FAQ zum ElektroG – Kostspielige Verstöße vermeiden

FAQ zum ElektroG – Kostspielige Verstöße vermeiden
05.11.2024 | Lesezeit: 9 min

Wer in Deutschland Elektrogeräte über einen Online-Shop vertreiben möchte, muss die Vorgaben des ElektroG beachten. Bei Verstößen hiergegen drohen empfindliche Bußgelder. Dies musste kürzlich auch ein von uns betreuter Online-Händler erfahren, der wegen eines Verstoßes gegen das ElektroG auf ein Bußgeld in Höhe von knapp 6.000,- EUR in Anspruch genommen wurde.

I. Hintergrund

In dem zugrundeliegenden Bußgeldverfahren wurde dem Online-Händler ein Verstoß gegen § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 iVm § 6 Abs. 2 S. 1, S. 2 Nummer 1, § 3 Nr. 9 Hs. 2,3, § 3 Nr. 11ElektroG zur Last gelegt. Danach handelt ordnungswidrig, wer fahrlässig aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem Drittland stammende Elektro- und Elektronikgeräte auf dem Markt im Geltungsbereich des ElektroG erstmals anbietet sowie diese in Verkehr bringt, ohne dass der vertretene Hersteller oder im Falle der Bevollmächtigung sein Bevollmächtigter ordnungsgemäß registriert ist.

Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 ElektroG ist ein Hersteller oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 sein Bevollmächtigter verpflichtet, sich bei der zuständigen Behörde mit der Geräteart und Marke registrieren zu lassen, bevor er Elektro- oder Elektronikgeräte in Verkehr bringt.

Ferner dürfen Hersteller Elektro- oder Elektronikgeräte gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 ElektroG nicht in Verkehr bringen, wenn sie oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 deren Bevollmächtigte nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind.

Auf den ersten Blick scheinen sich die Vorschriften des ElektroG nur auf Hersteller oder Bevollmächtigte gemäß § 8 ElektroG zu beziehen. Allerdings können unter bestimmten Voraussetzungen auch Vertreiber als Hersteller gelten. Dies betrifft dann auch Online-Händler, die Elektrogeräte fremder Hersteller zum Verkauf anbieten.

Welche gesetzlichen Vorgaben beim Vertrieb von Elektrogeräten hinsichtlich des ElektroG in erster Linie zu beachten sind, erläutern wir in den nachfolgenden FAQ.

Einen einführenden Überblick über die Rechtslage verschafft auch dieses Video der Stiftung EAR.

II. FAQ

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Für welche Geräte gilt das ElektroG?

Das ElektroG gilt für sämtliche Elektro- und Elektronikgeräte. Dies sind Geräte, die für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1 000 Volt oder Gleichspannung von höchstens 1 500 Volt ausgelegt sind und

  • zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig sind oder
  • der Erzeugung, Übertragung und Messung von elektrischen Strömen und elektromagnetischen Feldern dienen;

Sie sind in die folgenden Kategorien unterteilt:

  • Wärmeüberträger,
  • Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimetern enthalten,
  • Lampen,
  • Geräte, bei denen mindestens eine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Großgeräte),
  • Geräte, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Kleingeräte), und
  • kleine Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt.

Hierunter fallen insbesondere die hier aufgeführten Geräte.

Welche Geräte sind vom Anwendungsbereich des ElektroG ausgenommen?

Das ElektroG gilt nicht für folgende Elektro- und Elektronikgeräte:

1. Geräte, die der Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland dienen, einschließlich Waffen, Munition und Wehrmaterial, die nur für militärische Zwecke bestimmt sind,
2. Geräte, die

a. als Teil eines anderen Gerätes, das vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen ist oder nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt, in dieses eingebaut sind und
b. ihre Funktion nur speziell als Teil dieses anderen Gerätes erfüllen können,

3. Glühlampen,
4. Ausrüstungsgegenstände für einen Einsatz im Weltraum,
5. ortsfeste industrielle Großwerkzeuge,
6. ortsfeste Großanlagen; dieses Gesetz gilt jedoch für Geräte, die nicht speziell als Teil dieser Anlagen konzipiert und darin eingebaut sind,
7. Verkehrsmittel zur Personen- und Güterbeförderung; dieses Gesetz gilt jedoch für elektrische Zweiradfahrzeuge, für die eine Typgenehmigung nicht erforderlich ist,
8. bewegliche Maschinen,
9. Geräte, die ausschließlich zu Zwecken der Forschung und Entwicklung speziell entworfen wurden und nur auf zwischenbetrieblicher Ebene bereitgestellt werden, und
10. medizinische Geräte und In-vitro-Diagnostika, bei denen jeweils zu erwarten ist, dass sie vor Ablauf ihrer Lebensdauer infektiös werden, und aktive implantierbare medizinische Geräte.

Wer ist Hersteller im Sinne des ElektroG?

Hersteller im Sinne des ElektroG ist jede natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die unabhängig von der Verkaufsmethode, einschließlich der Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312c Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,

a) Elektro- oder Elektronikgeräte
aa) unter ihrem Namen oder ihrer Marke herstellt und innerhalb Deutschlands anbietet oder

bb) konzipieren oder herstellen lässt und sie unter ihrem Namen oder ihrer Marke innerhalb Deutschlands anbietet,

b) Elektro- oder Elektronikgeräte anderer Hersteller unter ihrem eigenen Namen oder ihrer Marke in Deutschland anbietet oder gewerbsmäßig weiterverkauft, wobei der Anbieter oder Weiterverkäufer dann nicht als Hersteller anzusehen ist, wenn der Name oder die Marke des Herstellers gemäß Buchstabe a auf dem Gerät erscheint,

c) erstmals aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem Drittland stammende Elektro- oder Elektronikgeräte auf dem Markt in Deutschland anbietet oder

d) Elektro- oder Elektronikgeräte unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln direkt Endnutzern in Deutschland anbietet und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Drittland niedergelassen ist;

Wer ist Bevollmächtigter im Sinne des ElektroG?

Bevollmächtigter im Sinne des ElektroG ist jede in Deutschland niedergelassene natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die ein Hersteller ohne Niederlassung in Deutschland beauftragt hat, in eigenem Namen sämtliche Aufgaben wahrzunehmen, um die Herstellerpflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen.

Wer ist Vertreiber im Sinne des ElektroG?

Vertreiber im Sinne des ElektroG ist jede natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die Elektro- oder Elektronikgeräte in Deutschland anbietet oder auf dem Markt bereitstellt.

Kann ein Vertreiber im Sinne des ElektroG gleichzeitig auch Hersteller im Sinne des ElektroG sein?

Ja, den Vertreiber können unter Umständen gleichzeitig auch die Verpflichtungen als Hersteller von Elektrogeräten treffen. Dies ist in folgenden Konstellationen denkbar:

  • Ein Vertreiber ist Hersteller, wenn er als Wiederverkäufer oder Einzelhändler Elektrogeräte anbietet, auf denen nur seine Eigenmarke aufgebracht ist (§ 3 Nummer 9 b) ElektroG) .
  • Ein Vertreiber ist Hersteller, wenn er Elektrogeräte nach Deutschland importiert und erstmals auf dem deutschen Markt anbietet (§ 3 Nummer 9 c) ElektroG) .
  • Ein Vertreiber gilt als Hersteller im Sinne des ElektroG, wenn er schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) Elektrogeräte nicht oder nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller oder von Herstellern, deren Bevollmächtigte nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind, zum Verkauf anbietet (§ 3 Nummer 9 ElektroG) .

Wer muss die Registrierung nach dem ElektroG durchführen?

Die Registrierung muss grundsätzlich vom Hersteller oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 ElektroG von dessen Bevollmächtigtem vorgenommen werden. Besteht für das betreffende Gerät aber noch keine Registrierung in Deutschland, kann auch der Vertreiber zur Registrierung verpflichtet sein, wenn er das betreffende Gerät in Deutschland zum Verkauf anbieten möchte.

Wie ist die Registrierung durchzuführen?

Die Registrierung muss in Deutschland bei der zuständigen Stiftung EAR durchgeführt werden. Dabei müssen Geräteart und Marke des Gerätes registriert werden. Geräteart ist eine Zusammenfassung von Geräten innerhalb einer Kategorie, die hinsichtlich der Art ihrer Nutzung oder ihrer Funktionen vergleichbare Merkmale aufweisen. Der Registrierungsantrag muss die hier aufgeführten Angaben enthalten.

Die Registrierung kann auch von externen Dienstleistern im Auftrag des Herstellers durchgeführt werden. Unsere Kanzlei arbeitet insoweit etwa mit diesem Anbieter zusammen.

Wie lange dauert das Registrierungsverfahren?

Erfahrungsgemäß dauert das Verfahren laut Stiftung EAR zwischen 6 und 7 Wochen. Bei sehr hohem Geschäftsaufkommen kann sich die Bearbeitungszeit verlängern. Auch unvollständige, unklare oder unrichtige Anträge können das Verfahren verzögern. Beantragen Sie daher die Registrierung rechtzeitig vor dem geplanten Beginn des Vertriebes der Elektro- und Elektronikgeräte.

Gilt die Registrierung in Deutschland auch für andere EU-Länder oder umgekehrt?

Nein, die Registrierung in Deutschland nach dem ElektroG ist nur in Deutschland gültig, da jeder EU-Mitgliedsstaat die Richtlinie 2012/19/EU (WEEE-Richtlinie) selbstständig in nationales Recht umgesetzt hat. Daher gilt eine Registrierung immer nur im jeweiligen Land.

Wie kann ich als Händler überprüfen, ob bereits eine Registrierung vorliegt?

Die Stiftung EAR hält auf ihrer Website ein Verzeichnis der registrierten Hersteller und registrierten Bevollmächtigten nach dem ElektroG vor. Dort kann man als Händler überprüfen, ob der Hersteller bereits eine Registrierung für die betreffenden Gerät vorgenommen hat.

Wie sollte ich mich als Händler verhalten, wenn das Verzeichnis für meine Geräte keinen Treffer anzeigt?

In diesem Fall sollten Sie zunächst bei dem Hersteller nachfragen, ob dieser bereits eine Registrierung für Deutschland vorgenommen hat und sich dies ggf. durch Unterlagen nachweisen lassen.

Keinesfalls sollten Sie die Geräte bereits zum Verkauf anbieten, wenn die Frage der Registrierung noch nicht geklärt ist. Notfalls sollten Sie selbst eine Registrierung vornehmen, bevor Sie die betreffenden Geräte zum Verkauf anbieten.

Müssen Elektrogeräte auch gekennzeichnet werden?

Mit Ausnahme historischer Altgeräte sind Elektro- und Elektronikgeräte vor dem Inverkehrbringen auf dem europäischen Markt dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist und festgestellt werden kann, dass das Gerät nach dem jeweiligen in § 3 Nummer 4 genannten Zeitpunkt erstmals auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht wurde. Dies geschieht in der Regel durch das dauerhafte Anbringen der Gerätemarke auf dem Gerät.

Historische Altgeräte sind

  • Altgeräte, die vor dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht wurden
  • Leuchten aus privaten Haushalten und Photovoltaikmodule, die Altgeräte sind und vor dem 24.10. 2015 in Verkehr gebracht wurden
  • Altgeräte, die vor dem 15.08.2018 in Verkehr gebracht wurden und ab 15.08.2018 erstmals in den Anwendungsbereich des ElektroG fallen (Open-Scope)

Ferner müssen Elektro- und Elektronikgeräte vor dem Inverkehrbringen auf dem europäischen Markt mit dem Symbol einer durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet werden. Sofern es in Ausnahmefällen auf Grund der Größe oder der Funktion des Elektro- oder Elektronikgerätes erforderlich ist, ist das Symbol statt auf dem Gerät auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein für das Elektro- oder Elektronikgerät aufzudrucken.

Tipp:

Als Händler sollten Sie vor dem Anbieten entsprechender Geräte prüfen, ob diese mit der vorgenannten Kennzeichnung versehen sind. Fehlt eine solche Kennzeichnung, spricht einiges dafür, dass auch die erforderliche Registrierung nicht vorgenommen wurde, was wiederum ein Vertriebsverbot nach sich zöge.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen mir als Händler, wenn ich nicht registrierte Elektrogeräte in Deutschland zum Verkauf anbiete?

Ein Verstoß gegen die Registrierungspflicht nach dem ElektroG begründet einerseits einen Wettbewerbsverstoß, der mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts (z. B. Abmahnung) verfolgt werden kann.

Andererseits stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld sanktioniert werden kann (siehe oben). Zuständige Behörde für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten gemäß § 45 Absatz 3 ElektroG in Verbindung mit § 36 Absatz 3 OWiG ist das Umweltbundesamt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 100.000,- EUR geahndet werden (§ 45 Absatz 2 ElektroG) .

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
macherstudio

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1 Kommentar

U
Ulrich Holst 01.04.2022, 12:46 Uhr
Rechtzeitig aktiv werden
Wir mussten die Erfahrung machen, dass die EAR-Registrierung sehr aufwändig ist und mehr als 3 Monate Bearbeitungszeit bei der EAR-Stiftung in Anspruch nahm (2019). Monatlich muß dann gemeldet werden wieviel Stück in Verkehr gebracht worden sind. Säumnis wird vom Umweltamt mit hohen Bußgeld belegt.

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