LG Freiburg: Arbeitgeber haftet für wettbewerbswidrige Handlungen des Arbeitnehmers auf dessen privater Facebook-Seite

LG Freiburg: Arbeitgeber haftet für wettbewerbswidrige Handlungen des Arbeitnehmers auf dessen privater Facebook-Seite
Stand: 13.12.2013 4 min

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer bei der Bewertung von Aktivitäten außerhalb des Dienstverhältnisses unabhängig von den jeweiligen Arbeitgebern zu betrachten. Allerdings kommt es vor, dass Mitarbeiter aufgrund eines Überschusses an Motivation oder einer besonderen Begeisterung für den ausgeübten Beruf auch im Rahmen ihrer privaten Tätigkeiten, z.B. bei Online-Auftritten auf Kommunikationsplattformen, für das jeweilige Unternehmen werben.

Mit Urteil vom 04.11.2013 (Az.: 12 O 83/13) hat das LG Freiburg nun entschieden, dass sich ein Arbeitgeber Wettbewerbsverstöße des Arbeitnehmers bei betriebsspezifischer Werbung auf der privaten Facebook-Seite nach §8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen muss.

Der §8 Abs. 2 UWG

Nach §8 Abs. 1 UWG kann, wer eine unlautere geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Nach Abs. 2 des Paragraphen muss sich ein Unternehmer jedoch auch fremde Zuwiderhandlungen zurechnen lassen und insofern auf Beseitigung oder Unterlassung haften, wenn diese im Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden.

Dabei begründet sich ein Anspruch nach §8 Abs. 1 UWG unabhängig von dem etwaigen Wissen oder Wollen des Unternehmers, da diesem mit der Vorschrift die Möglichkeit genommen werden soll, sich bei Wettbewerbsverstößen hinter Dritten zu verstecken. Immerhin müsse jedem Arbeitgeber aufgrund der Möglichkeit einer potentiellen Geschäftsbereichserweiterung durch eigenständig handelnde Mitarbeiter auch die verschuldensunabhängige Kontrolle über den dadurch geschaffenen, wettbewerbsrechtlich relevanten Risikobereich auferlegt werden.

Die Rechtsprechung knüpft die Haftung auf Unterlassung nach §8 Abs. 2 UWG an zwei tatbestandliche Voraussetzungen:

  • zum einen muss die Handlung innerhalb des betrieblichen Organismus des Betriebsinhabers begangen worden sein. Dabei ist grundsätzlich nicht nur auf das Kriterium der räumlichen Sphäre abzustellen, sondern vornehmlich auf den funktionellen Charakter des Verhaltens selbst.
  • zum anderen muss der Handelnde kraft eines Rechtsverhältnisses in den betrieblichen Organismus dergestalt eingegliedert ist, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Betriebsinhaber zugute kommt und andererseits dem Betriebsinhaber ein bestimmender Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Maßgeblich ist hier nicht der tatsächlich ausgeübte Einfluss, sondern der, den der Unternehmer sich hätte sichern können und müssen.

Handelt der Mitarbeiter indes für einen unabhängigen Dritten oder im Eigeninteresse, ist die Anwendbarkeit des §8 Abs. 2 UWG abzulehnen. Das gleiche gilt für jegliche Formen von missbräuchlicher Verwendung des Firmennamens außerhalb der rechtlichen, betriebsbezogenen Befugnisse des Mitarbeiters in dessen privaten Bereich.

1

Die Entscheidung des Gerichts

Dem Urteil des LG Freiburg lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Frankfurt am Main gegenüber der Beklagten, einem Autohaus, auf Unterlassung klagte, weil ein Mitarbeiter auf seiner privaten Facebook-Seite unter Angabe seiner betrieblichen Telefonnummer für einen Neuwagen der Beklagten warb. Dabei stellte er spezifische technische Daten des Exemplars bereit und veröffentlichte ein Foto, welches den Wagen in einem Verkaufsraum zeigte.

Die Klägerin sah hierin eine geschäftliche Handlung des Arbeitnehmers, die nach ihrer Meinung aufgrund fehlender, aber erforderlicher Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emission nach §1 der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (PKW-EnVkV) einen Wettbewerbsverstoß nach §5a Abs. 2 UWG (Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen) darstellte. Mithin begehrte sie einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Betreiber des Autohauses über §8 Abs. 2 UWG.

Das Gericht bestätigte eine wettbewerbswidrige Handlung des Arbeitnehmers nach §5a Abs. 2 UWG in Verbindung mit §1 PKW-EnVKV, beschäftigte sich aber primär mit der Frage, ob diese dem Arbeitgeber auch nach Maßgabe des §8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei. Im Ergebnis gab es der Unterlassungsklage statt.
Obwohl der Facebook-Eintrag des Mitarbeiters eine private Handlung darstelle und dieser lediglich von befreundeten Facebook-Nutzern eingesehen werden könne, habe der Arbeitnehmer hier nicht im eigenen Namen oder für Dritte einen Neuwagen veräußern wollen. Vielmehr weise er durch die Darstellung des Produkts in einem Verkaufsraum und die Angabe der geschäftlichen Rufnummer auf ein Angebot der Beklagten hin.

Damit habe er den Bereich privater Lebensgestaltung auf Facebook zu Gunsten einer geschäftlicher Tätigkeit verlassen. Die Werbung für den bestimmten Neuwagen ziele nämlich auf marktgerichtetes Verhalten der hiervon angesprochenen Personen ab und stelle mithin eine geschäftliche Handlung im Sinne des §2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

Dass es sich dabei nur um Freunde und Bekannte des Mitarbeiters handele, ändere an dem geschäftlichen Charakter der Werbung nichts.

Indem insofern die Werbeaktion der Förderung des Warenabsatzes des Unternehmens, in welches der Mitarbeiter eingegliedert sei, diene und dieser im vorliegenden Fall primär im betrieblichen Tätigkeitsfeld des Neuwagenverkaufs agiert habe, müsse sich die Beklagte den Wettbewerbsverstoß nicht zuletzt auch aufgrund potenzieller Einflussmöglichkeiten auf das Mitarbeiterverhalten nach §8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen.

Fazit

Handelt ein Mitarbeiter eigenverantwortlich im Bereich der privaten Lebensgestaltung werbend für das ihn beschäftigende Unternehmen, sind potentielle Wettbewerbsverstöße dem Unternehmer nach §8 Abs. 2 UWG zuzurechnen.

Letzterer haftet unabhängig von seinem Wissen oder Wollen dann, wenn eine Einflussmöglichkeit auf das Arbeitnehmerverhalten nicht ausgeschlossen werden kann. Es obliegt mithin dem Unternehmer, dem Risiko von Übertretungen der Unlauterkeitsschwelle durch Mitarbeiter entgegenzuwirken, wobei ein hohes Abmahnungsrisiko gegeben ist, wenn sich bestimmte Tätigkeiten gerade im privaten Bereich der Kontrolle durch die Arbeitgeber entziehen.
Um einer etwaigen Haftung für wettbewerbswidrige Handlungen der Mitarbeiter vor allem durch Werbung auf privat genutzten Online-Portalen vorzubeugen, ist es ratsam, ein dahingehendes Verbot arbeitsvertraglich ausdrücklich zu regeln.

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