Vergaberecht: OLG Celle gibt „gelbes“ Licht für Forderung der Subunternehmernennung
Seit der BGH- Entscheidung vom 10.6.2008 - X ZR 78/07 ist die Verunsicherung der Vergabestellen groß. Der BGH hatte im Rahmen der Auslegung einer Klausel, die eine Benennung des vorgesehenen Nachunternehmers auf Verlangen vorsah, die bis dahin herrschende Meinung zum Recht der Vergabestelle, bereits mit dem Angebot die Nennung von Nachunternehmern zu fordern, in Frage gestellt.
Er hatte ausgeführt, dass die verbindliche Mitteilung der bei der Ausführung vorgesehenen Nachunternehmer die Bieter in Anbetracht des Umstands, dass der Zuschlag naturgemäß nur auf ein Angebot ergehe, in einem Maße belasten könne, das regelmäßig nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen dieser Vorgehensweise für die Vergabestelle stehe.
*Siehe: hierzu auch unser Beitrag: Vergaberecht: Sind Subunternehmer bereits bei Angebotsabgabe bekannt zu geben? *
1. Entscheidung des OLG- Celle zu dieser Frage
Das OLG-Celle hatte sich in seiner Entscheidung vom 02.10.2008, Az. 13 Verg 4 / 08 erneut mit dieser Frage auseinander zu setzen und gab „gelbes Licht“. Es entschied: Die Forderung, einen Subunternehmer bereits bei Angebotsabgabe zu nennen, ist keine objektiv unzumutbare Belastung des Bieters und damit unzulässig, sondern nur dann zu prüfen , wenn sie vom Bieter als unzumutbar gerügt wird.
2. Sachverhalt
Eine Vergabestelle hatte den Rück- und Neubau einer Brücke europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. In den Verdingungsunterlagen wurden die Bieter u. a. darüber informiert, dass das Angebot vollständig sein müsse und unvollständige Angebote ausgeschlossen würden. Zu den von den Bietern geforderten Angaben und Nachweisen gehörte auch die Forderung:
„….mit dem Angebot sind: - die Unternehmen zu benennen, deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfall bedienen wird, und die Nachweise vorzulegen, dass ihm die erforderlichen Mittel dieser Unternehmer zur Verfügung stehen.“
Ein Bieter hatte zwar einen Nachunternehmer genannt, hatte aber ein Entsorgungszertifikat einer anderen Firma, die nicht in dem Nachunternehmerverzeichnis aufgeführt war, seinem Angebot beigelegt.
Er wurde daraufhin ausgeschlossen und stellte einen Nachprüfungsantrag.
Hier rügte er den Ausschluss unter anderem mit der Begründung, dass er zu dem von ihm genannten Nachunternehmen. in vertraglicher Beziehung stehe, nicht aber zu der Firma, deren Qualifikation er angegeben habe. Diese sei aber ihrerseits mit dem von ihm benannten Nachunternehmen vertraglich verbunden. Auch seien die von dem designierten Nachunternehmer zu erbringenden Leistungen seiner Ansicht nach völlig untergeordneter Natur.
Den Nachprüfungsantrag wies die Vergabekammer Lüneburg mit Beschluss vom 26. Juni 2008 ohne mündliche Verhandlung ab. Hiergegen wendete sich der Bieter mit der sofortigen Beschwerde an das OLG Celle.
3. Entscheidungsgründe
Das OLG-Celle hielt den Ausschluss des Bieters für begründet, weil die von ihm abgegebene Nachunternehmererklärung nicht vollständig war.
Zur Begründung wiederholte das Gericht fast schon beschwörend die bisherige Rechtsprechung zur Nachunternehmernennung :
„Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach bestimmten Formblättern gefordert, dann sind diese Erklärungen als Umstände ausgewiesen, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen, so dass die Nichtabgabe dieser Erklärungen mit dem Angebot regelmäßig zwingend zum Ausschluss nach § 25 Nr.1 Abs.1 lit. b VOB/A führt. …..Zu diesen.Erklärungen. gehören z.B. auch Angaben dazu, welche Leistungen der Bieter nicht selbst erbringen, sondern durch Nachunternehmer erbringen lassen will ([% Urteil id="5565" text="BGH, Urteil vom 18. September 2007. X ZR 89/04" %], ……). Der Angebotsausschluss greift ein, wenn eine geforderte Erklärung zum Nachunternehmereinsatz fehlt oder wenn dessen Art und Umfang unzureichend angegeben werden, so dass die Eignung des Bieters, die Zuverlässigkeit der Leistungserbringung oder der wertende Angebotsvergleich nicht mehr gewährleistet sind (OLG Schleswig, Beschluss vom 10. März 2006.)….“
Das Gericht entschied daher folgerichtig, dass gemessen an diesen Vorgaben das vom ausgeschlossenen Bieter eingereichte Verzeichnis der Nachunternehmer unvollständig sei.
Das eingereichte Entsorgungszertifikat einer anderen Firma, die nicht in dem Nachunternehmerverzeichnis aufgeführt sei, genüge den Anforderungen nicht. Die auf die jeweiligen Vertragsbeziehungen abstellende Sichtweise des Bieters für die Verpflichtung zur Benennung der eingesetzten Nachunternehmer sei unerheblich. Bei einer Auslegung nach dem maßgebenden objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008. X ZR 78/07 ) ergebe sich, dass für die Benennung der für den Bieter tätigen Unternehmer nicht die zwischen ihnen bestehenden rechtlichen Beziehungen, sondern lediglich der Umstand entscheidend sei, dass diese Unternehmer Tätigkeiten aus dem Aufgabenkreis des Bieters für ihn ausführten. Das entspreche auch dem Sinn und Zweck des geforderten Nachunternehmerverzeichnisses sowie der dazu erbetenen Verpflichtungserklärungen. Sie sollten den Auftraggeber in die Lage versetzen, die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit des Bieters überprüfen und beurteilen zu können
Das Gericht entschied des Weiteren dass die Frage der Relevanz der vom Nachunternehmer zu erbringenden Leistung unerheblich sei. Ob einem Umstand Relevanz für die Vergabeentscheidung zukomme, entscheide allein die Vergabestelle. Indem die Vergabestelle keine Leistungsposition von der Verpflichtung zur Benennung etwaiger zu ihrer Erfüllung eingesetzter Nachunternehmen ausgenommen sowie entsprechende Verpflichtungserklärungen bereits bei Angebotsabgabe verlangt habe, werde hinreichend deutlich, dass sie jeder der in dem Leistungsverzeichnis genannten Positionen eine wettbewerbliche Relevanz beimesse.
4. Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs
Vorsichtig und nicht sehr mutig setzte sich dann das OLG Celle mit den o.a. Ausführungen des BGH in seiner Entscheidung vom 10.6.2008 - X ZR 78/07 auseinander.
Es bedürfe keiner Entscheidung, ob diese Ausführungen auf den streitgegenständlichen Fall, in dem die Benennung der Nachunternehmer ausdrücklich bereits bei Angebotsabgabe gefordert wurde, übertragbar seien. Denn jedenfalls keiner der Bieter habe gerügt, dass die Angabe der vorgesehenen Nachunternehmer bereits bei Angebotsabgabe eine unzumutbare Belastung darstelle.
Ganz offensichtlich war das OLG Celle nicht einverstanden mit der Generalität, die der BGH in seinen Ausführungen zur der Forderung der Nachunternehmernennung an den Tag legte.
Das OLG Celle versuchte einen Ausweg. Es sah eine Möglichkeit (auf die es aber im streitgegenständlichen Fall mangels Rüge der Bieter nicht ankomme), dass dann etwas anderes gelte könne, wenn für einige Leistungen der Nachweis einer besonderer Qualifikation erbracht werden müsse. In einem solchen Fall könne die Vergabestelle ein erhebliches Interesse daran haben, schon bei Angebotsabgabe festzustellen, dass der dafür benannte Nachunternehmer, auf dessen Qualifikation es entscheidend ankomme, sich auch tatsächlich zur Erbringung der von ihm vorgesehenen Leistungen verpflichtet habe. Dies könnte die Vorgabe, den Nachunternehmer bereits bei Angebotsabgabe mitzuteilen, rechtfertigen.
5. Fazit
Die Entscheidung des OLG Celle ist konservativ und folgt der bisherigen Rechtsprechung zur Frage der Subunternehmernennung unter Umgehung der BGH-Entscheidung.
Die Forderung, einen Subunternehmer bereits bei Angebotsabgabe zu nennen, ist nach der Ansicht des OLG Celle keine objektiv unzumutbare Belastung und damit unzulässig, kann aber vom Bieter als solche gerügt werden. Wie über eine solche Rüge zu entscheiden wäre, lässt das OLG Celle offen.
Das Gericht sieht aber dann einen Fall des berechtigten erheblichen Interesses der Vergabestelle an der frühzeitigen Nachunternehmernennung als gegeben an, wenn für einige Leistungen der Nachweis einer besonderer Qualifikation erbracht werden müsse.
Da nicht entscheidungsrelevant, ist dies kein belastbarer Ausweg für verunsicherte Vergabestellen. Aber ein Versuch ist es wert!
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