Kampf der Social Networks vor Gericht: StudiVZ behauptet sich gegen Facebook
StudiVZ – eine Kopie von Facebook? Unlautere Nachahmung des Layouts und Klau des Quellcodes, so lautet der Vorwurf der Facebook Ltd. Die US-Firma zog deshalb gegen die Holtzbrinck-Tochter StudiVZ Ltd. vor das LG Köln. Die Richter sahen das jedoch anders und wiesen die Klage gegen StudiVZ in allen Punkten ab (Urteil vom 16.6.2009, Az. 33 O 374/08). Jetzt geht Facebook in Berufung…
Inhaltsverzeichnis
I. Die Klage
Facebook machte Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadensersatz- und Besichtigungsansprüche geltend. Insbesondere sollte StudiVZ es unterlassen
- im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Angebot eines Sozialen Netzwerks eine von Facebook näher bezeichnete Bildschirmoberfläche zu verwenden;
- eine bestimmte für Facebook eingetragene Bildmarke zu benutzen;
- den Facebook-Quellcode oder Bearbeitungen des Quellcodes zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen.
Im Wesentlichen stützte Facebook die Klage auf folgende Punkte:
- StudiVZ ahme den sog. "Look & Feel" der Internetseiten von Facebook nach. Ein Vergleich der Seiten aus der Anfangszeit von StudiVZ belege, dass sich die Webseiten optisch nur marginal von den Webseiten der Klägerin aus den Jahren 2005/2006 unterschieden. Das Aussehen der Seiten sei – abgesehen von der Grundfarbe und einem anderen Logo - in Aufbau, Schriftbild und Funktionalitäten derart ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe und der gute Ruf der Klägerin beeinträchtigt werde.
- Es handele sich um eine unlautere Nachahmung, weil die Beklagte über Jahre hinweg zeitlich versetzt systematisch die wesentlichen technischen Funktionen, die Facebook auf ihrer Webseite anbiete, übernommen habe und auch weiter übernehme.
- StudiVZ habe die Kenntnisse zur Nachahmung der Facebook-Seite auf unlautere Weise erhalten.
- StudiVZ habe durch die Einführung von StudiVZ als Nachahmung von Facebook den Markteintritt von Facebook mit ihrem "Originalnetzwerk" behindert, denn die Besonderheiten des Marktes für Soziale Netzwerke führten dazu, dass das erste Soziale Netzwerk am Markt auf lange Sicht auch das größte bliebe.
- Markenrechte von Facebook seien verletzt.
- StudiVZ habe unberechtigt den PHP-Quellcode von Facebook verwendet. Indizien für eine Übernahme seien:
- die optische Identität der Webseiten,
- der identische Funktionsumfang,
- das Auftreten identischer, lediglich ins Deutsche übersetzter Texte,
- der identische Ablauf der Dialogfolgen,
- die Übereinstimmung der Stylesheets,
- die Identitäten bei PHP- und HTML-Dateinamen,
- die Übereinstimmung in Aufbau und Struktur (Dokumentinhaltsbaum) der Webseiten,
- die Auskommentierungen im HTML-Code,
- die für eine Nachahmung vollkommen unnötigen buchstabengetreuen und bytegrößengenauen Übereinstimmungen im HTML-Text.
II. Die Entscheidung des Gerichts
Das LG Köln stellte „nicht zu übersehende Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten der beiden Internetseiten“ fest.
Trotzdem wies das Gericht die Klage vollumfänglich ab. Die Begründung der Richter lautet u.a.:
1. Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Bildschirmoberflächen bestehe nicht, insbesondere nicht aus den §§ 3, 4 Nr. 9, 8 UWG. Es liege (trotz der nicht zu übersehenden Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten) keine unlautere Nachahmung vor. Erforderlich sei dafür nämlich eine Herkunftstäuschung, an der es aber fehle, weil zum Zeitpunkt der Markteinführung von StudiVZ in Deutschland im November 2005 der Konkurrent Facebook noch nicht den erforderlichen Bekanntheitsgrad auf dem deutschen Markt hatte.
Denn erst seit März 2008 existiere eine deutschsprachige Facebook-Version. Außerdem richtete sich Facebook bis September 2006 – ausschließlich in englischer Sprache – lediglich an nordamerikanische Studenten und Schüler.
2. Ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5, Abs. 1 MarkenG wegen Verletzung von Markenrechten sei unbegründet, da die Marke von StudiVZ nicht „markenmäßig verwendet“ werde.
3. Eine Unlauterkeit wegen unredlicher Erlangung von Kenntnissen oder Unterlagen habe Facebook nicht substantiiert vorgetragen. Vermutungen seien für den Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 9c, 8 UWG nicht ausreichend.
4. Facebook stehe wegen des Quellcodes kein urheberrechtlicher Anspruch aus §§ 97 Abs. 1, 69a UrhG zu, denn der Vortrag zu der behaupteten Quellcodeübernahme sei nicht hinreichend substantiiert. U.a. stellte dass Gericht fest, dass die Übereinstimmungen der Internetseiten auch darauf beruhen könnten, dass die Gründer von StudiVZ die Webseiten der Klägerin kannten und diese mit Hilfe der im Internet für jedermann sichtbaren Informationen in Anlehnung an die Facebook-Seite (zulässigerweise) nachprogrammierten bzw. nachprogrammieren ließen.
III. Fazit
Der Plagiatsvorwurf beschäftigt gleich mehrere Gerichte: In Kalifornien verklagte Facebook StudiVZ Mitte 2008, das Verfahren läuft noch. Als Gegenschlag reichte StudiVZ vergangenes Jahr beim Landgericht Stuttgart seinerseits Klage ein, um feststellen zu lassen, dass die von Facebook erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend seien. Facebook wiederum zog vor das LG Köln – und geht jetzt in Berufung. Der Kampf der beiden Netzwerke geht also weiter, nun auch vor dem OLG Köln.
Bei den Marktanteilen hat übrigens Facebook die Nase vorn: Über 200 Millionen Nutzer weltweit gegenüber ca. 5,5 Millionen Nutzern von StudiVZ.
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