LG München: Keine Störerhaftung von Google bei rechtsverletzenden Artikeln

LG München: Keine Störerhaftung von Google bei rechtsverletzenden Artikeln
30.09.2010 | Lesezeit: 3 min

Das Betreiben einer Internetdatenbank (Google) verpflichtet nicht dazu, jeden gelisteten Artikel auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Derjenige, der die Internetdatenbank zur Verfügung stellt, ermöglicht lediglich die Archivierung der Artikel. Die Kontrolle des Inhalts ist ihm nicht zumutbar, so dass eine Störerhaftung zu verneinen ist (LG München Urteil vom 23.02.2010, Az. 13 S 15605/09).

Inhaltsverzeichnis

Fall

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung der Anwaltskosten wegen eines Abmahnschreibens. Die Beklagte (Google) stellt eine Internetdatenbank zur Verfügung. In dieser Datenbank werden verschiedene Artikel von unterschiedlichen Zeitungen und Zeitschriften archiviert. In einem Artikel der Zeitschrift Stern wurde unter dem Titel „Schmutzige Spiele im Schlafsack“ berichtet, dass der Kläger als Pfadfinderführer kleine Jungen sexuell missbraucht haben soll. Dabei wurde der Kläger mit vollständigem Namen genannt.

Dies bewirkte, dass der Artikel immer erschienen ist, wenn der Name des Klägers in der Suchmaschine Google eingegeben wurde.
Nachdem der Kläger Kenntnis davon erlangt hatte, forderte er die Beklagte mit anwaltlichen Abmahnschreiben dazu auf, den Artikel aus dem Netz zu nehmen. Dem ist die Beklagte auch nachgekommen. Die Übernahme der Anwaltskosten verweigerte Google aber.

Das AG München wies die Klage ab. Gegen das Urteil legte der Kläger Berufung ein. Die Berufung wurde ebenfalls zurückgewiesen.

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Entscheidung

Nach Ansicht des LG München sind die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht gegeben. Zunächst wurde festgestellt, dass kein Schadensersatz wegen Verzug vorliegt, denn die Klägerin hat die Beklagte mit dem anwaltlichen Schreiben abgemahnt, bevor die Beklagte überhaupt in Verzug geraten ist. Erst das Anwaltsschreiben begründete den Verzug. Die Anwaltskosten sind somit vor dem Verzug entstanden und sind nicht ersatzfähig.

Weiterhin hat das Gericht den Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) abgelehnt, weil die Beklagte kein Verschulden trifft. Die Beklagte hat den Artikel nicht verfasst oder veröffentlicht. Er stellt nur Datenbanken zur Verfügung. In diesen Datenbanken werden aber unzählige Artikel von verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften archiviert. Der Beklagte hat deswegen keine Möglichkeit jeden einzelnen Artikel nach seiner Richtigkeit und Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Eine solch umfangreiche Prüfungspflicht ist angesichts der Vielzahl der Artikel auch nicht zumutbar.

Vorliegend kam noch hinzu, dass sich Google von der Ursprungsquelle hat zusichern lassen, dass durch den streitgegenständlichen Artikel die Rechte Dritter nicht verletzt werden.

Fazit

Will sagen: Beim Ersatzanspruch für Anwaltskosten ist Vorsicht geboten. Die Kosten für ein anwaltliches Schreiben sind grds nur dann ersatzfähig, wenn der Schuldner sich bereits im Verzug befindet.
Wird der Schuldner erst durch das anwaltliche Schreiben in Verzug gesetzt, so besteht der Anspruch nicht. Anders ist dies aber etwa beim Kostenerstattungsanspruch von Abmahnungen zu beurteilen.

Hier besteht regelmäßig verschuldensunabhängig ein Erstattungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Allerdings ist für die Erstattungsfähigkeit Voraussetzung, dass die Abmahnung berechtigt war. Und genau hier machte das LG München dem Kläger einen Strich durch die Rechnung in dem es die Störerhaftung und damit den Unterlassungsanspruch gegenüber Google verneinte.

Ob dieses Urteil wirklich ein Freibrief für Google sein wird und von anderen Gerichten aufgenommen wird, bleibt abzuwarten.

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