Freie Benutzung und Urheberrechtsschranken - Nutzung ohne Zustimmung des Urhebers?
Das Internet ist ein riesiger Fundort für Texte, Bilder, Musik und andere Inhalte. Schnell wird das Ein oder Andere kopiert oder als Vorlage für eigene Arbeiten genutzt. Doch es dürfen auch elektronische Inhalte nicht einfach übernommen werden. Es drohen zivil- und strafrechtliche Konsequenzen. Handelt es sich um urheberrechtlich geschützte Werke, kann allerdings ausnahmsweise ohne Zustimmung des Rechteinhabers eine Nutzung erfolgen, wenn es sich um eine so genannte „Freie Benutzung“ handelt oder eine Urheberrechtsschranke vorliegt ...
Inhaltsverzeichnis
- I. Urheberrechtsschranken
- 1. Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, § 44 a UrhG
- 2. Zeitungsartikel und Rundfunkkommentare, § 49 UrhG
- 3. Zitate, § 51 UrhG
- 4. Öffentlichmachung für Unterricht und Forschung, § 52a UrhG
- 5. Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätze in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven, § 52b UrhG
- 6. Vervielfältigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch, § 53 UrhG
- II. Freie Benutzung eines Werkes, § 24 UrhG
- III. Fazit
I. Urheberrechtsschranken
Grundsätzlich ist die Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne die entsprechenden Nutzungsrechte rechtswidrig. Es existieren jedoch Urheberrechtsschranken, bei deren Vorliegen eine eigentlich nicht genehmigte Nutzungshandlung gerechtfertigt sein kann. Sie finden sich in den §§ 44 a ff UrhG.
Im Bereich des Internets spielen vor allem folgende Schranken eine Rolle:
- § 44 a UrhG: Das Recht auf Erstellung vorübergehender Vervielfältigungshandlungen
- § 49 UrhG: Die Vervielfältigung und Verbreitung von Rundfunkkommentaren
- § 51 UrhG: Das Zitatrecht
- § 52 a UrhG: Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung
- § 52 b UrhG: Die Wiedergabe von Werken an elektronische Leseplätze in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven
- § 53 UrhG: Das Recht auf Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch
1. Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, § 44 a UrhG
Ziel dieser Norm ist es, die technisch notwendigen Vervielfältigungshandlungen im Internet zu erfassen und den damit zusammenhängenden Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers zu privilegieren.
Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 44 a UrhG werden dabei wie folgt definiert:
- „Vorübergehend“ sind solche Vervielfältigungshandlungen, die nur von kurzer Dauer sind.
- Ein „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“ meint nur diejenigen Werknutzungen, die nicht auf einer selbstständigen, vom technischen Verfahren unabhängigen Grundlage beruht.
- Der Zweck der Vervielfältigung muss entweder die Übertragung zwischen Dritten durch einen Vermittler (§ 44 a Nr. 1 UrhG) oder die Ermöglichung einer rechtmäßigen Nutzung, also eine solche, die vom Rechtsinhaber gestattet ist, sein (§ 44 a Nr. 2 UrhG) .
2. Zeitungsartikel und Rundfunkkommentare, § 49 UrhG
Durch § 49 I 1 UrhG wird die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Rundfunkkommentare und Zeitungsartikeln, sowie deren öffentliche Wiedergabe ermöglicht. Dies gilt jedoch nur, wenn diese wirtschaftliche, politische oder religiöse Themen betreffen und mit keinem Vorbehalt versehen sind. Für einen solchen Vorbehalt bedarf es einer Erklärung gegenüber jedem potentiellen Übernehmer z.B. durch einen Vermerk im Impressum.
Ohne Einschränkung zulässig ist gemäß § 49 Abs.2 UrhG grundsätzlich die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von vermischten Nachrichten tatsächlichen Inhalts.
Umstritten ist, inwieweit die Übernahme aus dem Internet erfasst wird. Dies hängt von einer Auslegung des Begriffes „ Informationsblätter“ iSd. § 49 UrhG ab. Eine direkte Anwendung scheidet hier wohl aus, da Internetseiten keine Informationsblätter sind. Aber aufgrund der stetig wachsenden Bedeutung von Online-Medien ist ggf. eine analoge Anwendung geboten.
Erfasst werden z.B. auch Blogs, jedoch nicht eine Übernahme aus reinen Datenbanken, da diese mangels redaktioneller Gestaltung nicht mit herkömmlichen Zeitungen bzw. Informationsblättern vergleichbar sind.
3. Zitate, § 51 UrhG
§ 51 UrhG erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von einzelnen Werken bzw. Werkstellen in eigenen Werken. Voraussetzung ist zum einen die Übernahme in ein eigenes Werk und zum anderen ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem zitierten und zitierenden Werk. Das Zitat muss eigene Ausführungen unterstützen oder der Auseinandersetzung mit fremden Aussagen dienen. Kein zulässiges Zitieren ist die Übernahme von Inhalten eines anderen, um eigene Aussagen zu ersetzen.
4. Öffentlichmachung für Unterricht und Forschung, § 52a UrhG
Zweck dieser Norm ist es, den berechtigten Interessen von Unterricht und Wissenschaft an der Nutzung moderner Kommunikation Rechnung zu tragen.
Hierbei müssen jedoch folgende Voraussetzungen beachtet werden:
a) Es muss sich um Werke handeln, die bereits veröffentlicht wurden.
b) Die Nutzung muss im Rahmen bestimmter Einrichtungen für Auszubildende erfolgen.
c) Die Vervielfältigung muss im Unterricht erfolgen, wobei dies sowohl während des Unterrichts, als auch zur Vor- und Nachbereitung meint.
d) Die Zugänglichmachung muss geboten sein. Hierbei muss einerseits das Bedürfnis der Online-Nutzung und andererseits die Beeinträchtigung des jeweiligen Rechtsinhabers berücksichtigt werden.
e) Mit der Zugänglichmachung dürfen keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden.
f) Ein Zugang darf nicht für jedermann, sondern nur für den betroffenen, bestimmt abgrenzbaren Kreis von Unterrichtsteilnehmern möglich sein.
Für die Zugänglichmachung ist dem Rechtsinhaber eine angemessene Vergütung zu zahlen. Diese kann nur durch eine Verwaltungsgesellschaft (z.B. GEMA) geltend gemacht werden.
5. Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätze in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven, § 52b UrhG
Diese Regelung ermöglicht es, dass Werke aus einem Bibliotheks- bzw. Sammlungsbestand, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung; ebenso digital wie analog genutzt werden können. Privilegiert werden jedoch nur öffentlich zugängliche Bibliotheken, Museen und Archive. Dem Rechtsinhaber ist auch hier für die Zugänglichmachung eine angemessene Vergütung zu zahlen. Diese kann nur durch eine Verwaltungsgesellschaft (z.B. GEMA) geltend gemacht werden.
6. Vervielfältigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch, § 53 UrhG
§ 53 UrhG ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Herstellung von Vervielfältigungstücken zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch. Diese sind zulässig, wenn sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen und wenn zur Vervielfältigung nicht eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage benutzt wird.
II. Freie Benutzung eines Werkes, § 24 UrhG
§ 24 UrhG besagt, dass ein selbstständiges Werk, das in freier Benutzung eines anderen Werkes erstellt worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des genutzten Werkes verwertet werden darf.
An die freie Benutzung sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Das benutzte Werk darf lediglich eine Anregung zum eigenen, selbstständigen Erschaffen sein.
Die entliehenen Teile des Originals müssen daher innerhalb des neuen Werkes zurücktreten, es soll also ein „großer innerer Abstand“ zwischen den beiden Schöpfungen bestehen.
Ein Bespiel für die freie Nutzung ist die komprimierte Wiedergabe eines Werkes. Hierbei ist die erforderliche Individualität umso größer, je weiter sich der Aufbau von dem des Originals entfernt.
Für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird, kann man sich in der Regel nicht auf freie Benutzung berufen. Denn es gilt grundsätzlich der „starre Melodienschutz“, der besagt, dass die Übernahme von Melodien nicht gestattet wird.
III. Fazit
Freie Benutzung und Urheberrechtsschranken sind zwar Möglichkeiten, bei der Nutzung fremder Werke auf die Zustimmung des Rechteinhabers zu verzichten. Jedoch sollte man genau prüfen, ob tatsächlich die Voraussetzungen des § 24 UrhG bzw. einer Urheberrechtsschranke vorliegen.
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