Mediziner und Groupon: Reklamehaftes Anpreisen von ärztlichen Leistungen verstößt gegen das Berufsrecht!
Aktuell liegen mehrere Urteile vor, nach denen Werbung für ärztliche Leistungen im Portal Groupon gegen die ärztlichen Berufsordnungen verstoßen; betroffen waren sowohl Human- als auch Zahnmediziner. Das Landgericht Köln führt hierzu aus, der Patient werde durch die teils extrem niedrigen Honorare und die kurze Abschlussfrist bei Groupon geradezu gedrängt, einen „Deal“ abzuschließen, ohne sich vorher mit Sinn und Zweck der medizinischen Leistung auseinanderzusetzen (vgl. aktuell LG Köln, Urt. v. 21.06.2012, Az. 31 O 767/11; LG Hamburg, Urt. v. 12.01.2012, Az. 327 O 443/11).
Inhaltsverzeichnis
Auch Ärzte nutzen mittlerweile Groupon, um bestimmte Eingriffe günstig an den Mann bzw. Patient zu bringen. Zwei Urteile der letzten Zeit zeigen jedoch auf, dass dieses Vorgehen durchaus mit juristischen Problemen behaftet ist.
Landgericht Köln: Zahnarzt
Das Landgericht Köln hatte unlängst über das Groupon-Angebot eines Zahnarztes zu entscheiden, der Bleaching-Behandlungen für „69 € statt 199 €“ anbot. Hierbei wurde unter anderem mit dem Hinweis auf „strahlendes Lächeln, Sicherheit im Alltag und Flirt“ geworben.
Mit dieser reklamehaften Anpreisung verstößt der Zahnarzt nach Ansicht des LG Köln gegen die zahnärztliche Berufsordnung; schließlich habe der Patient nicht einmal ausreichend Zeit, sich Gedanken über den Nutzen einer solchen Behandlung zu machen (vgl. LG Köln, Urt. v. 21.06.2012, Az. 31 O 767/11, mit weiteren Nachweisen):
„Die Werbung des [Dentisten] kann nur als reklamehaft betrachtet werden. Indem hohe Rabatte von 69 € statt 199 € gewährt werden, wird der Kunde – der ein Bleaching in der Regel selbst bezahlen muss, weil dies nicht von der Krankenkasse übernommen wird – angelockt, einen ‚Deal‘ abzuschließen. Er wird dazu gedrängt, den Vertrag abzuschließen, weil die Laufzeit des ‚Deals‘ zeitlich eng begrenzt ist. Dadurch ist die Werbung in hohem Maße anpreisend, der Verbraucher wird dazu verführt, allein wegen des extrem günstigen Preises den ‚Deal‘ abzuschließen und sich evtl. nicht ausreichend Gedanken zu machen, ob er die Leistung wirklich in Anspruch nehmen möchte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Plattform, auf der der [Dentist] seine Leistungen anbietet, sich nicht nur mit ärztlichen Leistungen befasst, sondern dort ‚Deals‘ vor allem für Vergnügungs- und Konsumangebote zu finden sind (Restaurants, Kleidung, Kurzreisen etc.). In diese Konsumangebote reiht sich das Angebot des [Dentisten] ein.“
Ob die angebotene Behandlung, im konkreten Falle das Bleaching, mit besonderen Risiken verbunden sei oder nicht, sei dabei unerheblich, da schon die Kommerzialisierung des Zahnarztberufes an sich verboten sei:
„Es kommt auch nicht darauf an, ob die konkrete Behandlung, um die es in der Werbung geht, mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist oder nicht. Denn wie bereits ausgeführt wirbt der Beklagte in seiner Eigenschaft als Zahnarzt. Die Vorschrift des § 15 BO dient dazu, insgesamt das Berufsbild des Zahnarztes zu schützen. Dieses wird bereits dadurch gefährdet, dass ein Zahnarzt Angebote abgibt, die derart niedrig sind, dass von einem kostendeckenden und gründlichen Arbeiten nicht mehr ausgegangen werden kann, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um solche Leistungen handelt, die zwingend nur von einem Zahnarzt erbracht werden dürfen. Leistungen, die durch einen Arzt erbracht werden, werden so kommerzialisiert. Dies ist aber eben gerade nicht vertretbar nach § 15 Abs. 2 BO, der es dem Zahnarzt verbietet, seine Tätigkeit für gewerbliche Zwecke zu verwenden.“
Ebenso verstoße dieses Vorgehen gegen die Gebührenordnung der Zahnärzte, da das Bleaching nicht durch eine Gebührenziffer geregelt ist. Folglich muss die Gebühr für diese Behandlung durch schriftliche Vereinbarung in Form eines Heil- und Kostenplans erfolgen (§ 2 Abs. 3 GOZ), was durch einen Groupon-Gutschein gerade nicht gegeben ist.
LG Hamburg: Augenarzt
Einen ganz ähnlichen Fall hatte das Landgericht Hamburg zu behandeln, in dem es um Groupon-Gutscheine für augenärztliche Lasertherapien ging. Diese wurden zum Preis von € 999,- EUR statt € 4.200,- angeboten, wobei in der Anzeige mehrfach auf den Rabatt von 76% hingewiesen wurde.
Auch diese Werbung genügte nicht den Anforderungen des ärztlichen Berufsrechts, da hier ebenfalls der Patient zu einer schnellen Entscheidung für einen – im Vergleich zum Bleaching auch noch sehr kostspieligen und durchaus riskanten – Eingriff gedrängt wurde. Ferner wurde kritisiert, dass der anbietende Augenarzt nicht, wie in der Berufsordnung vorgesehen, über seine Leistungen sachlich informiere, sondern sie geradezu marktschreierisch anpreise (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 12.01.2012, Az. 327 O 443/11).
Medizinrecht vs Groupon
Groupon mag auch für Mediziner als interessante Möglichkeit der Eigenvermarktung erscheinen, ist jedoch gerade im Zusammenhang mit den ärztlichen Berufs- und Gebührenordnungen durchaus kritisch zu betrachten.
Zu bedenken wären etwa die folgenden Punkte:
- Die meisten ärztlichen Leistungen unterliegen einem festen Gebührenschlüssel; falls nicht, ist in vielen Fällen ein individueller Kostenplan zu erstellen.
- Ärztliche Leistungen sollten nicht „verkauft“, sondern individuell verordnet werden; dies erfordert jedoch in aller Regel, dass der Patient vorher beim Arzt vorstellig wird.
- Gerade kurze Laufzeiten bei Groupon kollidieren mit dem Bedürfnis des Patienten, sich hinreichend Gedanken über Zweck, Notwendigkeit und Risiken eines Eingriffs Gedanken zu machen.
- Ärzte dürfen über ihre Leistungen nur sachlich informieren; marktschreierisches Anpreisen verstößt gegen die Berufsordnung.
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1 Kommentar
bewirkt eine Gebührenordnung nicht so etwas wie eine "Preisabsprache"?
[/n] Überall gibt es ein Kartellamt, dass so Preisabsprachen überwacht. Nun ist ja ein Mensch, der auf einen Arzt angewiesen ist, evtl. sowieso schon unter zeitlichem Druck (z.B. dringende Korrektur einer problematischen Wurzelbehandlung beim Endodontie - noch Karies im Zahn - und Schmerzen).
Bei Kassenärztlichen Leistungen gibt es ja eine Preisvorgabe, die die Krankenkassen vorher aushandeln - aber Privatleistungen lassen so einen Patienten ziemlich im Regen stehen. Vielleicht wäre dann eine Möglichkeit, ein Leistungsverzeichnis auszuschreiben, um Angebote einzuhohlen - Ein Zahnarzt wird von der Kasse für die Beurteilung bezahlt, was der Patient dann für die private Leistung als Anforderungskatalog übernehmen kann.
Da fehlt eine vernüftige Regelung.