Frage des Tages: Kann auch eine Bestelleingangsbestätigung schon zum Vertrag führen?

Frage des Tages: Kann auch eine Bestelleingangsbestätigung schon zum Vertrag führen?
22.09.2023 | Lesezeit: 7 min

Verträge kommen durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Also nur dann, wenn Käufer und Verkäufer beide „Ja“ sagen. Eine Bestätigung des Bestelleingangs stellt im Regelfall noch kein „Ja“ des Verkäufers da. Doch häufig werden hier handwerkliche Fehler gemacht, die zu einem ungewollten, vorschnellen Vertragsschluss führen.

Worum geht es?

Bei einer Online-Bestellung ist es wie bei der Eheschließung: Nur wenn beide „Ja“ sagen, kommt es zum Vertragsschluss.

Im Ecommerce läuft dies im Regelfall so ab, dass der Käufer durch seine Bestellung im Shop des Händlers ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags abgibt, da der Händler ihn hierzu durch seine Online-Angebote einlädt.

Dieses Kundenangebot kann der Händler dann annehmen, etwa durch eine Auftragsbestätigung, Aufforderung zur Zahlung oder durch den Versand der Ware, so dass es zu einem Vertragsschluss kommt.

Aus diesem Kaufvertrag wird der Verkäufer verpflichtet, die verkaufte Ware dem Käufer zu übergeben und zu übereignen. Der Käufer verpflichtet sich dabei, den Kaufpreis sowie ggf. vereinbarte Versandkosten zu bezahlen und die gekaufte Ware abzunehmen.

Nutzt der Käufer eine Sofortzahlungsart bei seiner Bestellung, etwa Paypal oder Amazon Pay, sieht es rechtlich anders aus.

In einem solchen Fall muss der Verkäufer das Kundenangebot bereits vorab, also antizipiert annehmen für den Fall der Vornahme der Zahlung, will er rechtssicher handeln. Dies deswegen, da die Zahlung des Käufers auf eine nicht bestehende Schuld (wegen eines bei Vornahme der Zahlung noch gar nicht bestehenden Kaufvertrags) diesen unangemessen benachteiligen würde und entsprechende Regelungen in AGB etc., die einen Vertragsschluss dann erst nachgelagert vorsehen, angreifbar und abmahnbar wären.

Folge: Der Verkäufer ist in solchen Fällen, arbeitet er mit korrekten AGB, direkt ab Vornahme der Sofortzahlung vertraglich gebunden. Einer gesonderten Auftragsbestätigung oder eines Versands der Ware Bedarf es für den Vertragsschluss dann nicht mehr. Auch die folgenden Ausführungen hinsichtlich der Gestaltung der Bestelleingangsbestätigung sind dann nicht mehr relevant.

Auch beim Verkauf über Plattformen können andere Regeln gelten. So sind etwa bei eBay.de eingestellte Angebote direkt verbindliche Angebote und nicht nur Einladungen zur Abgabe von Angeboten durch die Käufer. Wird die Bestellung bei eBay.de vom Kunden vorgenommen, kommt direkt ein Kaufvertrag zustande. Es bedarf hier keiner gesonderten Willenserklärung des Verkäufers mehr.

Im Normalfall ist ein solcher Vertragsschluss für den Verkäufer positiv.

Doch es gibt Konstellationen, in denen Verkäufer sich über einen Vertragsschluss nicht freuen. Etwa dann, wenn es Probleme bei der Verfügbarkeit der Ware gibt oder der Händler sich beim Preis zu seinen Ungunsten vertan hat, sind Verkäufer froh, wenn noch keine vertragliche Bindung vorliegt.

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Bestelleingangsbestätigungen sind grundsätzlich keine Annahme

Nach der Vorschrift des § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB sind Online-Händler verpflichtet, dem Kunden den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Weg zu bestätigen.

Diese Vorschrift dient in erster Linie dazu, dem Kunden die Sicherheit zu geben, dass seine Bestellung beim Verkäufer angekommen ist und er diese nochmals auf Fehler überprüfen kann.

In der Praxis wird dies bei Bestellungen im eigenen Online-Shop umgesetzt, indem das Shopsystem nach Bestelleingang automatisiert eine Email an den Besteller sendet, welche den Inhalt der getätigten Bestellung nochmals wiedergibt und den Kunden über die weiteren Schritte informiert, etwa dahingehend, dass er im Falle der Annahme seines Angebots eine Auftragsbetätigung bzw. eine Information zum Versand der Ware erhalten wird.

In der bloßen Bestätigung des Eingangs der Bestellung bzw. der Wiedergabe des Inhalts der getätigten Bestellung liegt noch keine Annahme des Kundenangebots, so dass eine solche Eingangsbestätigung – ist sie juristisch korrekt formuliert – noch nicht zu einem Vertragsschluss führt.

Dies ist in der Praxis seitens des Händlers auch gewollt, will er zumeist die Bestellung nochmals prüfen und die Verfügbarkeit der bestellten Ware sicherstellen, bevor er sich vertraglich bindet.

Häufige Fehler in der Praxis

Nicht selten machen Händler bei der Formulierung der Bestellbestätigungs-Email aber inhaltliche Fehler, die dazu führen, dass bereits in dieser Email die Annahme des Kundenangebots zu sehen ist und damit bereits in diesem frühen Stadium ein Vertragsschluss zustande kommt.

Dies kann zum durch eine vorschnelle, ausdrückliche Annahme erfolgen.

Formulierungen wie

„Wir danken für Ihren Auftrag, den wir hiermit gerne annehmen.“

„Vielen Dank für Ihren Kauf, den wir Ihnen gerne bestätigen.“

„Wir haben Ihre Bestellung erhalten und bestätigen Ihnen die Ausführung.“

haben in einer Bestelleingangsbestätigung daher nichts verloren, will sich der Händler nicht vorschnell binden.

Aber auch eine konkludente Annahme kommt immer wieder vor, etwa indem in der Email darauf verwiesen wird, dass eine tatsächliche Handlung erfolgt, die darauf schließen lässt, dass das Kundenangebot bereits angenommen wurde.

Vermieden sollten daher insbesondere Formulierungen, die dem Kunden den Eindruck vermitteln, es bedarf keines weiteren Schrittes mehr für den Erhalt der Ware. Tabu sind daher Formulierungen wie:

„Vielen Dank für Ihre Bestellung. Wir geben die Ware nun in den Versand.“

„Danke für Ihre Bestellung. Wir bereiten nun den Versand der bestellten Ware vor.“

„Wir geben Ihre Bestellung nun an die Versandabteilung zum Verpacken und Versand der Ware weiter.“

Diese Hinweise können vom Kunden nur so verstanden werden, dass bereits eine Annahme seines Angebots erfolgt ist und führen juristisch zu einem vorgelagerten Vertragsschluss durch den Versand der Eingangsbestätigung.

Schließlich muss auch darauf geachtet werden, dass der Kunde mit der Bestelleingangsbestätigung nicht zur Zahlung aufgefordert wird.

Wer etwa in seiner Bestelleingangsbestätigung darauf hinweist, dass der Kunde seines Vorkassebestellung durch Überweisen auf das genannte Bankkonto bezahlen soll, führt unmittelbar einen Vertragsschluss herbei.

Fazit

Im Onlineshop führt eine sauber formulierte Bestelleingangsbestätigungs-Email noch nicht zu einer Annahme des Kundenangebots und damit nicht zu einem Vertragsschluss (was so von den meisten Händlern auch gewünscht sein dürfte, um Probleme bei Preisfehlern oder Nichtverfügbarkeit der Ware zu vermeiden).

Stellt der Händler dann ein entsprechendes Problem fest, kann er das Angebot des Kunden zurückweisen und ist nicht vertraglich gebunden. Ausnahme: Vertrag kam bereits durch Nutzung einer Sofortzahlungsart wie Paypal oder Amazon Pay zustande. In einer solchen Konstellation kommt es für den Vertragsschluss ja gar nicht mehr auf eine gesonderte (Auftrags)Bestätigung an, damit es zu einem Vertragsschluss kommt.

Aber: Formulierungsfehler in Bestelleingangsbestätigungs-Emails führen in der Praxis häufig dazu, dass bereits mit dem Zugang einer solchen Email ein Vertragsschluss herbeigeführt wird (was von den meisten Händlern unerwünscht sein dürfte).

Denn: In einem solchen Fall bleibt bei einem Preisfehler nur noch die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung, um sich vom Vertrag lösen zu können.

Sie haben sich beim Preis der zur verkaufenden Ware geirrt und diesen im Shop fälschlicherweise zu niedrig angegeben, etwa weil Sie mit dem Komma verrutscht sind?

In den meisten Fällen kann ein Schaden durch eine unverzügliche und korrekte Irrtumsanfechtung noch vermieden werden. Hierbei ist jedoch auf einige Formalia zu achten.

Update-Service-Mandanten der IT-Recht Kanzlei finden hier hilfreiche Musterformulierungen für die korrekte Irrtumsanfechtung von bereits geschlossenen Verträgen.

Im Falle der fehlenden Warenverfügbarkeit dagegen gibt es keinen „Exit“ für den Händler und er muss auf Kulanz beim Kunden hoffen, dass dieser nicht auf seine Bestellung besteht. Andernfalls muss der Händler die Ware anderweitig und ggf. teurer beschaffen, um seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen.

Es ist daher allen Online-Händlern anzuraten, sich einmal zu vergegenwärtigen, was ihr Shopsystem inhaltlich in die Bestelleingangsbestätigungs-Emails packt. Aussagen, die eine ausdrückliche Annahme des Kundenangebots darstellen sind ebenso zu vermeiden, wie Hinweise, die auf eine konkludente Annahme schließen lassen.

Update-Service-Mandanten der IT-Recht Kanzlei finden Muster für rechtssichere Formulierungen einer Bestelleingangsbestätigungs-Email (auch „Zugangsbestätigung“ genannt) sowie einer Auftragsbetätigungs-Email hier:

- Bestelleingangsbestätigung
- Auftragsbetätigung

Sie wünschen sich professionelle, anwaltliche Unterstützung bei Ihrem Verkauf im Internet? Wir unterstützen Sie gerne mit unseren Schutzpaketen.

Wussten Sie bereits, dass unsere Schutzpakete Datenschutz, Starter und Premium grundsätzlich monatlich kündbar sind (Ausnahme: Sie wählen bei der Bestellung die Option „Treuerabatt“ für 2 kostenfreie Monate bei 12 Monaten Mindestvertragslaufzeit aus)?

Warum? Weil die IT-Recht Kanzlei durch Qualität und Leistung überzeugen möchte und ihre Mandanten nicht durch lange Mindestvertragslaufzeiten mit automatischen Verlängerungen um ein Jahr bei Nichtkündigung „knebeln“ möchte.

Und: Hin und wieder scheitert leider das neue Online-Vorhaben der Händler. Der Bund zum Rechtsdienstleister sollte die Händler dann nicht noch über Monate oder gar Jahre verpflichten.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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