FAQ zum neuen niederländischen Gewährleistungsrecht
Mit der Umsetzung der EU-Richtlinien EU/2019/771 und EU/2019/770 in niederländisches Recht hat sich auch das niederländische Gewährleistungsrecht verändert. Wir beantworten einige Fragen zu den Änderungen im niederländischen Gewährleistungsrecht.
Inhaltsverzeichnis
- Auf welchen EU-Richtlinien basiert die Gesetzesänderung?
- Wann wurden diese Richtlinien in niederländisches Recht umgesetzt?
- Für welche Verträge gelten die neuen Bestimmungen im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch?
- Welche Bestimmungen des niederländischen Gewährleistungsrechts entsprechen den Richtlinien?
- Wo weicht das niederländische Gewährleistungsrecht von den Richtlinien ab?
- Gelten die o.g. EU-Richtlinien auch für B2B-Verträge?
Auf welchen EU-Richtlinien basiert die Gesetzesänderung?
Die Gesetzesänderung basiert auf der
- Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs (Richtlinie EU/2019/771) sowie
- Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Richtlinie EU/2019/770).
Die bisherigen Regeln zum EU-Widerrufsrecht werden durch diese Richtlinien nicht berührt.
Wann wurden diese Richtlinien in niederländisches Recht umgesetzt?
Beide Richtlinien wurden im April 2022 in niederländisches Recht umgesetzt. Da das niederländische Recht kein eigenständiges Verbrauchergesetz kennt, wurden die beiden Richtlinien im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch umgesetzt, was zu Änderungen des Gesetzestextes führte (Title 7.1 und Title 7.1 AA Burgerlijk Wetboek).
Für welche Verträge gelten die neuen Bestimmungen im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch?
Die beiden Richtlinien gelten für Kaufverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Art. 3 Warenkauf-Richtlinie, Art. 3 Richtlinie Digitale Inhalte). Dies wurde entsprechend ins niederländische Bürgerliche Gesetzbuch übernommen.
Welche Bestimmungen des niederländischen Gewährleistungsrechts entsprechen den Richtlinien?
1. Mängelrechte
Das niederländische Gewährleistungsrecht gewährt Verbrauchern bei Lieferung mangelhafter Ware oder bei Bereitstellung mangelhafter digitaler Inhalte verschiedene Rechte:
- Nacherfüllung (Nachbesserung oder Umtausch)
- Anteilige Kaufpreiserstattung
- Rücktritt und vollständige Kaufpreiserstattung gegen Rückgabe der Kaufsache oder des digitalen Produkts
- Schadensersatz
2. Beweislastumkehr bei Verträgen mit Verbrauchern
Bei Vorliegen eines Mangels wird im ersten Jahr nach Übergabe der Ware bzw. Bereitstellung des digitalen Produkts vermutet, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe bzw. Bereitstellung bestanden hat. Nach Ablauf dieser Frist muss der Verbraucher beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe der Ware bzw. Bereitstellung des digitalen Produkts bestanden hat (Art.7:18a lid 2 BW).
Im früheren niederländischen Kaufrecht war die Frist für die Beweislastumkehr auf 6 Monate begrenzt.
3. Geltung für Gebrauchtware
Die neuen Regelungen des Gewährleistungsrechts gelten auch für gebrauchte Ware. Das niederländische Gewährleistungsrecht macht insoweit keinen Unterschied zwischen Neuware und gebrauchter Ware.
Wo weicht das niederländische Gewährleistungsrecht von den Richtlinien ab?
Der niederländische Gesetzgeber hat die Regelungen in den o.g. Richtlinien nicht vollständig übernommen, sondern ist bei der Umsetzung teilweise hiervon abgewichen.
1. Fristbegrenzung für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen
Im niederländischen Gewährleistungsrecht gibt es keine allgemeinverbindliche Fristbegrenzung (Verjährungsregelung) für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen. Bei Verträgen zur Lieferung von Waren hängt die Begrenzung der Geltendmachung von Ansprüchen von der Art der Ware und seiner normalen Nutzungsdauer ab. Bei Verträgen zur Bereitstellung von digitalen Inhalten können Gewährleistungsansprüche innerhalb der vereinbarten Nutzungsdauer für die Bereitstellung von digitalen Inhalten oder -Dienstleistungen geltend gemacht werden.
2. Rügepflicht des Käufers
Bei Verträgen zur Lieferung von Waren ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer einen Mangel der Kaufsache innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem er den Mangel festgestellt hat oder vernünftigerweise hätte feststellen müssen, mitzuteilen.
Dies gilt auch für den Fall, dass es sich bei dem Käufer um einen Verbraucher handelt. Eine Mitteilung innerhalb von zwei Monaten nach der Entdeckung des Mangels gilt als rechtzeitig. Wenn der Käufer dieser Rügepflicht nicht nachgekommen ist, kann er sich nicht auf Gewährleistungsansprüche berufen (Art. 7:23 lid 1Burgerlijk Wetboek). Diese Rügepflicht besteht jedoch nicht bei Verträgen zur Bereitstellung von digitalen Produkten (Art. 7:50 lid (2) Burgerlijk Wetboek).
Gelten die o.g. EU-Richtlinien auch für B2B-Verträge?
Nein, für Gewährleistungsansprüche im Rahmen von B2B-Kaufverträgen gilt allgemeines niederländisches Kaufrecht.
Auch sind in solchen Fällen in gewissem Umfang Vereinbarungen zwischen den Parteien zulässig, die zum Nachteil des Käufers von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen.
So kann zwischen Unternehmern etwa vereinbart werden, dass der Käufer die Ware oder das digitale Produkt unverzüglich nach Erhalt untersuchen und dem Käufer etwaige Mängel mitteilen muss. Wenn der Käufer dieser Pflicht nicht nachkommt, gilt die Ware oder das digitale Produkt als genehmigt und der Käufer kann keine Gewährleistungsansprüche geltend machen.
Wir bieten im Rahmen unserer Schutzpakete auch Rechtstexte für niederländische Online-Shops an, welche die gesetzlichen Regelungen nach niederländischem Recht berücksichtigen.
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