Mahnpauschale: Neue eBay-Abzocke + Musterschreiben
Nach Bestellungen niedrigpreisiger Waren bei eBay-Händlern behauptet ein Kunde, die Waren nicht erhalten zu haben, widerruft, fordert die Rückerstattung des Kaufpreises und macht bei Fristablauf u.a. eine Mahnpauschale geltend. Wie Händler darauf reagieren können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- 1) Worum geht es?
- 2) Wie ist dies rechtlich insgesamt einzuordnen?
- 3) Muss nach dem Widerruf der Kaufpreis zurückerstattet werden?
- 4) Was ist die Mahnpauschale?
- 5) Muss die geltend gemachte Mahnpauschale gezahlt werden?
- 6) Wie sollten eBay-Händler nun reagieren?
- 7) Welches Musterschreiben können eBay-Händler verwenden?
- 8) Das Wichtigste in Kürze
1) Worum geht es?
Wir erhalten zur Zeit von einigen Mandanten, die ihre Produkte auf eBay verkaufen, Hinweise darauf, dass es auf der Verkaufsplattform zuletzt zu einer möglichen Betrugsmasche gekommen ist. Dabei ist der Ablauf der Masche stets gleich:
Ein Kunde kauft im eBay-Shop des Mandanten verschiedene, in der Regel niedrigpreisige Produkte, die typischerweise unversichert per Briefpost versendet werden (ohne direkten Nachweis der jeweiligen Zustellung). Meist kauft derselbe Kunde mehrere Produkte im Abstand von einigen Stunden oder Tagen beim selben Händler, so dass mehrere Kaufverträge zustande kommen und meist verschiedene Einzelversendungen erfolgen. Stets bezahlt der Kunde die Ware bereits direkt beim Kauf.
Nur wenige Tage nach der Bestellung meldet sich der Kunde - außerhalb der Kommunikationstools der eBay-Plattform - per E-Mail beim eBay-Verkäufer und behauptet, die bestellten Waren nicht erhalten zu haben. Zugleich widerruft er in derselben E-Mail die jeweiligen Kaufverträge gegenüber dem eBay-Verkäufer und fordert ihn dazu auf, die jeweils bereits gezahlten Kaufpreise an ihn zurückzuerstatten.
Im Wortlaut lauten die E-Mails in etwa wie folgt:
Hallo,
leider habe ich meine oben genannte eBay-Bestellung bisher noch nicht erhalten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir weitere Versandinformationen bezüglich dieser Bestellung zukommen lassen könnten.
Könnten Sie mir bitte mitteilen, wann Sie meine Bestellung verschickt haben, mit welchem Versandunternehmen der Versand erfolgt ist, ob Sie eine Sendungsnummer haben, ob es eventuell zu einer Versandverzögerung gekommen ist und wann mit der Lieferung gerechnet werden kann? Mein Name steht auch an meinem Briefkasten. Die beim Bestellvorgang angegebene Lieferadresse habe ich geprüft und diese ist auch korrekt.
Falls das Paket an Sie zurück kommen sollte, bitte ich um eine kurze Meldung. Eine Ersatzlieferung jetzt ist jedoch nicht erforderlich. Wenn das Paket in den nächsten Tagen doch noch ankommen sollte, werde ich mich sofort bei Ihnen melden und den Eingang bestätigen. Leider kam bisher noch nichts an.
Ich widerrufe meine Bestellung. Ich hoffe auf eine schnellstmögliche Antwort.
Vielen Dank für Ihre Antwort und Ihre Unterstützung im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen,
Wenn eBay-Händler nicht innerhalb von 14 Tagen nach dem Widerruf den Kaufpreis zurückerstatten, etwa weil sie Informationen zum Verbleib der Ware abwarten wollten, macht der eBay-Kunde in einem ausführlichen, recht formell gehaltenen weiteren Schreiben Verzugsschäden nach § 288 BGB geltend.
Insbesondere wird in dem Schreiben auch gefordert, eine Mahnpauschale in Höhe von 40 Euro sowie Verzugszinsen zu zahlen. Andernfalls sehe sich der Kunde gezwungen, umgehend ein gerichtliches Mahnverfahren gegen den eBay-Händler einzuleiten.
Das eBay-Konto des eBay-Kunden ist mittlerweile wohl seitens eBay gesperrt worden.
2) Wie ist dies rechtlich insgesamt einzuordnen?
Bei dieser Gemengelage ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass es sich bei dem Vorgehen des eBay-Kunden um eine betrügerischer Abzockmasche handelt, um über die Masse in möglichst vielen Fällen die sog. Mahnpauschale geltend zu machen.
- Hierfür spricht insbesondere, dass in einem kurzen Zeitraum viele Händler aus unserem Mandantenstamm sich aktuell mit derselben Privatperson konfrontiert sehen, es dabei häufig um verschiedene bloß niedrigpreisige Produkte geht und Waren aus mehreren Bestellungen nicht angekommen sein sollen.
- Natürlich ist es möglich, dass in einzelnen Fällen ein unversicherter Versand einmal nicht ankommt. Dass in kurzer Zeit sehr viele oder so gut wie alle Bestellungen nicht angekommen sein sollen, ist jedoch wenig wahrscheinlich und daher nicht glaubhaft, jedenfalls wenn die Bestellungen nicht durch zustellende Personen oder sonstige Dritte entwendet werden. Durch Befragungen der Post- und Paketzusteller und ggf. auch der Nachbarn ließe sich dies ggf. feststellen bzw. widerlegen.
Hier steht in einigen Fällen zumindest der Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs nach § 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB im Raum, der mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet werden kann.
Inwiefern in den hiesigen Fällen tatsächlich Straftaten begangen worden sind, obliegt aber natürlich der Prüfung und Ermittlung der zuständigen Strafverfolgungsbehörden.
3) Muss nach dem Widerruf der Kaufpreis zurückerstattet werden?
Ja, im Grundsatz muss der Kaufpreis nach einem Widerruf an den Käufer zurückerstattet werden. Kommt es zu einem (berechtigten) Widerruf eines Fernabsatzgeschäfts, müssen nach § 357 Abs. 1 BGB die jeweils empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurückgewährt werden. Daher muss der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis binnen 14 Tagen nach dem Widerruf erstatten. Für den Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises ist dabei nicht Voraussetzung, dass der Händler die Ware bereits vom Käufer zurückerhalten hat. Voraussetzung ist nicht einmal, dass der Käufer die Ware überhaupt bereits wieder an den Händler zurückgeschickt hat.
Allerdings steht dem Händler nach § 357 Abs. 4 BGB bei Verbrauchsgüterkäufen ein Zurückbehaltungsrecht zu: Demnach kann der Händler bei einem Verbrauchsgüterkauf die Rückzahlung verweigern, bis er die Ware zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Ware abgesandt hat. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Verbraucher die Ware tatsächlich überhaupt erhalten hat.
Im Übrigen besteht für den Händler im Falle der Behauptung des Käufers, die Ware nicht erhalten zu haben, überhaupt kein Anlass, das Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.
4) Was ist die Mahnpauschale?
Bei Geldschulden fallen nach § 288 Abs. 1 BGB nicht nur Verzugszinsen an. Vielmehr können Gläubiger auch weitere Schäden geltend machen (§ 288 Abs. 3 BGB) .
Ist der Schuldner kein Verbraucher (sondern Unternehmen), steht dem Gläubiger nach § 288 Abs. 5 S. 1 BGB außerdem ein Anspruch auf einer Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro zu (sog. Mahnpauschale).
Die in den aktuellen Fällen geltend gemacht Mahnpauschale gibt es im Gesetz also wirklich.
5) Muss die geltend gemachte Mahnpauschale gezahlt werden?
Falls die Behauptungen des eBay-Kunden, die Ware jeweils nicht erhalten zu haben, stimmen sollte, sind folgende Überlegungen zu betrachten:
Wer mit Wissen, dass zuletzt in vielen Fällen von ihm bestellte Waren auf dem gewählten Versandweg nicht ankommen sind, dennoch weiter viele Waren bei verschiedenen Händlern bestellt, ist im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB sowie nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zu Abhilfemaßnahmen zum Schutz seiner Vertragspartner, also der jeweiligen eBay-Händler, verpflichtet.
Zum einen kann hierzu die Überprüfung und regelmäßige Kontrolle der vorhandenen Empfangsvorrichtung zählen und / oder die Bereitstellung einer alternativen Empfangsvorrichtung. Wer seinen Vertragspartner hingegen sehenden Auges in einen Schaden laufen lässt, macht sich hier ggf. selbst schadensersatzpflichtig.
Als treuwidrig - und damit als Verstoß gegen § 242 BGB - kann darüber hinaus auch alleine schon angesehen werden, offenbar eine Vielzahl von niedrigpreisigen Bestellungen bei verschiedenen eBay-Händlern zu veranlassen, nur um die eBay-Händler ggf. in einen Verzug laufen zu lassen und die sog. Mahnpauschale geltend zu machen. Ein solcher eBay-Kunde hat ganz offensichtlich von vorneherein kein Interesse an der Erfüllung des Kaufvertrags, den er mit seinem redlichen Vertragspartner schließt, und handelt insoweit treuwidrig.
6) Wie sollten eBay-Händler nun reagieren?
Wir empfehlen eBay-Händlern, die seitens des eBay-Kunden geltend gemachten Forderungen, einschließlich der Mahnpauschale, nicht zu zahlen.
Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass der eBay-Kunde zumindest in Einzelfällen nun auch Mahnbescheide im gerichtlichen Mahnverfahren beantragen wird. In diesem Fall müssten betroffene eBay-Händler Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegen, um mögliche Vollstreckungsbescheide abzuwehren und sich auf diese Weise dem Risiko und dem Aufwand eines zivilrechtlichen Verfahrens aussetzen. Allerdings müsste der eBay-Kunde die Kosten für das Mahnverfahren zunächst zumindest vorstrecken, was es für ihn vor dem Hintergrund der geringen Höhe der Forderungen und dem Verfahrensrisiko unattraktiv macht.
Zudem kann dies zur Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden gebracht werden, die dann zu untersuchen und ggf. zu ermitteln haben, ob in diesem Zusammenhang Straftaten begangen worden sind.
7) Welches Musterschreiben können eBay-Händler verwenden?
Gegenüber eBay- oder sonstigen Kunden, die wie im hiesigen Fall in Verdacht stehen, unberechtigte Verzugsforderungen geltend zu machen, können Mandanten das folgende Musterschreiben als Vorlage für Ihre Antwort verwenden.
Bei der Verwendung des Schreibens ist allerdings zu beachten, dass es sich hierbei um eine pauschale Antwort handelt, die den jeweiligen Einzelfall ggf. nicht vollständig berücksichtigt. Zudem schließt die Verwendung dieses Schreibens natürlich nicht aus, dass die jeweilige Gegenseite ihre (vermeintlichen) Forderungen weiterhin beanspruchen und sogar gerichtlich geltend machen wird.
Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass einzelnen Kunden die Mahnpauschale sowie der Ersatz sonstiger Verzugsschäden im jeweiligen Einzelfall natürlich durchaus auch rechtmäßig zustehen kann.
Die Geltendmachung von Verzugsschäden durch Kunden wegen verspäteter Rückzahlung des Kaufpreises nach einem Widerruf ist grundsätzlich rechtlich zulässig und kann daher auch berechtigterweise geltend gemacht werden.
Weitere Informationen hierzu finden Sie in diesem anderen Beitrag auf unserer Website.
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8) Das Wichtigste in Kürze
- Eine Abzockmasche zumindest eines umtriebigen eBay-Käufers beschäftigt aktuell einige eBay-Händler.
- Nach Bestellungen niedrigpreisiger Waren bei eBay-Händlern behauptet der Kunde, die Waren nicht erhalten zu haben, widerruft, fordert die Rückerstattung des Kaufpreises und macht bei Fristablauf u.a. eine Mahnpauschale geltend.
- Aufgrund der Vielzahl von Fällen in kurzer Zeit steht der Verdacht einer betrügerischen Abzockmasche im Raum.
- Die geltend gemachten Forderungen dürften in vielen Fällen unberechtigt sein, so dass betroffene eBay-Händler diese Forderungen meist nicht begleichen müssen.
- Das eBay-Konto des eBay-Kunden ist mittlerweile gesperrt worden.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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