IT-Recht Kanzlei kommentiert BGH-Entscheidung über markenrechtliche Relevanz der Google Adwords Werbung
Heute hat der Bundesgerichtshof in drei Verfahren über die Frage entschieden, ob die Verwendung von Marken oder geschäftlichen Bezeichnungen als Google-Adword eine Markenrechtsverletzung darstellt. Den relevantesten Fall hat er dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, in den anderen beiden Entscheidungen jeweils eine Markenrechtsverletzung abgelehnt.
Inhaltsverzeichnis
Die Pressemitteilung des BGH
In drei heute verkündeten Entscheidungen hat sich der u. a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit der kennzeichenrechtlichen Beurteilung der Verwendung fremder Kennzeichen als Schlüsselwörter (Keywords) im Rahmen der von der Suchmaschine Google eröffneten Möglichkeit der Werbung mit sog. AdWord-Anzeigen befasst. In zwei Sachen hat der Bundesgerichtshof Ansprüche der Kennzeicheninhaber verneint, in der dritten Sache hat er dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) eine Frage zur Auslegung der Markenrechtsrichtlinie vorgelegt.
In den Verfahren ging es um die in der Instanzrechtsprechung unterschiedlich beurteilte Frage, ob es eine Kennzeichenverletzung darstellt, wenn ein Dritter ein fremdes Kennzeichen (also eine Marke oder eine Unternehmensbezeichnung) oder eine dem geschützten Zeichen ähnliche Bezeichnung einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort angibt mit dem Ziel, dass bei der Eingabe dieser Bezeichnung als Suchwort in die Suchmaschine in einem von der Trefferliste räumlich getrennten Werbeblock eine als solche gekennzeichnete Anzeige des Dritten (mit Link auf dessen Website) als Werbung für seine Waren oder Dienstleistungen erscheint. In den entschiedenen Fällen enthielt die Anzeige weder das als Suchwort verwendete fremde Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Kennzeicheninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte.
Im ersten Verfahren – I ZR 125/07 – hatte die beklagte Anbieterin von Erotikartikeln gegenüber Google das Schlüsselwort "bananabay" angegeben. "Bananabay" ist für die Klägerin, die unter dieser Bezeichnung ebenfalls Erotikartikel im Internet vertreibt, als Marke geschützt. Ist eine als Schlüsselwort benutzte Bezeichnung – wie in diesem Fall – mit einer fremden Marke identisch und wird sie zudem für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die fremde Marke Schutz genießt, hängt die Annahme einer Markenverletzung in einem solchen Fall nur noch davon ab, ob in der Verwendung der geschützten Bezeichnung als Schlüsselwort eine Benutzung als Marke im Sinne des Markengesetzes liegt. Da die Bestimmungen des deutschen Rechts auf harmonisiertem europäischen Recht beruhen, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt, um dem Europäischen Gerichtshof diese Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG-Vertrag vorzulegen.
Im zweiten Verfahren – I ZR 139/07 – standen sich zwei Unternehmen gegenüber, die über das Internet Leiterplatten anbieten. Für die Klägerin ist die Marke "PCB-POOL" geschützt. Der Beklagte hatte bei Google als Schlüsselwort die Buchstaben "pcb" angemeldet, die von den angesprochenen Fachkreisen als Abkürzung für "printed circuit board" (englisch für Leiterplatte) verstanden werden. Die Adword-Anmeldung von "pcb" hatte zur Folge, dass auch bei Eingabe von "PCB-POOL" in die Suchmaschine von Google in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste eine Anzeige für Produkte des Beklagten erschien. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall die Klage unter Aufhebung des Berufungsurteils abgewiesen. Der Markeninhaber kann in der Regel die Verwendung einer beschreibenden Angabe (hier "pcb") auch dann nicht untersagen, wenn sie markenmäßig benutzt und dadurch die Gefahr einer Verwechslung mit der geschützten Marke begründet wird. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall eine markenrechtlich erlaubte beschreibende Benutzung angenommen. Da eine Kennzeichenverletzung schon aus diesem Grund zu verneinen war, kam es auf die in dem Verfahren I ZR 125/07 dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Rechtsfrage nicht mehr an.
Am dritten Verfahren – I ZR 30/07 – war ebenfalls die Klägerin des zweiten Verfahrens – sie führt die Unternehmensbezeichnung "Beta Layout GmbH" – beteiligt. Hier ging es darum, dass ein anderer Wettbewerber bei Google als Schlüsselwort die Bezeichnung "Beta Layout" anmeldet hatte. Auch in diesem Fall erschien immer dann, wenn ein Internetnutzer bei Google als Suchwort "Beta Layout" eingab, neben der Trefferliste ein Anzeigenblock mit einer Anzeige für die Produkte des Wettbewerbers. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, das eine Verletzung der Unternehmensbezeichnung und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint hatte, es fehle an der für die Verletzung der Unternehmensbezeichnung erforderlichen Verwechslungsgefahr. Der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme. Diese tatrichterliche Feststellung des Verkehrsverständnisses war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstanden. Da der Schutz der Unternehmensbezeichnungen anders als der Markenschutz nicht auf harmonisiertem europäischem Recht beruht, kam in diesem Verfahren eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht in Betracht.
Kommentar der IT-Recht-Kanzlei
Mit den heute veröffentlichen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof leider nur einen Teil der erhoffte Klärung in Sachen Google AdWords bringen können. Durch die Vorlage der wichtigsten Frage an den Europäischen Gerichtshof wird es sich noch einige Zeit hinziehen, bis klar ist, ob eine Markenrechtsverletzung auch dann vorliegt, wenn ein Konkurrent die Marke des Mitbewerbers als Google Adword für seine Werbeanzeige verwendet. Da eine Entscheidung über die Frage der „markenmäßigen Benutzung“ in der EU einheitlich ausfallen muss, ist diese Auslegung dem EuGH vorbehalten.
Im Kern geht es also um den Fall der Verwendung eines identischen Zeichens (nämlich der Marke) als Google AdWord für eine Werbeanzeige, in der genau solche Waren angeboten werden, für die die Marke Schutz bietet. Gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG ist bei der Verwendung der identischen Marke für identische Waren eine Markenrechtsverletzung zwingend gegeben, sofern in der Verwendung der Marke als Google Adword eine markenmäßige Benutzung liegt. Dies muss der EuGH nun klären.
Im Fall drei ging es hingegen um einen etwas anders gelagerten Fall. Hier war nämlich keine eingetragene Marke, sondern eine praktisch identische Geschäftsbezeichnungen für identische Waren verwendet worden. Nach § 15 Markengesetz setzt eine Markenrechtsverletzung in diesem Fall jedoch zusätzlich voraus, dass auch eine Verwechslungsgefahr vorliegt. Dem hat der BGH nun eine klare Absage erteilt.
Folglich hat der BGH nun die Rechtsunsicherheit zumindest für die Fälle beseitigt, in denen das Gesetz das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr verlangt. Das ist nicht nur bei geschäftlichen Bezeichnungen der Fall, sondern auch in den Konstellationen, in denen entweder eine nur ähnliche Marke und/oder nur ähnliche Waren betroffen sind.
Da der Bundesgerichtshof heute ganz klar gestellt hat, dass durch die klare Kennzeichnung der Anzeigen als Werbung hier keine Verwechslungsgefahr gegeben ist, dürfte in diesen Fällen also unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens vor dem EuGH keine Markenrechtsverletzung gegeben sein.
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2 Kommentare
Wenn Sie lizensierter Händler von "W" sind, dann fragen Sie doch einfach bei Ihrem Hersteller oder dessen Vertriebsleitung an, ob es Ihnen erlaubt ist, den Herstellernamen als Google-Adword zu benutzen.
Lassen Sie sich dies vom Hersteller schriftlich bestätigen und Sie sind für die Zukunft auf der sicheren Seite.
Stimmt der Hersteller auf diesem Weg nicht ausdrücklich zu, ist jede weitere Erläuerung der Fragestellung überflüssig, denn es dürfte in einem solchen Fall kaum eine Rechtsprechung geben, die sich explizit gegen die Interessen des Markeninhabers wendet.
Sind Sie "nur" ein Verkäufer auf einer untergeordneten Vertriebsebene, haben das Produkt "W" aber (nachweisbar) dauerhaft und nicht nur am Rande unter vielen Anderen in Ihrem Angebot, empfehle ich den selben oben genannten Weg zu gehen.
Eine Erlaubnis resp. Lizenz einzuholen ist oft viel unkomplizierter und auf jeden Fall sicherer, als sich auf gesetzliche Bestimmungen zu verlassen.
Heisst das, ich darf bei Adwords nicht mit einem fremden Markennamen werben, wenn ich diese Original-Produkt auch verkaufe?
z:B. Ich bin online-Händler und vertreibe Original-Ware mit dem Markennamen W. Markeninhaber ist der Hersteller von W. Kunden suchen nach dem Markennamen W. Ich kann Original W. liefern.
Darf ich dann W. nicht als Suchbegriff bei Adwords eintragen. Der Markeninhaber profitiert ja davon, weil er dann mehr W. absetzt.
Das wäre so, als wenn ein Lebensmittelhändler nicht mit dem Schokoriegel Mar- werben darf, auch wenn er Mar- im Programm hat.
Oder ich wäre Autohändler und habe mich auf gebrauchte OPE-Fahrzeuge spezialisiert. Dann darf ich nicht OPE- in meiner Google-Werbung nennen?
Wer kann dann da was zu sagen? Vielen Dank!