Weitere Bindungen in selektiven Vertriebssystemen - FAQ Teil 6

Weitere Bindungen in selektiven Vertriebssystemen - FAQ Teil 6
11.04.2011 | Lesezeit: 6 min

Im 6. Teil der FAQ der IT-Recht Kanzlei geht es um weitere Bindungen in selektiven Vertriebssystemen.

F. Weitere Bindungen
50. Welche anderen Bindungen gibt es?
51. Was ist die Fachhandelsbindung?
52. Was ist das Sprunglieferungsverbot?
53. Was ist das Verbot des Verkaufs von einer nicht zugelassenen Stelle?
54. Was ist das Verbot Produkte konkurrierender Anbieter zu verkaufen?
55. Was sind Ausschließlichkeitsbindungen?
56. Ist ein Wettbewerbsverbot von mehr als 5 Jahren zulässig?

 

F. Weitere Bindungen

50.    Welche anderen Bindungen gibt es?

  • Vertriebsbindung / Fachhandelsbindung / Verbot an nichtzugelassene Händler zu liefern
  • Querlieferungsverbot
  • Sprunglieferungsverbot
  • Verbot des Verkaufs von einer nicht zugelassenen Stelle.
  • Verbot Produkte konkurrierender Anbieter zu verkaufen.
  • Preisvorgaben
  • Wettbewerbsverbote länger als 5 Jahre
  • Beschränkung des aktiven Verkaufs, außer in Alleinvertriebsbereiche.
  • Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endkunden
  • Ausschließlichkeitsbindungen
  • Beschränkung der Möglichkeit des Abnehmers, Teile, die zur Weiterverwendung geliefert werden an Konkurrenten des Anbieters zu verkaufen.
  • Koppelungsbindungen
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51.    Was ist die Fachhandelsbindung?

Damit der Vertrieb des Anbieters zu einem System wird, müssen die zugelassenen Händler sich verpflichten, nicht an nichtzugelassene Händler zu verkaufen (Vertriebsbindung). Erst dadurch wird das System geschlossen. Nach dem theoretischen Modell kursiert die Vertragsware auf dem Weg vom Hersteller zum Endverbraucher dann nur innerhalb der zugelassenen Händler. Nur wenn Vertragshändler vertragswidrig die Ware an nichtzugelassene Händler (sog. Außenseiter) abgeben, entstehen Systemlöcher und Graumärkte.
Die Fachhandelsbindung ist das Verbot an Nichtfachhändler zu liefern. Das meint, dass allen Vertragshändlern des qualitativen Vertriebssystems auf allen Wirtschaftsstufen verboten werden kann, an nicht zugelassene Händler zu liefern. Da die nichtzugelassenen Händler die qualitativen Voraussetzungen des Anbieters nicht erfüllen, sind sie sogenannte Nichtfachhändler. Damit sind die Händler gebunden nur an zugelassene Fachhändler (oder an Endverbraucher) zu liefern. Ist das selektive Vertriebssystem auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt, gilt die Fachhandelsbindung ebenso nur für dieses Gebiet.
Die Vertriebsbindung ist zulässig, da sie entweder zur Errichtung eines rein qualitativen Vertriebssystems notwendig ist, und für die freigestellten Vertriebssysteme als Ausnahme einer Kernbeschränkung freigestellt ist (Art. 4 lit. b iii GVO).

52.    Was ist das Sprunglieferungsverbot?

Der Anbieter beschränkt seinen Abnehmer, der ein Großhändler ist, in der Möglichkeit direkt an einen Endverbraucher zu verkaufen. Damit wird die Einzelhandelsstufe in ihre Funktion als Verkaufsstufe an den Endverbraucher davor geschützt, dass die Großhandelsstufe zu billigeren Preisen verkauft. Das Sprunglieferungsverbot ist zulässig, wie sich aus Art. 4 lit.b ii GVO ergibt.

53.    Was ist das Verbot des Verkaufs von einer nicht zugelassenen Stelle?

Dieses Verbot ist zulässig zum Schutze eines an einem anderen Ort betriebenen Alleinvertriebssystems. Das meint z.B. den Fall, dass der Anbieter dem Händler A das Gebiet X zum Alleinvertrieb überlassen hat und den restlichen Markt mit einem selektiven Vertriebssystem abdeckt. Der Vertriebshändler B hat mehrere Verkaufsstätten, eine davon im Gebiet X. Zum Schutze des Alleinvertriebs des A kann der Anbieter dem B verbieten, von dessen Verkaufsstätte im Gebiet X zu verkaufen. So können Vertragshändler gehindert werden, das Produkt von einer anderen als der zugelassenen oder gar von einer neuen Verkaufsstätte aus zu verkaufen. Die eigene Homepage des Händlers zählt nicht als neue Verkaufsstätte. Bei einer mobilen Verkaufsstätte des Händlers kann der Anbieter bestimmen, dass von dieser mobilen Verkaufsstätte nur in einem bestimmten Gebiet verkauft werden darf.

54.    Was ist das Verbot Produkte konkurrierender Anbieter zu verkaufen?

Dieses Verbot ist zulässig, wenn es sich auf die konkurrierenden Produkte aller Hersteller bezieht. Nicht zulässig ist es, wenn es sich nur auf die konkurrierenden Produkte bestimmter Hersteller bezieht, da es gegen Art. 5 Abs. 1 lit. c Vertikal-GVO (graue Klausel) verstößt.

55.    Was sind Ausschließlichkeitsbindungen?

Ausschließlichkeitsbindungen können in verschiedenen Arten auftauchen. Das gebundene Unternehmen, der Abnehmer, bezieht Waren vom bindenden Unternehmen, dem Hersteller, und verpflichtet sich konkurrierende Waren nicht von Dritten zu beziehen. Oder das gebundene Unternehmen, der Hersteller, gibt Waren an das bindende Unternehmen, den Abnehmer, und verpflichtet sich andere (konkurrierende) Waren und Dienstleistungen nicht an Dritte abzugeben. Weitere Unterfälle sind Alleinbezugsverträge, Markenzwang und Bedarfsdeckungsverpflichtungen.

Ausschließlichkeitsvereinbarungen sind freigestellt und damit zulässig, wenn der Marktanteil des Abnehmers nicht mehr als 30% beträgt. Beinhalten sie auch ein Wettbewerbsverbot (so bei Alleinvertrieb und Kundenbeschränkung), so sind Laufzeiten bis zu zwei Jahren zulässig; Laufzeiten zwischen zwei und fünf Jahren sind freigestellt und damit zulässig.

a. Markenzwang

Beispielsweise verpflichtet sich beim Markenzwang der Abnehmer ein bestimmtes Produkt nur bei einem Anbieter zu kaufen. Auch zählen Vereinbarungen oder Anreizregelungen (Rabatte, Auflagen) die den Abnehmer dazu bringen, mehr als 80% seines Bedarfes an einem bestimmten Markt nur bei einem Anbieter zu decken dazu. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Vereinbarung darauf zielt, dass er nur bei dem Anbieter kauft. Es genügt, dass er keine konkurrierenden oder eigenen Produkte verkauft. Die Vereinbarung eines Markenzwangs ist freigestellt und damit zulässig, wenn der Marktanteil des Abnehmers nicht mehr als 30% beträgt.

 

b. Alleinvertrieb
Beim Alleinvertriebsvertrag räumt der Anbieter einem Händler das alleinige Verkaufsrecht über ein Produkt für ein bestimmtes Gebiet ein. Dabei verpflichtet er sich, anderen abnehmenden Händlern, es nicht zu gestatten in das bestimmte Gebiet aktiv zu verkaufen. Der passive Verkauf der anderen abnehmenden Händler in das Ausschließlichkeitsgebiet darf aber nicht eingeschränkt werden. Oft wird noch ein Verbot des aktiven Verkaufs des Händlers in andere Gebiete vereinbart, die der Anbieter anderen Händlern zum alleinigen Verkauf zugewiesen hat.

Alleinvertriebsvereinbarungen sind freigestellt und damit zulässig, wenn Anbieter und Abnehmer jeweils auf ihrem Markt nicht mehr als 30% Marktanteil haben. Auch in Kombination mit anderen vertikalen Vereinbarungen wie ein auf fünf Jahre befristetes Wettbewerbsverbot, Mengenvorgaben oder Alleinbezugsverpflichtungen bleiben sie zulässig.

Allerdings wird der Alleinvertrieb in Verbindung mit einem selektiven Vertriebssystem nur dann freigestellt, wenn der aktive Verkauf in andere, als das ausschließliche Gebiet nicht beschränkt ist.

 

c. Kundenbeschränkung
Bei Kundenbeschränkungsvereinbarungen räumt der Anbieter einem Händler das alleinige Verkaufsrecht über ein Produkt für eine bestimmte Kundengruppe ein. Dabei verpflichtet er sich, anderen abnehmenden Händlern, es nicht zu gestatten an diese Kundengruppe aktiv zu verkaufen. Der passive Verkauf der anderen abnehmenden Händler an die Ausschließlichkeitsgruppe darf aber nicht eingeschränkt werden. Oft wird noch ein Verbot des aktiven Verkaufs des Händlers an andere Kundengruppen vereinbart, die der Anbieter anderen Händlern zum alleinigen Verkauf zugewiesen hat. Kundenbeschränkungen werden hauptsächlich bei Zwischenprodukten auf allen Handelsstufen und bei Endprodukten auf der Großhandelsstufe verwendet. Denn in diesen Fällen lassen die Kundengruppen durch ihre verschiedene Anforderungen an die Ware unterscheiden.

Kundenbeschränkungen sind freigestellt und damit zulässig, wenn Anbieter und Abnehmer jeweils auf ihrem Markt nicht mehr als 30% Marktanteil haben. Auch in Kombination mit anderen vertikalen Vereinbarungen wie ein auf fünf Jahre befristetes Wettbewerbsverbot, Mengenvorgaben oder Alleinbezugsverpflichtungen bleiben sie zulässig.

In den oben genannten Hauptanwendungsfällen ist allerdings eine Kundenbeschränkung in Verbindung mit einem selektiven Vertriebssystem nicht zulässig, da in diesen Fällen normalerweise die Abgabe an Endverbraucher verboten ist, sodass eine Kernbeschränkung vorliegt. Diese Kombination aus Kundenbeschränkung und selektiver Vertriebssystem ist nur dann freigestellt, wenn der aktive Verkauf in andere, als das ausschließliche Gebiet nicht beschränkt ist.

 

56.    Ist ein Wettbewerbsverbot von mehr als 5 Jahren zulässig?

Unter Wettbewerbsverbot ist eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung zu verstehen, die den Abnehmer veranlasst, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen. Auch liegt ein Wettbewerbsverbot vor, wenn Abnehmer verpflichtet ist mehr als 80% seines Gesamtbezugs an Vertragswaren vom Anbieter zu beziehen.
Wettbewerbsverbote dürfen grundsätzlich nicht unbestimmt lang oder länger als fünf Jahre vereinbart werden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
© treenabeena - Fotolia.com

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