OLG Münster: Keine geldwerten Vorteile in Form von Gutscheinen beim Erwerb von preisgebundenen Arzneimitteln
In der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) werden bundesweit einheitliche Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel festgesetzt. Der Hintergrund hierfür ist der Schutz des Endverbrauchers, welcher beim Erwerb desselben Arzneimittels nicht divergierenden Preisen ausgesetzt sein soll. Öffentliche Apotheken unterliegen demnach einer Preisbindung. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass Medikamente ein gewisses Preisniveau nicht erreichen und die Krankenkassenbeiträge nicht noch weiter ansteigen.
Inhaltsverzeichnis
Insbesondere der in einer Notlage befindliche Patient ist zu einer marktvergleichenden Analyse nicht in der Lage. Dieser würde benachteiligt werden, sofern er bei dem Erwerb eines verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittels, welches er zu seiner Genesung dringend benötigt, zunächst unterschiedliche Apotheken zum Preisvergleich aufsuchen müsste. Die Preisbindung garantiert dem Patienten die Gewissheit das Arzneimittel in der nächstgelegenen Apotheke zu einem einheitlichen Preis erhalten zu können.
Von den Regelungen ausgenommen sind die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente, so dass in diesem Rahmen der Wettbewerb aufrechterhalten werden kann. Darüber hinaus hat der EuGH mit Urteil vom 19. Oktober 2016 entschieden, dass die deutsche Preisbindung verschreibungspflichtiger Medikamente mit dem Unionsrecht unvereinbart ist und eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Warenhandels darstellt. Die Arzneimittelpreisordnung hat demnach für ausländische Versandapotheken keine Bedeutung mehr.
Mit zwei Urteilen vom 8. September 2017 (13 A 2979/15, VG Münster 5 K 954/14 und 13 A 3027/15, VG Münster 5 K 953/14) entschied das Oberverwaltungsgericht Münster, dass geldwerte Vorteile im Rahmen des Erwerbs von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht gewährt werden dürfen, da hierdurch die Preisbindung umgangen würde.
Der Sachverhalt
Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Zwei Apothekerinnen aus Coesfeld wendeten sich gegen die Untersagung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, welche in der Ausgabe von Gutscheinen, die die Kunden zum Erwerb von preisgebundenen Arzneimitteln einsetzen konnten, einen Verstoß gegen die AMPreisV sah.
In den Jahren 2013 und 2014 gaben die beiden Klägerinnen Gutscheine wahlweise für eine Rolle Geschenkpapier oder ein paar Kuschelsocken an ihre Kunden heraus, welche bei der Abgabe des Rezeptes eingelöst werden konnten.
Das Klageverfahren, sowie die Berufung verliefen für die Klägerinnen erfolglos.
Die Begründung des Oberverwaltungsgerichts Münster
Die Richter des OVG Münster begründeten ihre Entscheidung mit der Pflicht der Apotheken sich an die Vorgaben und insbesondere die aus der Arzneimittelpreisverordnung ergehende einheitliche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente zu halten.
Hiervon werde durch das Gewähren von Rabatten, Geschenken oder Gutscheinen abgewichen.
Der Verstoß gegen die Preisbindung läge hier in der durch den Gutschein angepriesenen Sachzuwendung. Denn diese lasse den Preis des verschreibungspflichtigen Medikaments für den Endverbraucher günstiger erscheinen. Unerheblich ist hierbei, welchen Wert die Sachzuwendung habe. Auch ein nur geringer Wert erspare dem Kunden eigene Aufwendungen, indem dieser gegen Abgabe des Gutscheins Güter des täglichen Bedarfs erhalte.
Fazit
Deutsche Apotheken müssen sich im Rahmen der nationalen Vorschriften an die Preisbindung halten. Sofern hiervon in Form von Gutscheinen, Geschenken oder Zugaben abgewichen wird, handelt es sich um einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung.
Denn sobald ein Kundenvorteil für den Erwerb eines verschreibungspflichtigen Medikaments gewährt wird, hat die Apotheke gegenüber ihren Mitstreitern einen wettbewerbsrechtlichen Vorteil. Der Kunde wird hierdurch verleitet das Medikament in der Apotheke zu erwerben, welche diesem eine Belohnung für den Kauf in Aussicht stellt.
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