

  • Es muss ein versteckter Mangel vorliegen. Hierunter fallen Fehler einer Ware oder eines Produkts, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.
  • Der versteckte Mangel macht die Ware oder das Produkt für den vorgesehenen Zweck ungeeignet oder beeinträchtigt diesen Zweck so sehr, dass der Käufer die Ware oder das Produkt nicht oder zu einem geringeren Preis gekauft hätten, wenn er von dem Mangel gewusst hätte.
  • Der Mangel muss zum Zeitpunkt des Kaufs bestanden haben.

3) Haftung bei Kenntnis des Händlers

Der Umfang der Haftung des Händlers hängt davon ab, ob er den Mangel bei Vertragsschluss kannte oder nicht.

Hatte der Händler keine Kenntnis von dem Mangel, muss er dem Käufer den Kaufpreis zurückerstatten und für dessen Kosten, die durch den Kauf der Ware entstanden sind, aufkommen (Art. 1646 Code Civil). Er haftet dem Käufer gegenüber aber nicht auf Schadensersatz.

Hatte der Händler dagegen Kenntnis von dem Mangel, schuldet er nicht nur die Rückerstattung des Kaufpreises, sondern zusätzlich auch Ersatz für die durch den Mangel der Ware ausgelösten Schäden (Art 1645 Code Civil). Solche Schadenersatzansprüche können greifen, wenn die mit einem versteckten Mangel behaftete Ware Schäden an anderen Rechtsgütern ausgelöst hat.

Beispiel: Ein Akku entzündet sich, fängt Feuer und löst einen Brand aus, der sich auf Nachbarhäuser ausweitet.

Die französischen Gerichte haben die Vorschrift des Art. 1645 Code Civil entgegen seinem Wortlaut allerdings so ausgelegt, dass dieser eine nicht widerlegbare Vermutung beinhalte, wonach der Händler den Mangel bei Verkauf der Ware gekannt habe. Er kann daher nicht den Beweis seiner Unkenntnis antreten (Cour de cassation, civile, Chambre commerciale, 17 janvier 2024, 21-23.909, Publié au bulletin). Dies gilt allerdings nur für gewerbliche Händler.

Il résulte de l'article 1645 du code civil une présomption irréfragable de connaissance par le vendeur professionnel du vice de la chose vendue, qui l'oblige à réparer l'intégralité de tous les dommages qui en sont la consequence.

Zu Deutsch:

Aus Artikel 1645 des Zivilgesetzbuches ergibt sich eine unwiderlegbare Vermutung, dass der gewerbliche Händler den Mangel der verkauften Sache kennt, was ihn dazu verpflichtet, alle Schäden, die daraus entstehen, vollständig zu ersetzen.

Nach der Rechtsprechung des Cour de Cassation unterliegt der Händler so einer Art Produkthaftung, die es in dieser Form nach deutschem Recht nicht gibt.

4) Informationspflicht des Händlers

Gemäß Art. L111.1 Numéro 5, Code de la Consommation muss der Händler den Verbraucher in seinen AGB u. a. auch über die Voraussetzungen einer Haftung für versteckte Mängel informieren. Die Nichtbeachtung kann nach französischem Recht Sanktionen gegen den Händler auslösen.

Tipp: Die IT-Recht Kanzlei bietet im Rahmen ihrer Schutzpakete auch Rechtstexte nach französischem Recht an, welche die vorgenannten Informationen berücksichtigen.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

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