Richtlinie verabschiedet: Recht auf Reparatur in der EU
Das EU-Parlament hat am 23.04.2024 das Recht auf Reparatur in der EU beschlossen. Nach der Umsetzung der EU-Richtlinie in den EU-Mitgliedstaaten sollen Verbraucher insbesondere auch gegenüber Herstellern Rechte bei defekten Produkten geltend machen können. Auch die Händler der Produkte können betroffen sein. Wir geben in diesem Beitrag einen Überblick über diese Gesetzesentwicklungen und ihre Auswirkungen.
Inhaltsverzeichnis
I. Richtlinie über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren
Mit der Verabschiedung der Richtlinie der Europäischen Union über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren (diese Richtlinie hat bislang noch keine Nummerierung erhalten, die zitiert werden könnte) am 23. April 2024 kommt das Recht von Verbrauchern auf Reparatur von defekten Waren in der EU weiter voran.
Die Regelungen der Richtlinie präzisieren bzw. schaffen die gesetzlichen Reparaturpflichten insbesondere von Herstellern bei bestimmten Produkten und setzen Anreize für die Verbraucherinnen und Verbraucher, Produkte zu reparieren, damit sie länger halten und verwendet werden. Kernelement der neuen EU-Richtlinie ist daher auch eine gesetzliche Reparaturverpflichtung von Herstellern in Art. 5 der EU-Richtlinie.
II. Wesentliche Inhalte der Richtlinie
Die Regelungen der Richtlinie über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren umfassen im Wesentlichen die folgenden Punkte:
- Hersteller müssen Produkte (auch noch) nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungszeit zu angemessenen Preisen und innerhalb angemessener Zeiträume reparieren.
- Verbraucher müssen Zugang zu Ersatzteilen, Werkzeugen und Reparaturinformationen erhalten, die letztlich die Hersteller bereitstellen müssen.
- Vorsehung von Reparaturanreizen wie Gutscheine und Fördergelder für Reparaturen.
- Durch die Einführung von Online-Plattformen wird die Suche nach Reparaturbetrieben vor Ort und nach Verkäufern von generalüberholten Geräten gefördert.
Im Fokus stehen dabei vor allem die Hersteller und Importeure von Waren und nicht deren Händler. Allerdings werden auch die Händler der betreffenden Waren bestimmten Pflichten unterliegen, insbesondere dann, wenn Hersteller und Importeure ihren gesetzlichen Pflichten nicht oder nur unzureichend nachkommen.
Weitere Informationen finden Sie bereits in diesem Beitrag auf der Website der IT-Recht Kanzlei.
III. Vom Recht auf Reparatur betroffene Produkte
Das neue Recht auf Reparatur wird nicht sämtliche Produkte betreffen, die in der EU verkauft werden. Vielmehr geht es - jedenfalls zunächst - nur um die Reparaturpflicht bei ganz bestimmten Produkten. Welche dies sind, wird in Anhang II der EU-Richtlinie aufgelistet. Demnach werden folgende Waren zunächst vom Recht auf Reparatur erfasst sein:
- Haushaltswaschmaschinen und Haushaltswaschtrockner gemäß der Verordnung (EU) 2019/2023
- Haushaltsgeschirrspüler gemäß der Verordnung (EU) 2019/2022
- Kühlgeräte mit Direktverkaufsfunktion gemäß der Verordnung (EU) 2019/2024
- Kühlgeräte gemäß der Verordnung (EU) 2019/2019
- Elektronische Displays gemäß der Verordnung (EU) 2019/2021
- Schweißgeräte gemäß der Verordnung (EU) 2019/1784
- Staubsauger gemäß der Verordnung (EU) Nr. 666/2013
- Server und Datenspeicherprodukte gemäß der Verordnung (EU) 2019/424
- Mobiltelefone, schnurlose Telefone und Slate-Tablets gemäß der Verordnung (EU) 2023/1670
- Haushaltswäschetrockner gemäß der Verordnung (EU) 2023/2533
- Waren, die Batterien für leichte Verkehrsmittel enthalten gemäß der Verordnung (EU) 2023/1542
Demnach stehen vor allem ganz bestimmte Elektronikgeräte im Fokus, die nicht selten - zumindest aus subjektiver Sicht - vergleichsweise früh und schnell funktionsbeeinträchtigende Defekte aufweisen und deren Reparatur bis dato häufig als kaum möglich oder wirtschaftlich angesehen worden sind. Denn entweder sind für die Reparatur erforderliche Ersatzteile nicht vorhanden, nur schwer zu beschaffen oder zu teuer oder die Reparatur lohnt sich schon alleine aufgrund der Kosten für die Handwerker nicht.
IV. Quasi-Gewährleistungsrecht für Hersteller neben Händlern
Durch die Einführung des Rechts auf Reparatur, das Verbrauchern direkt gegenüber den Herstellern bzw. Importeuren von defekten Produkten zustehen wird, wird zumindest in Teilen ein Quasi-Gewährleistungsrecht von Verbrauchern gegenüber den Herstellern bzw. Importeuren etabliert, das neben das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht gegenüber den Verkäufern treten wird.
Innerhalb der gesetzlich hierfür jeweils vorgesehenen Fristen werden Verbraucher somit entscheiden können, ob sie sich im Falle eines Defekts an den Händler oder Hersteller wenden wollen. Allerdings wird es auch in Zukunft eines Mangels schon bei Gefahrübergang - in der Regel also bei Übergabe der Ware - bedürfen, um als Käufer Ansprüche gegenüber dem Händler geltend machen zu können, so dass Verbraucher in Zukunft im Zweifel wohl eher das Recht auf Reparatur gegenüber dem Hersteller aktivieren werden.
V. Wie es nun weitergeht
Die Richtlinie wird am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten. Wann konkret dies der Fall sein wird, ist aktuell noch nicht absehbar. Es ist aber davon auszugehen, dass dies in den nächsten Monaten sein wird.
Nach dem Inktraftreten der Richtlinie werden die EU-Mitgliedstaaten insgesamt 24 Monate Zeit haben, die Richtlinie in ihr jeweiliges nationales Recht umzusetzen.
Die Regelungen der Richtlinie werden somit spätestens wohl im Laufe des Jahres 2026 Geltung erhalten, möglicherweise aber auch schon zuvor. Wir werden selbstverständlich rechtzeitig hierüber informieren.
VI. Das Wichtigste in Kürze
- Verabschiedung der EU-Richtlinie über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren am 23.04.2024 durch das EU-Parlement.
- Künftige Verpflichtung von Herstellern bestimmter Produkte zur Reparatur nach Ende der Gewährleistungspflicht unentgeltlich oder jedenfalls zu angemessenen Preisen.
- Einführung von Online-Plattformen zur Unterstützung bei der Suche nach Reparaturbetrieben vor Ort und nach Verkäufern generalüberholter Geräte.
- Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie ins nationale Recht der einzelnen EU-Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2026.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
0 Kommentare