Online-Handel Frankreich: Neue EPR-Informationspflichten mit Auswirkungen auf Rechtstexte zum 01.01.2022

Online-Handel Frankreich: Neue EPR-Informationspflichten mit Auswirkungen auf Rechtstexte zum 01.01.2022
14.12.2021 | Lesezeit: 9 min

Zum 01.01.2022 treten in Frankreich Verschärfungen der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) zur umweltgerechten Rückführung von Bedarfsprodukten in Kraft. Verpflichtete werden neuartige Registrierungsnummern führen und in AGB und im Impressum angeben müssen. Auch der Geltungsbereich der EPR wird auf neue Produktkategorien ausgeweitet. Da auch deutsche Online-Händler, die nach Frankreich versenden, betroffen sein können, zeigt die IT-Recht Kanzlei in diesen FAQ auf, was es ab dem 01.01.2022 zu beachten gibt.

A. Um was geht es?

Frankreich gilt innerhalb Europas als Vorreiter bei der abfallwirtschaftlich umweltgerechten Ausgestaltung des Konsumgüterhandels.

Mit dem Ziel der Vermeidung von umweltschädlichen Abfällen und einem bestmöglichen Recycling hat der französische Gesetzgeber Hersteller in den vergangenen Jahren zunehmend in die Pflicht genommen, um den Verbleib ihrer Produkte auf dem Markt zu überwachen, eine geordnete Rückführung und Wiederaufbereitung sicherzustellen und Verbraucher durch zahlreiche Informationspflichten zu sensibilisieren.

Einerseits geschieht dies durch eine Fülle von Kennzeichnungspflichten für Produkte selbst, die in Form von Logos, Piktogrammen und Kurztexten eine schlichte Restmüllentsorgung durch Verbraucher verhindern und ein gesteigertes Umweltbewusstsein hervorrufen sollen. Hier treten im Jahr 2022 neue Informationspflichten in Kraft.

Andererseits erweitert und verschärft Frankreich kontinuierlich den Geltungsbereich und die Rechtspflichten im Zusammenhang mit der von der EU angestoßenen „erweiterten Herstellerverantwortung“ (in Frankreich „REP“ - Responsablilité élargie des producteurs“) .

Während diese in Deutschland derzeit nur für Verpackungen, Batterien und Elektrogeräte gilt, hat Frankreich den Geltungsbereich auf diverse andere Produktgruppen ausgedehnt.

Zum 01.01.2022 legt der französische Gesetzgeber nun noch einmal nach.

„Hersteller“ im Sinne des Umweltrechts müssen ab dem 01.01.2021 neuartige individuelle Registrierungsnummern (sog. „IDUs“ – „identifiants uniques“) für Produkte führen, die der REP unterfallen, und diese sowohl in ihren Geschäftsbedingungen als auch auf Websites im Impressum angeben.

Zudem wird der Geltungsbereich der EPR auf neue Produktgruppen ausgeweitet.

B. Neue individuelle Registrierungsnummern in Frankreich ab dem 01.01.2022

Zum 01.01.2022 sind Produzenten im Sinne des Umweltrechts (auch deutsche Online-Händler können betroffen sein, s.u.) verpflichtet, eindeutige umweltrechtliche Registrierungsnummern zu führen und Abnehmer darüber auf zweierlei Wegen zu informieren.

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1.) Was bedeuten die individuellen Registrierungsnummern?

Zur lückenlosen Erfassung aller umweltrechtlich verpflichteten werden „Hersteller“ im Sinne des französischen Umweltrechts ab dem 01.01.2022 verpflichtet, eindeutige Registrierungsnummern („identifiants uniques“ – „IDUs“) zu führen.

Über diese Nummern soll ihre abfallwirtschaftsrelevante Tätigkeit nachvollzogen und eine einzelfallbezogene Kontrolle der Erfüllung der umweltrechtlichen Pflichten ermöglicht werden können.

Verpflichtete sollen über diese Nummern ihre Pflichtmengenmeldungen tätigen und Recyclinggebühren entrichten können.

Abnehmer sollen über die Nummern der Verpflichteten die korrekte abfallrechtliche Erfassung ihrer Verkäufer prüfen können.

Wichtig hierbei ist, dass nicht jeder „Hersteller“ im Sinne des französischen Umweltrechts nur eine Registrierungsnummer erhält. Pro Produktkategorie, die der erweiterten Herstellerverantwortung unterfällt und mit deren Produkten er handelt, wird eine eigenständige Nummer vergeben.

Ein Marktakteur kann insofern mehrere Registrierungsnummern (IDUs) zugewiesen bekommen und führen müssen.

Exkurs:

Die von der EPR in Frankreich erfassten Produktkategorien mit den jeweilig zuständigen Herstellerorganisationen (Producer Reponsibility Organizations (PRO)) - Stand 12/2021:

#EPR-KategorieBeispieleHerstellerorganisationen (PRO)
1Elektro- und ElektronikgeräteHaushaltsprodukte, Lampen, Feuerlöscher und elektronische Produkte für den professionellen Gebrauchhttps://www.ecosystem.eco, https://www.ecologic-france.com, Speziell für Solarpanele https://www.soren.eco/
2Altbatterien und -akkumulatoren (Akkus)Tragbare Batterien, Autobatterien und industrielle Batterienhttps://www.corepile.fr/, https://www.screlec.fr/
3VerpackungenKartons und Produktverpackungen, Versandkartons, Versandetiketten, Klebeband usw.https://www.citeo.com, https://www.leko-organisme.fr
4DruckpapierGedruckte Artikel wie Benutzerhandbücher, Wandtapeten, Geschenkgutscheine, Anzeigenbeilagenhttps://www.citeo.com
5MöbelMöbel für Privathaushalte und Gewerbehttps://www.eco-mobilier.fr,
6TextilienBekleidungstextilien, Haushaltswäsche und Schuhehttps://refashion.fr/pro/fr
7ReifenAuto-, Trecker- und Schwerlastreifen für den zivilen Gebrauchhttp://www.gie-frp.com, https://aliapur.fr
8ChemikalienKlebstoff, Farbe, Autolack, Aceton, Vaseline, Mastixhttps://www.ecodds.com/
9Medizinische Piercing-Geräte für die EigenbehandlungNadeln, Mikroperfusion, Katheter, Pens mit ausfahrbarer Nadelhttps://www.dastri.fr/

Die neuen Registrierungsnummern werden folgendes Format haben:

FRXXXXXXX_CODE

„CODE“ wird durch den Jahrgang der Registrierung und eine Kennnummer der Produktkategorie ersetzt.

2.) Wen betrifft die Pflicht zur Führung von und Information über die individuellen Registrierungsnummern?

Betroffen sind „Hersteller“ im Sinne des französischen Umweltrechts, welche mit Produkten im Geltungsbereich der französischen erweiterten Herstellerverantwortung handeln.

Damit sind aber nicht nur Produzenten mit Sitz in Frankreich gemeint, die Produkte in Frankreich auf dem Markt bereitstellen.

Als „Hersteller“ im Sinne des französischen Umweltrechts gelten alle Marktakteure, die

  • in Frankreich Produkte herstellen, die unter die französischen EPR-Bestimmungen fallen
  • Produkte nach Frankreich importieren, die unter die französischen EPR-Bestimmungen fallen oder
  • ohne Sitz oder Niederlassung in Frankreich Produkte nach Frankreich verkaufen, die unter die französischen EPR-Bestimmungen fallen

Gerade in Ansehung der letzten Alternative gelten als verpflichtete Hersteller im Sinne der französischen erweiterten Herstellerverantwortung auch deutsche Online-Händler, die EPR-erfasste Produkte nach Frankreich versenden.

3.) Wie erhält man die neue(n) Registrierungsnummer(n)?

Die neuen Registrierungsnummern werden betroffenen Marktakteuren ab dem 01.01.2022 automatisch vergeben.

Die Art der Vergabe hängt davon ab, wie der Betroffene in Frankreich abfallrechtlich erfasst ist.

Ist der Marktakteur Mitglied einer Herstellerorganisation (Producer Reponsability Organizations (PRO)) – „Éco-Organsimes“) für die entsprechende Produktkategorie, übernimmt diese für ihn den Bezug und die Vergabe der Registrierungsnummer und stellt sie ihm ab dem 01.01.2022 bereit.

Ist der Marktakteur nicht in einem Kollektiv, sondern singulär für die EPR erfasst, erhält er die Registrierungsnummer(n) in seinem SYDEREP-Account (https://www.syderep.ademe.fr/)

Für deutsche Händler, die nach Frankreich versenden und bzgl. der EPR noch nicht erfasst sind, ist ein Beitritt zum/zu den entsprechenden Kollektiv(en) (Producer Reponsibility Organizations (PRO, s.o. auch Auflistung oben unter "Exkurs")) regelmäßig die einzige Option. Die Kollektive übernehmen für ihre Mitglieder die Vergabe der individuellen Registrierungsnummern und helfen auch im Übrigen bei der Unterstützung der Rechtspflichten.

Für die singuläre ERP-Erfassung wäre erforderlich, dass ein eigenes Abfallrücknahmesystem in Frankreich einrichtet, was auch entsprechend durch die zuständige Behörde anerkannt wird. Dies ist für Händler - erst recht für Online-Händler mit Sitz in Deutschland - grundsätzlich nicht zu bewerkstelligen.

Laut Angaben der französischen Behörden beginnt die Vergabe der Nummern ab dem 03.01.2022.

4.) Gibt es pro Marktakteur nur eine oder gibt es mehrere Registrierungsnummern?

Es kann pro Marktakteur mehrere Registrierungsnummern geben, je nachdem, in welchen Produktkategorien er seine Handelstätigkeit ausübt.

Pro Kategorie der von der EPR erfassten Kategorien (s. oben Exkurs) werden individuelle Nummern vergeben.

Ein „Hersteller“ im Sinne des französischen Umweltrechts, der etwa mit Elektrogeräten und Produkte mit Batterien handelt, führt ab dem 01.01.2022 zwei unterschiedliche Registrierungsnummern („IDUs“).

5.) Informationspflichten: wo sind die neuen Registrierungsnummern anzugeben?

Im Zuge der Einführung der neuen Registrierungsnummern werden auch neue diesbezügliche Informationspflichten geschaffen.

Über die persönliche(n) Registrierungsnummer(n) ist auf zwei Wegen zu informieren:

  • einerseits müssen die persönlichen Nummern in den AGB des Marktakteurs angegeben werden – unabhängig davon, ob er eine Online-Präsenz unterhält oder nicht
  • andererseits müssen die persönlichen Nummern zusätzlich im Impressum angegeben werden, wenn der Marktakteur auch Internetpräsenzen unterhält

Hierbei ist es irrelevant, über welchen Kanal der Marktakteur tätig ist. Die Informationspflichten gelten also sowohl im eigenen französischen Online-Shop als auch auf französischen Handelsplattformen.

Hinweis zu den Rechtstexten der IT-Recht Kanzlei:

Die IT-Recht Kanzlei wird alle französischsprachigen AGB zum Einsatz auf dem französischen Markt pünktlich zum Jahresende um eine neue Klauseloption erweitern, in welcher Mandanten ihre neue(n) individuelle(n) Registrierungsnummer(n) hinterlegen können.

6.) Gelten die neuen Informationspflichten nur im B2C- oder auch im B2B-Bereich?

Die neuen Informationspflichten gelten sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich.

Unabhängig vom Handelszweig müssen erfasste Marktakteure ihre Registrierungsnummer(n) in AGB und Impressum kommunizieren.

Das französische Recht differenziert hier nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern, sondern verpflichtet zur Information gegenüber jedwedem Abnehmer allgemein.

7.) Drohen Sanktionen, wenn über die neue(n) Registrierungsnummer(n) nicht ordnungsgemäß informiert wird?

Ja. Bei nicht ordnungsgemäßer Information über die neuen Registrierungsnummer(n) drohen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro je Einzelverstoß.

8.) Werden Marktplätze wie Amazon die neuen Registrierungsnummern kontrollieren und einfordern?

Ja. Marktplätze werden in Frankreich ab dem 01.01.2022 verpflichtet, von Herstellern im Sinne des französischen Umweltrechts die neuen Registrierungsnummern abzufragen.

Amazon etwa hat sich mit entsprechenden Ankündigungen bereits an seine Marketplace-Händler gewandt.

Nützliche Informationen zur EPR in Frankreich und in Deutschland und FAQ zum Handeln auf Amazon mit EPR-relevanten Produkten können Betroffene auf Deutsch hier .

9.) Wo lassen sich mehr Informationen zu den neuen Registrierungsnummern finden?

Mehr Informationen zu den neuen Registrierungsnummern können gefunden werden:

  • in den speziellen FAQ des offiziellen französischen SYDEREP-Portals
  • bei der Deutschen Außenhandelskammer
  • im Infoblatt der französischen Organisation „éco-mobilier“
  • in Bezug auf das Handeln bei Amazon auf einer speziellen Infoseite

C. Neue von der EPR erfasste Produktkategorien ab dem 01.01.2022

Frankreich weitet zum 01.01.2022 zusätzlich den Katalog an von der EPR erfassten Produktkategorien aus.

1.) Welche neuen Produktkategorien werden ab dem 01.01.2022 in Frankreich von der EPR erfasst?

Folgende Kategorien werden ab dem 01.01.2022 neu von der französischen EPR erfasst:

  • textile Dekorationselemente, mit Ausnahme von Elementen, die zum Schutz oder zur Dekoration von Einrichtungsgegenständen bestimmt sind (diese sind bereits seit dem 1. Januar 2020 von den EPR-Vorschriften betroffen)
  • Bauprodukte und -materialien im Bausektor
  • Spielzeug sowie Sport- und Freizeitartikel
  • Heimwerker- und Gartenartikel
  • Kleinwagen, 2- und 3-Radfahrzeuge und Quads

2.) Was ist unter „textile Dekorationselemente“ zu verstehen?

Unter „textile Dekorationselemente“ versteht der französische Gesetzgeber Textilien, die nicht für Bekleidungszwecke, sondern für Dekorationszwecke bestimmt sind.

Hierunter zählen unter anderem

  • Vorhänge und Gardinen
  • Teppiche und Fußmatten
  • Kunstrasen
  • Kissen und Kissenbezüge

3) Werden für die neuen EPR-Kategorien ebenfalls individuelle Registrierungsnummern verpflichtend?

Ja. Mit Aufnahme der neuen Produktkategorien in den EPR-Katalog müssen betroffene Marktakteure ab dem 01.01.2022 auch für die neuen Kategorien individuelle Registrierungsnummern führen, wenn sie mit Produkten dieser Kategorien in Frankreich handeln.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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3 Kommentare

B
BODALIKAR 31.12.2021, 16:40 Uhr
Miss
Have tried to register for Card Packaging with "Citeo" (see text below) as per your instruction, however the in the last step of registration it requests "Documents".... What are these documents that I must provide?

"For German dealers who ship to France and have not yet been recorded with regard to the EPR, joining the relevant collective (s) (Producer Responsibility Organizations (PRO, also listed above under "Excursion")) is usually the only one Option. The collectives take on the assignment of individual registration numbers for their members and also help with the support of legal obligations.
s
sport aktiv Ute Stark 23.12.2021, 17:50 Uhr
Frau
Hallo, uns geht es ebenso. Ab und an ein Verkauf von Sportartikeln nach Frankreich. Was müssen wir tun?
Danke vorab!
S
Sven 15.12.2021, 17:23 Uhr
GF
Hallo, wir haben einen deutschsprachigen Onlineshop und sind eigentlich in Frankreich nicht aktiv. Allerdings erhalten wir zwei-dreimal im Jahr Bestellungen von französischen Kunden. Kann man diese jetzt nicht mehr beliefern?

Danke für die Antwort!

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