Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß: Störer-Haftung für Google-AdWords-Kampagne beginnt mit der Kenntnis der rechtswidrigen Umstände

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß: Störer-Haftung für Google-AdWords-Kampagne beginnt mit der Kenntnis der rechtswidrigen Umstände
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von Alexander Holzer
28.06.2017 | Lesezeit: 5 min

Bei der Frage, ob eine Google AdWords-Anzeige rechtmäßig ist, kommt es nicht darauf an, ob der Anzeigen-Text vom Inserenten oder von Google erstellt wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob der durchschnittliche Internetnutzer den Eindruck einer kennzeichenmäßigen Benutzung durch den AdWords-Inserenten hat - unabhängig davon, wer die Überschrift über der Anzeige tatsächlich platziert. Dennoch haftet der Verfasser der Anzeige nicht pauschal. Das OLG Schleswig legte kürzlich einige Kriterien zum Umgang mit Keywords fest (Urteil v. 22.03.2017 - Az.: 6 U 29/15).

Die Beklagte warb mit einer Google Adwords-Anzeige für ihr Unternehmen. Google platzierte darüber den Hinweis "Anzeige zu Wheel Clean Tec". Wenn man in die Google-Suchleiste “Wheel Clean Tec” eingab, erschien also die Anzeige der Beklagten. Die Klägerin hatte sich diese geschäftliche Bezeichnung schützen lassen. Bei beiden Unternehmen handelt es sich um Dienstleister auf dem Gebiet der Felgenpflege in der Nähe von Glücksburg in Schleswig-Holstein. Daher befürchtete die Klägerin, dass durch die Überschrift, die örtliche Nähe der Unternehmen zueinander sowie die Bezeichnung "Felgendoktor Glücksburg" die Gefahr bestehe, dass der durchschnittlich informierte Internetnutzer einen unternehmerischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den beiden vermuten könnte. Sie wies die Beklagte im Dezember 2013 auf den Verstoß hin. Diese ließ den Begriff "Wheel Clean Tec" aber erst am 26. Februar 2014 auf die sog. Blacklist setzen. Also warf die Klägerin ihr vor, den Google-Algorithmus entsprechend beeinflusst zu haben. Das Landgericht schloss sich dieser Auffassung an und sprach der Klägerin einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, 4 MarkenG zu.

Unterlassungsurteil im Ergebnis bestätigt

Auch nach Auffassung des OLG steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG zu.
Nach § 15 Abs. 2 ist es Dritten untersagt, die geschäftliche Bezeichnung eines anderen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Nach § 15 Abs. 4 MarkenG kann der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung denjenigen, der dies dennoch tut, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Die Klägerin nutzte den Terminus "Wheel Clean Tec". Dabei handelte es sich um ihre im Handelsregister eingetragene Firma. Diese ist ein Unternehmenskennzeichen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG.

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Kein Missbrauch von Unternehmenskennzeichen

Die Beklagte hat diese geschäftliche Bezeichnung ohne die Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr benutzt. Dies setzt eine sog. kennzeichenmäßige Verwendung voraus und zwar unter Einbeziehung des markenmäßigen Gebrauchs für Waren und Dienstleistungen als Unterfall kennzeichenmäßiger Benutzung. Das angegriffene Zeichen muss danach aus der Perspektive eines durchschnittlichen Verbrauchers als Hinweis auf das Unternehmen oder die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstanden werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) liegt in der Verwendung des Kennzeichens eines Dritten als Keyword im Ausgangspunkt eine kennzeichenmäßige Verwendung. Dieses Keyword wird nämlich in der Werbung eingesetzt , um dem Internetnutzer eine Alternative zu den Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers vorzuschlagen.

"Die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen."

Dabei kann es bereits ausreichen, dass die Anzeige so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder mit diesem verbunden ist.

Who is who?

Durch die Adword-Kampagne der Beklagten ist bei Eingabe des Suchbegriffs "Wheel Clean Tec" im Suchfeld der Suchmaschine „Google" eine mit "Anzeige zu wheel clean tec" überschriebene Anzeige der Beklagten erschienen. Die Beklagten haben das Unternehmenskennzeichen des Klägers nach diesem Erscheinungsbild für Waren und Dienstleistungen benutzt, indem sie ihre Werbung an die Verwendung des Kennzeichens geknüpft haben. Die Herkunftsfunktion war beeinträchtigt, da für den durchschnittlichen Internetnutzer nicht erkennbar war, ob eine geschäftliche Verbindung zwischen den Beklagten und dem Kläger besteht. Die angezeigte Überschrift legt eine solche Verbindung nahe. Auch die weitere Aufmachung und der Inhalt der Anzeige widerlegte diesen Eindruck nicht.

Gerade deshalb sah das Gericht auch die Gefahr der Verwechslung als gegeben an. Zwar war die Anzeige räumlich von den Suchergebnissen abgeteilt, doch enthielt sie die Überschrift "Anzeige zu wheel clean tec". Aus Sicht eines durchschnittlich informierten Internetnutzers erweckte das den Eindruck, dass die Anzeige eine solche des Klägers ist. Dies ist ein maßgeblicher Unterschied zu den Fällen, in denen lediglich die Überschrift "Anzeigen" vorhanden ist. In diesen nimmt der Bundesgerichtshof regelmäßig keine Verwechslungsgefahr an.

Keine pauschale Haftung für fremdes Verhalten

Allerdings kann der Ersteller einer Google-Anzeige nicht bereits deshalb als Verletzer im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG angesehen werden, weil die Adword-Kampagne im Ergebnis zu der streitgegenständlichen Anzeige führte. Verletzer einer Unterlassungspflicht ist lediglich derjenige, der durch seine eigene Handlung unmittelbar als Normadressat den objektiven Tatbestand der Verletzungshandlung adäquat kausal verwirklicht.
Hier war davon auszugehen, dass die Anzeige auf einen von Google verwendeten Algorithmus zurückzuführen ist, ohne dass dies von den Beklagten bezweckt war oder von ihnen hätte vorhergesehen werden können. Die Verwendung von Keywords ist nur dann eine Verletzungshandlung, wenn dadurch der Algorithmus gezielt ausgenutzt werden soll. Das ist hier nicht der Fall gewesen.

Dennoch wurden Beklagten als Störer in Anspruch genommen. Sie hatten nämlich trotz des Hinweises des Klägers im Dezember 2013, dass die Anzeige der Beklagten bei Eingabe des klägerischen Unternehmenskennzeichens erscheine, den Begriff "Wheel Clean Tec" erst am 26. Februar 2014 auf die sog. Blacklist setzen lassen. Selbst das kann nur als Zeichen des guten Willens gewertet werden. Darüber hinaus wurde nichts unternommen, wie z.B. die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Sie hatten also die geschäftliche Bezeichnung "Wheel Clean Tec" spätestens in dem Moment kennzeichenmäßig verwendet, als sie wussten, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „Wheel Clean Tec" ihre Anzeige erscheint und dies die Rechte des Klägers verletzt und dennoch nicht eingeschritten sind. Als Störer haftet somit auch derjenige, der willentlich und adäquat kausal an der Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt und ihm zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.

Mitgefangen-mitgehangen

Der Fall zeigt: Unter Umständen ist man auch für die Unwägbarkeiten eines Suchmaschinen-Algorithmus mit verantwortlich. Allerdings haftet man auch hier nicht für alles, was ohne die eigene Mitwisserschaft passiert. Wird man allerdings darauf hingewiesen, muss man handeln. Im Zweifelsfall helfen Sachkenntnis und kompetente Beratung.

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