Textilkennzeichnung: Aktuelles Urteil über Händlerpflichten und Etikettenschwindel

Textilkennzeichnung: Aktuelles Urteil über Händlerpflichten und Etikettenschwindel
von Mag. iur Christoph Engel
21.04.2011 | Lesezeit: 2 min

Wer Textilien aller Art vertreibt, ist an die Kennzeichnungsvorgaben des Textilkennzeichnungsgesetzes (TextilKennzG, teilw. auch TKG) gebunden. Diese sollten auch peinlich genau befolgt werden, da der Händler und/oder Hersteller sich sonst schnell dem Vorwurf des „Etikettenschwindels“ ausgesetzt sieht. Dass Abweichungen zwischen Aufschrift und Inhalt auch tatsächlich ans Licht kommen, beweist ein aktuelles Urteil des LG Heilbronn (17.12.2010, Az. 23 O 90/09, KfH), das hier etwas näher beleuchtet werden soll.

Beklagt wurde ein Vertreiber von Berufsbekleidung, der – vermutlich in der Annahme, die Etikettierung des Herstellers wäre korrekt – Berufsbekleidung via Internet mit falschen Angaben auf Etiketten und Angebotsseite verkaufte. Im Einzelnen wurden die folgenden Verstöße festgestellt:

1. „Carbon“

  • Etikettierung: 6% conductive carbon yarn bzw. Carbon.
  • Material: 4,6% Multifilamentgarn, das lediglich mit Ruß gemischt ist und tatsächlich keinerlei Karbonfasern enthält.
  • Verstoß: § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG (Irreführung durch falsche Angaben auf dem Etikett).

2. „Bambus“

  • Etikettierung: Bambus.
  • Material: Viskose, die lediglich geringe Anteile an Bambusfasern enthält und auch definitiv kein Naturprodukt ist.
  • Verstoß: §§ 3, 4 Nr. 11, 5 UWG; §§ 1 Abs. 1/2, 3 TextilKennzG (irreführende Etikettierung unter Verwendung anderer als der gesetzlich vorgeschriebenen Bezeichnungen).

3. „Spunpolyester“

  • Etikettierung: Spunpolyester.
  • Material: Handelsüblicher Polyester.
  • Verstoß: §§ 1 Abs. 1/2, 3 TextilKennzG (Verwendung anderer als der gesetzlich vorgeschriebenen Bezeichnungen).
Kostenfreies Bewertungssystem SHOPVOTE

Eingeschränkter Kundenkreis?

Der Händler versuchte übrigens darzulegen, dass das TextilKennzG für ihn nicht gelte, da er keine „Verbraucher“ beliefere sondern Berufskleidung lediglich für die kommerzielle Verwendung verkaufe. Diese Argumentation hatte keinen Erfolg: Erstens kann wohl kaum sichergestellt werden, dass beim Vertrieb über das Internet nicht auch Hobbybastler Bestellungen aufgeben, zweitens sind die im TextilKennzG vorgesehenen Bezeichnungen in jedem Fall der Inverkehrgabe – also auch an kommerzielle Abnehmer – zwingend einzuhalten.

Kommentar

Falsche Etiketten können sich schnell rächen: Offensichtlich wird im Bereich des Textilhandels von Konkurrenten und Verbraucherschützern genau nachkontrolliert. Dementsprechend sollte auch seitens der Händler darauf geachtet werden, dass

  • die angebotenen Textilprodukte herstellerseitig korrekt etikettiert sind und
  • die Angaben auch korrekt auf die Angebotsseiten übertragen werden.

Gerade der erste Punkt erfordert natürlich ein gewisses Vertrauen zwischen Hersteller und Händler, da ja der Händler weitestgehend auf die Angaben des Herstellers angewiesen ist und in den seltensten Fällen „nachsehen“ kann.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
© Klaus Eppele - Fotolia.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

1 Kommentar

m
markus 13.10.2017, 13:11 Uhr
rote etiketten bedeuten reduzierte Ware???
Hi, habe heute einen Discounter besucht und habe auf der ware rote Etiketten gesehen, heißt dass das die ware günstiger ist als vorher. oder darf man einfach Ware mit normal preis mit roten Etiketten versehen? danke für die antwort

Weitere News

Textilkennzeichnung: Wer weiß wie es geht kann Abmahnungen vermeiden
(31.05.2019, 11:14 Uhr)
Textilkennzeichnung: Wer weiß wie es geht kann Abmahnungen vermeiden
Schluss mit Kuscheln: Abmahnwelle gegen falsche Pashmina- und Kaschmirprodukte
(19.09.2011, 11:59 Uhr)
Schluss mit Kuscheln: Abmahnwelle gegen falsche Pashmina- und Kaschmirprodukte
LG Frankfurt: Fehlende Textilkennzeichnungsangaben bei Polstermöbeln sind abmahnbar
(30.03.2009, 13:31 Uhr)
LG Frankfurt: Fehlende Textilkennzeichnungsangaben bei Polstermöbeln sind abmahnbar
Frage des Tages - zur Kennzeichnung von Textilien
(20.01.2009, 18:35 Uhr)
Frage des Tages - zur Kennzeichnung von Textilien
Abmahnwelle wegen Verstößen gegen das Textilkennzeichnungsgesetz
(20.11.2008, 19:00 Uhr)
Abmahnwelle wegen Verstößen gegen das Textilkennzeichnungsgesetz
Landgericht Lübeck: Verstöße gegen das TextilKennzG sowie die VerpackV nicht abmahnfähig
(11.06.2008, 18:32 Uhr)
Landgericht Lübeck: Verstöße gegen das TextilKennzG sowie die VerpackV nicht abmahnfähig
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei