Rückversand teurer Ware – welche Risiken tragen Händler?

Rückversand teurer Ware – welche Risiken tragen Händler?
Stand: 19.12.2024 7 min

Kann ein Händler bei Rücksendungen nach Widerruf versicherten Versand verlangen, oder trägt er das Risiko unversicherter Verluste? Besonders bei hochwertigen Waren ist diese Frage entscheidend.

Grundsätzliche Rechtslage beim Widerruf

1. Gesetzliche Risikoverteilung beim Rückversand nach Widerruf

Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB trägt im Falle des Widerrufs beim Verbrauchsgüterkauf der Händler das Risiko für den Rückversand. Das bedeutet, dass er für Schäden oder den Verlust auf dem Rückweg haftet, auch wenn der Verbraucher die Rücksendung organisiert.

Ziel dieser Regelung ist es, den Verbraucher von den Risiken des Rückversands zu entlasten und ihm eine unkomplizierte Rückabwicklung zu ermöglichen.

So soll der Verbraucher auch nicht auf einen versicherten Rückversand eingehen müssen, da die Versicherungskosten zu seinen Lasten gehen würden, während der eigentliche Nutzen dem Unternehmer zukäme. Eine Rücksendung per Standardversand ist für den Verbraucher in den meisten Fällen günstiger als ein versicherter Versand, und das Gesetz verlangt nicht, dass der Verbraucher über den Standardversand hinausgehende Kosten zu tragen hat.

Die Wahl einer versicherten Versandart könnte daher als unzumutbare finanzielle Belastung angesehen werden, zumal der Verbraucher nach § 355 Abs. 3 BGB bereits für die Rücksendung an sich verantwortlich ist.

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2. Rückgewährpflicht des Verbrauchers

Der Verkäufer hat die an ihn geleistete Sache an den Unternehmer zurückzuliefern, sei es durch Paket oder – bei nicht versandfähigen Sachen – durch ein Logistikunternehmen. Dabei muss er eine geeignete Verpackung verwenden, nicht jedoch notwendigerweise die Originalverpackung (so die Gesetzesbegründung zu § 355 Abs. 3 BGB) . Die Rückgewähr erfolgt grundsätzlich auf Kosten des Verbrauchers, dagegen trägt der Unternehmer gemäß § 355 Abs. 3 S.4 BGB stets die Gefahr der Rücksendung, das heißt der Verbraucher wird auch bei Untergang oder Verschlechterung der Sache von seiner Rückgewährpflicht frei.

Es handelt sich hierbei um eine Schickschuld, die den Erfüllungsort nicht verändert. Die Parteien können zugunsten des Verbrauchers die Abholung durch den Unternehmer vereinbaren. Aus der Schickschuld wird dann eine Holschuld. Der Unternehmer kommt durch das Rücknahmeverlangen in Annahmeverzug, sodass der Verbraucher nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet.

3. Verletzung einer (Neben-)pflicht aus dem Rückgewährschuldverhältnis

Grundsätzlich kann dem Verbraucher ein Mitverschulden angelastet werden, wenn er eine Verpackung oder Versandmethode wählt, die ein inhärentes Risiko dafür birgt, dass eine ordnungsgemäße Zustellung ohne Substanzbeeinträchtigung unter normalen Bedingungen überhaupt möglich ist und somit das Risiko einer ordnungsgemäßen Zustellung erheblich erhöht, zum Beispiel durch Druck auf die Verpackung oder fehlende Verschlusssicherheit.

Eine ungeeignete Versandart kann als Verletzung der Obhutspflichten gewertet werden, die im Rückgewährschuldverhältnis bestehen. Diese Nebenpflichten umfassen unter anderem die Pflicht zur pfleglichen Behandlung der Ware, um Beschädigungen zu verhindern, solange sie im Einflussbereich des Verbrauchers liegt. Wird die Ware aufgrund einer unzureichenden Versandart oder Verpackung beschädigt, könnte der Verkäufer Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen dieser Pflichtverletzung verlangen.

So wäre beispielsweise der Versand einer Rolex-Uhr als unversichertes Paket grundsätzlich zumutbar, solange die Verpackung sicher verschlossen und für den Transport geeignet ist. Eine offensichtlich unsichere Verpackung, wie zum Beispiel ein einfacher Briefumschlag oder eine nicht reißfeste Tüte, könnte hingegen als pflichtwidrig angesehen werden und im Schadensfall ein Mitverschulden des Verbrauchers begründen. Solange jedoch eine ordnungsgemäße Zustellung unter gewöhnlichen Umständen möglich ist, gilt auch ein unversicherter Standardversand als ausreichend.

Einen vertiefenden Beitrag zu dem gesetzlichen Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs. 2 BGB des Verbrauchers in Bezug auf die Wahl einer ordnungsgemäßen Verpackung und angemessenen Versandmethode sowie Muster zur Schadensersatzforderung wegen Beschädigung durch unsachgemäße Verpackung und Einbehalt des Kaufpreises nach Warenverlust wegen unangemessener Rücksendemethode finden Sie hier.

OLG Düsseldorf: Zwingende Abholung bei Widerruf in AGBs zulässig und nicht wettbewerbswidrig

In seinem Urteil vom 13.11.2014 (Az.: I-15-U 46/14) entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass ein Online-Versandhändler in seinen AGB festlegen kann, dass nach einem Widerruf eine zwingende Abholung der Ware stattfindet, ohne dass dies als wettbewerbswidrig anzusehen ist.

Was war geschehen?

Ein Internet-Versandhändler regelte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass hochwertige Schmuckstücke nach Erklärung des Widerrufs durch den Verbraucher kostenlos abzuholen sind. Die Abholung sollte nach Wunsch des Verbrauchers montags bis freitags innerhalb eines Zeitfensters von zwei Stunden erfolgen. Zudem sollte die Ware in einer mitgelieferten Versandtasche verpackt sein. Eine Rücksendung durch den Verbraucher war in den AGB nicht vorgesehen:

"Rückgabe hochwertiger Uhren und Schmuck: Bei hochwertigen Uhren und Schmuck ist ein besonderer – kostenloser – Abholservice zur Rücksendung nötig. Die Rücksendung ist versichert und kann verfolgt werden. Wichtig: Benutzen Sie zur Rücksendung ausschließlich die Versandtasche und die Rückgabeunterlagen, die Sie mit der hochwertigen Ware erhalten haben. (...) Hinweis: Der Retourenversand dieser Artikel ist nur mit der mitgelieferten Versandtasche möglich! (...) Unser Kundenservice wird Sie kontaktieren, um den Termin zu bestätigen oder einen alternativen Termin vorzuschlagen. (...)"

Ein Verein zur Förderung gewerblicher Interessen und des lauteren Wettbewerbs hielt die Klausel für wettbewerbswidrig und klagte auf Unterlassung. Das Widerrufsrecht werde unangemessen eingeschränkt. Ein Verbraucher sei nicht verpflichtet, einen kostenlosen Abholservice in Anspruch zu nehmen oder eine Versandtasche zu verwenden. Auch die Wartezeit von zwei Stunden sei unzulässig.

So hat das OLG Düsseldorf entschieden

Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab dem Online-Hänlder Recht und hob die erstinstanzliche Entscheidung auf. Dem Verband stehe kein Unterlassungsanspruch zu, da die fragliche Klausel des Internetversandhändlers nicht wettbewerbswidrig sei.

Nach Auffassung des Gerichts entspricht eine zwingende Abholung zwar nicht der gesetzlichen Regelung des § 355 Abs. 5 BGB, da nach dieser Vorschrift dem Verbraucher auch bei einem Abholangebot des Unternehmers die Möglichkeit der Rücksendung verbleibt. Trotz dieser Feststellung wurde jedoch kein Wettbewerbsverstoß festgestellt.

Vielmehr wird die Abholung als vorteilhafter angesehen, da der Verbraucher bei ordnungsgemäßer Belehrung im Falle der Rücksendung die Rücksendekosten zu tragen hat, was bei der Abholung nicht der Fall ist. Außerdem kann der Unternehmer nach § 357 Abs. 4 BGB die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgesandt hat. Auch dies entfällt bei einer Abholung durch den Unternehmer.

Die Verpflichtung zur Verwendung der Versandtasche stellt nach Ansicht des Gerichts ebenfalls keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers gemäß § 307 BGB dar, da der Versandhändler die Versandtasche mit der Ware geliefert hat und der Verbraucher diese bei Bedarf jederzeit anfordern konnte. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sowohl die Rücksendung als auch die Abholung der Ware eine aktive Mitwirkung des Verbrauchers erfordere, die diesem grundsätzlich zuzumuten sei.

Auch die verbindliche Vorgabe eines Zeitfensters für die Abholung stelle keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers dar, da dies nicht willkürlich vom Unternehmer vorgegeben werde, sondern vielmehr eine Terminvereinbarung des Verbrauchers voraussetze, der Datum und Uhrzeit der Abholung bestimmen könne. Dabei sei ein Zeitfenster von zwei Stunden nicht belastend, da der Verbraucher dieses Zeitfenster flexibel von Montag bis Freitag wählen könne. Außerdem würden etwaige Nachteile für den Verbraucher durch die Vorteile des Abholservices aufgewogen.

Fazit

Der Verbraucher trägt bei einem Widerruf nicht das Transportrisiko für die Rücksendung und kann daher nicht verpflichtet werden, die Ware versichert zurückzusenden. Allerdings können Online-Händler bei hochwertigen Produkten wie Schmuck in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Abholpflicht nach Widerruf vorsehen, um den Verlust der Ware infolge eines unversicherten Versands durch den Verbraucher vorzubeugen.

Das OLG Düsseldorf sah in der Abholung im Widerrufsfall einen Vorteil für den Verbraucher, da unter anderem die Rücksendekosten entfallen. Weder die Pflicht zur Verwendung einer Versandtasche noch ein frei wählbares zweistündiges Zeitfenster für die Abholung stellen nach Auffassung des Gerichts eine unzumutbare Belastung dar.

Damit werde dem Interesse der Unternehmer an einer kontrollierten Rückabwicklung Rechnung getragen, ohne die Verbraucher unangemessen zu benachteiligen.

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Bildquelle: Rainbow_dazzle / shutterstock.com

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