Erklärung mittels E-Mail: bei Schriftformvereinbarung wirksam?
Die Kommunikation via E-Mail ist vor allem im Geschäftsleben kaum mehr wegzudenken. Allerdings kann diese Art der Übermittlung an rechtliche Grenzen stoßen, wenn vertragliche oder gesetzliche Bestimmungen die Einhaltung einer bestimmten Form erfordern, der aber eine E-Mail nicht genügt. Über einen solchen Fall hatte das OLG Hamm zu entscheiden (Urteil vom 29.04.2011, Az: I-12 U,144/10)...
1. Der Sachverhalt
Klägerin und Beklagte hatten einen Software-Überlassungsvertrag geschlossen. Die Beklagte wollte durch die Klägerin eine Internet-Suchmaschine einrichten und vermarkten lassen. Die Klägerin schuldete innerhalb der gestaffelten Projektphasen die Softwareinstallation und innerhalb der zweiten Phase die Einrichtung des Internet-Suchdienstes.
Es wurde vereinbart, dass der Beklagten nach Beendigung der zweiten Projektphase ein vierwöchiges Rücktrittsrecht zusteht, dass durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsleitung ausgeübt werden kann.
Zwischen den beiden Parteien bestand ständig ein reger E-Mail Kontakt. Als am 16.10.2008 die Klägerin den Abschluss der zweiten Projektphase via E-Mail mitteilte, entgegnete die Beklagte, dass sie das Projekt weiterführen wolle und die Klägerin mit der Arbeit weiter fortfahren könne.
Am 20.10.2008 stellte die Klägerin 144.000 € als Teilbetrag in Rechnung und wies die Beklagte darauf hin, dass das vertragliche Rücktrittsrecht nach vier Wochen enden würde.
Am Tag darauf, am 21.10.2011, erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Vertrag und begründete dies mit der unvollständigen Durchführung der zweiten Projektphase. Eine Zahlung wollte sie nicht leisten.
Die Rücktrittserklärung versandte die Beklagte per E-Mail an einen Mitarbeiter der Klägerin.
2. Die Entscheidung der ersten Instanz
Die Klägerin verklagte die Beklagte auf Zahlung des in Rechnung gestellten Betrages. Die Rücktrittserklärung der Klägerin sei unwirksam, unter anderem, da die E-Mail nicht dem Schriftformerfordernis entspreche.
Das Landgericht wies die Klage jedoch ab mit der Begründung, dass die Beklagte innerhalb der vereinbarten Frist ihr Rücktrittsrecht wirksam ausgeübt habe.
Die E-Mail vom 21.10.2008 genüge der Schriftform, so das Gericht. Dies deswegen, da zuvor bereits eine rege E-Mail-Korrespondenz zwischen den Parteien erfolgt war und man deswegen davon ausgehen könne, dass auch für die Rücktrittserklärung eine E-Mail ausreichend sei.
2. Die Entscheidung des OLG Hamm
Die Klägerin ging mit der Begründung in Berufung, dass das Landgericht zu Unrecht einen Rücktritt bejaht habe, der jedoch weder den Form-, noch den Fristerfordernissen entspreche.
Eine Formunwirksamkeit liege vor, da eine E-Mail nicht den Voraussetzungen der Schriftform entspreche. Man könne davon ausgehen könne, dass die Parteien eine Differenzierung innerhalb ihrer Erklärungen vorgenommen hätten. So hätten sie in jedem Fall für einen Rücktritt, der eine vertragsgestaltende Erklärung enthält, gerade nicht auf eine Schriftform verzichten wollen.
Das OLG Hamm hat in seiner Entscheidung u.a. § 127 Abs. 2 BGB herangezogen, der wie folgt lautet:
Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.
Grundsätzlich lässt § 127 Abs.2 BGB eine telekommunikative Übermittlung zur Formwahrung genügen. Die E-Mail der Beklagten mit der Rücktrittserklärung wäre insoweit formwahrend.
Das OLG Hamm stellte jedoch - dem Gesetzeswortlaut entsprechend - klar, dass dies nur gilt, wenn kein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist.
Einen solchen „anderen Willen“ nahm das Gericht an. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Parteien eine Differenzierung bei den Erklärungen vornehmen wollten. Die Parteien hätten je nach Bedeutung der jeweiligen Erklärungen unterschiedliche Formanforderungen gestellt. Die bedeutenden, vertragsgestaltenden Erklärungen sollten ausschließlich schriftlich erfolgen. So sollte insbesondere der streitgegenständliche Rücktritt in schriftlicher Form erfolgen.
Innerhalb der ständigen E-Mail-Korrespondenz hätten die Parteien lediglich festgehalten, wie weit die Projektphasen sind. Mit dieser Korrespondenz sollte, so das Gericht, nicht E-Mail-Form und Schriftform gleichgesetzt werden.
Für die Einhaltung der vereinbarten Schriftform reiche die Übermittlung der Rücktrittserklärung per E-Mail nicht aus.
Nach Ansicht des OLG Hamm war der Rücktritt der Beklagten daher formunwirksam.
3. Fazit
Solange die bloße Textform genügt, ist eine Übermittlung von Erklärungen per E-Mail ausreichend. Sollte allerdings die Schriftform vertraglich oder gesetzlich vorgeschrieben sein, sollte man nicht auf die formwahrende Versendung des unterschriebenen Originals verzichten.
Gerade wenn vertraglich die Schriftform vereinbart ist, sollte vor allem bei wesentlichen Erklärungen die Schriftform gewahrt werden, auch wenn grundsätzlich eine telekommunikative Übermittlung zur Formwahrung genügen kann. Dies ist aber eine Frage des Einzelfalles. So sollte der Rücktritt vom Vertrag nicht bloß per E-Mail erklärt werden, sondern in Schriftform.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
0 Kommentare