BGH zur Irreführung: Fehlvorstellung bei einem erheblichen Teil der Verbraucher notwendig

BGH zur Irreführung: Fehlvorstellung bei einem erheblichen Teil der Verbraucher notwendig
von Mag. iur Christoph Engel
29.11.2012 | Lesezeit: 2 min

Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil Stellung zur Irreführung des Verbrauchers nach dem UWG bezogen: Eine solche liege nur dann vor, wenn bei einem erheblichen Teil der Verbraucher eine Fehlvorstellung geweckt wird. Nach Ansicht des BGH muss sich also ein weit überwiegender Teil der Bevölkerung falsche Vorstellungen über den Inhalt einer Werbeaussage machen, um diese als rechtswidrig gelten zu lassen; geringere Anteile wie etwa „ein nicht ganz unmaßgeblicher Anteil“ begründen noch keine wettbewerblich relevante Irreführung (vgl. aktuell BGH, Urt. v. 08.03.2012, Az. I ZR 202/10).

Auf das eigentliche Urteil soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da der Rechtsstreit nicht beendet, sondern zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (OLG München) zurückverwiesen wurde. Interessant ist jedoch die Argumentation des BGH zur Erheblichkeit von Fehlvorstellungen beim Verbraucher (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2012, Az. I ZR 202/10; mit weiteren Nachweisen):

„Bei der Beurteilung der Frage, wann ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs einer Irreführung unterliegt, ist zwar nicht von festen Prozentsätzen auszugehen, da die hierfür erforderliche normative Bewertung maßgeblich von der Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls abhängt […]. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung jedoch ersichtlich eine zu geringe Irreführungsquote zugrunde gelegt, weil es darauf abgestellt hat, dass lediglich ein nicht ganz unmaßgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs die hier in Rede stehende Angabe in einem nicht den objektiven Gegebenheiten entsprechenden Sinn versteht. Das reicht für die Annahme einer wettbewerblich relevanten Irreführung nicht aus.“

Hier wird in höchstrichterlicher Rechtsprechung festgestellt, dass eine Irreführung des Verbrauchers durch Werbung nur dann anzunehmen ist, wenn diese so zweideutig formuliert ist, dass spürbar große Teile der Bevölkerung einem Irrtum aufliegen; wenn auch der BGH sich zurecht einer prozentualen Angabe verschließt, dürfte doch davon auszugehen sein, dass zumindest mehr als die Hälfte der Bevölkerung über den Inhalt bzw. die Aussage der Werbung irren muss.

Dieses Urteil steht in einer Reihe mit verschiedenen Urteilen der letzten Zeit, in denen der BGH sich vom in Teilen der Rechtsprechung propagierten Bild des völlig ahnungslosen, unmündigen Verbrauchers abwendet und – ebenfalls zurecht – von einer gewissen Intelligenz und Mündigkeit des „situationsadäquat aufmerksamen“ Verbrauchers ausgeht.

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