LG Detmold: Ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß bei Amazon = 15.000 Euro Streitwert
Das Landgericht Detmold setzte kürzlich im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens (Az. 8 O 23/10) einen Streitwert von 15.000 Euro fest. Die Antragsgegnerin hatte sich einen wettbewerbsrechtlichen Fehltritt bei Amazon erlaubt.
So untersagte das Landgericht Detmold der Antragsgegnerin, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs auf der Handelsplattform "Amazon" Flachbildschirme zum Verkauf im Wege des Versandhandels anzubieten und dabei in der Artikelbeschreibung den Hinweis "5 Jahre Garantie" zu erteilen, ohne anzugeben
- um welche Art von Garantie es sich handelt,
- wer die Garantie gewährt,
- was die Voraussetzungen der Garantieleistungen sind,
- was die Garantiebedingungen sind,
- dass die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nicht eingeschänkt werden.
Rechtlicher Hintergrund
I. Begriff
Im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher versteht man unter einer Garantie eine zusätzlich zur gesetzlichen Mängelhaftung vertraglich eingeräumte freiwillige Leistung des Händlers oder Herstellers gegenüber dem Käufer (Händler- oder Herstellergarantie). Dabei verpflichtet sich der Garantiegeber, für eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache oder dafür, dass die Kaufsache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie, vgl. § 443 Abs. 1 BGB) verschuldensunabhängig einzustehen.
Im Unterschied dazu versteht man unter der Gewährleistung im Kaufrecht die gesetzlichen Mängelrechte des Käufers gegenüber dem Verkäufer gemäß §§ 437 ff. BGB. Diese beziehen sich auf die Mangelfreiheit der Kaufsache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf den Käufer und sind (nur) im Verhältnis Käufer – Verkäufer bindend. Nach § 438 Abs. 1 Nr.3 BGB verjähren die Mängelansprüche des Käufers im Regelfall nach zwei Jahren. Beim Verkauf gebrauchter Waren im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 BGB) sowie im Rahmen reiner B2B-Geschäfte kann die Verjährungsfrist hinsichtlich einzelner Mängelrechte gemäß § 475 Abs. 2 BGB individualvertraglich oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf zwölf Monate verkürzt werden.
II. Wirksame Vereinbarung einer Garantie
Die wirksame Vereinbarung einer Garantie setzt eine Garantieerklärung des Verkäufers bzw. Herstellers voraus. Diese bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form und kann auch konkludent, etwa durch entsprechende Aussagen in der Werbung abgegeben werden.
Für den Verbrauchsgüterkauf ist jedoch § 477 BGB zu beachten, der vom Gesetzgeber zum Schutz des Verbrauchers vor Irreführung eingeführt wurde. Danach ist der Käufer im Rahmen der Garantieerklärung auf seine gesetzlichen Mängelrechte hinzuweisen sowie darauf, dass diese von der Garantie nicht berührt werden. Die Erklärung muss den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers enthalten. Sie ist außerdem einfach und verständlich abzufassen und muss dem Verbraucher auf Wunsch in Textform mitgeteilt werden. In der Praxis werden Garantieerklärungen des Herstellers häufig in Form eines Garantiescheins der Verkaufsverpackung beigelegt.
Nach § 477 Abs. 3 BGB führen Verstöße gegen die Formvorschriften des § 477 BGB nicht zur Unwirksamkeit der Garantieverpflichtung. Die Verpflichtung des Garantiegebers gegenüber einem Verbraucher bleibt also bestehen, auch wenn die Garantieerklärung nicht den Formerfordernissen des § 477 BGB entspricht.
III. Wettbewerbsrechtliches Problem
Fehlerhafte Garantieerklärung
Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. vom 04.07.2008 - Az. 6 W 54/08 – begründet ein Verstoß gegen die Formvorschrift des § 477 BGB im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher zugleich auch einen erheblichen Wettbewerbsverstoß, da es sich bei dieser Vorschrift um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handele und der Verstoß auch keine bloße Bagatelle im Sinne des § 3 UWG darstelle.
In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall hatte ein Händler im Internet mit der Aussage „24 Monate Garantie auf dieses Produkt!“ geworben, ohne den Verbraucher zugleich auf seine gesetzlichen Mängelrechte hinzuweisen sowie darauf, dass diese von der Garantie nicht berührt werden. Zur Begründung seiner Entscheidung zog das Gericht seinerzeit Art. 5 II b UGP-Richtlinie im Wege der richtlinienkonformen Auslegung heran. Insoweit reiche es aus, dass die Zuwiderhandlung geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Diese Voraussetzung sei hier schon deshalb erfüllt, weil die Anziehungskraft der Garantieerklärung merklich relativiert wäre, wenn dem Verbraucher zugleich mitgeteilt worden wäre, dass die Gewährleistungsfrist für das als „neu“ bezeichnete Kaufobjekt ohnehin 2 Jahre beträgt (§§ 438 I Nr. 3, 475 II BGB) .
Hinweis: Seit dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb am 30.12.2008 (UWG-Reform) ergibt sich die Wettbewerbswidrigkeit eines Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 477 BGB im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher unmittelbar aus § 5 Abs. 1 Nr. 7 UWG n. F. i. V. m. § 3 Abs. 2 UWG n. F..
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