Werbung mit durchgestrichenen Preisen

Werbung mit durchgestrichenen Preisen
von Nathalie Lengert
30.01.2012 | Lesezeit: 7 min

Wer kennt dies nicht? Jeden Tag angeln wir neue Prospekte aus dem Briefkasten und werden dort mit unzähligen Rabattaktionen konfrontiert. Gleiches gilt auch auf den unbegrenzten Shop-Seiten im Internet. Viele Händler bewerben Waren mit Hilfe von durchgestrichenen Preisen, da diese Art der Werbung dem Verbraucher durch den direkten Zahlenvergleich ein besonders günstiges Angebot suggeriert. Wegen der herausragenden Bedeutung des Preises für die Kaufentscheidung ist jedoch wirksamer Schutz vor irreführenden Preisangaben zwingend notwendig.

I. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen der Werbung mit einem durchgestrichenen Preis

Der Grundsatz der Preisgestaltungsfreiheit erlaubt es Händlern grundsätzlich selbst ihre Preise festzulegen und somit auch mit einer Preisherabsetzung zu werben. Jedoch geht damit ein nicht zu unterschätzendes Irreführungsrisiko einher.

Für Preiswerbungen gilt das Gebot dergrößtmöglichen Transparenz § 4 Nr. 4 UWG („Unlauter handelt insbesondere, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt“) sowie das Verbot der Irreführung § 5  Abs. 1 UWG („Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält“).

Somit kann eine Werbung mit Preisnachlässen unzulässig sein, wenn sie unzutreffende Aussagen über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe der Preisnachlassgewährung enthält.

1. Definition des durchgestrichenen Preises

Der Verbraucher muss genau wissen, worauf sich der durchgestrichene Preis bezieht , d.h. einerseits auf welche Waren oder Dienstleistungen zu Vergleichszwecken hingewiesen wird und andererseits von wem der durchschnittliche Preis zuvor gefordert wurde bzw. gefordert wird UVP des Herstellers, eigener früherer Preis sog. ehemaliger Verkäuferpreis, aktueller Verkäuferpreis oder marktüblicher Preis.

2. Zeitliche Begrenzungen

Sofern das Angebot befristet ist, hat der Werbende Informationen über den Angebotszeitraum bereit zu stellen (OLG Stuttgart, Urteil vom 08.02. 2007).

Darüber hinaus muss der Händler angeben, ab wann der reguläre Preis wieder gelten wird , wenn es sich bei dem durchgestrichenen Preis um den regulären Preis handelt, der nach Abschluss der Preiswerbung wieder verlangt wird (BGH Urteil vom 29.06.2010, Az. I-200 U 28/10).

Der Händler darf auch nicht für einen unangemessen langen Zeitraum mit einer Preisherabsetzung werben (LG Dortmund, Urteil vom 18.12.2008, Az. 16 o 134/08) und Rabattaktionen nicht willkürlich verlängern (BGH Urteil vom 07.07.2011, Az. I ZR 173/09; OLG Köln, Urteil vom 25.03.2011, Az. I-6 U174/10). Entscheidend sind insoweit die Umstände des Einzelfalls wie die Art der Ware oder Dienstleistung und der Marktsituation.

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3. Ernsthaftigkeit und Aktualität der Preissenkung

Eine Werbung mit einer Preissenkung ist irreführend, wenn der vermeintlich herabgesetzte Preis zuvor überhaupt nicht oder nicht ernsthaft verlangt wurde (sog. Mondpreise) oder wenn die Preissenkung schon derart lange zurückliegt, sodass den angesprochenen Verkehrspreisen lediglichAktualität der Preissenkung vorgetäuscht wird. Abzustellen ist hierbei auf die Verkehrsauffassung eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und durchschnittlich verständigen Verbrauchers.

Gem. § 5 Abs. 4 Nr. 1 UWG wird vermutet, dass die Werbung mit einer Preisherabsetzung irreführend ist, wenn der ursprüngliche Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Die Fristen hierfür variieren je nach Art des Produkts und der Werbung.

II. Unterschiedliche Methoden der Werbung mit einem durchgestrichenen Preis

Es bieten sich verschiedene Möglichkeiten für Händler an, mit einem durchgestrichenen Preis zu werben:

Methode 1: UVP des Herstellers als Vergleichspreis

Die werbende Bezugnahme auf eine wahrheitsgemäße unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ist grundsätzlich zulässig (für genauere Voraussetzungen siehe hier.)

Vorteil: Das Angebot erscheint nicht nur günstiger im Vergleich zu eigenen Preisen, sondern erweckt den Eindruck im Marktvergleich günstiger zu sein. Zudem besteht grundsätzlich keine zeitliche Bindung.

Nachteil: Änderungen der Herstellerler-UVP sind dem Händler nicht immer bekannt und somit steigt die Abmahnunsgefahr, da die UVP eventuell nicht mehr aktuell ist. Diese Gefahr kann auch nicht durch das Verwenden einer ehemaligen UVP als Vergleichspreis umgangen werden, da nur die zuletzt geltende UVP als Vergleichspreis zulässig ist und diese sich somit ebenfalls mit Herausgabe jeder neuen Hersteller-UVP ändert.

Methode 2: ehemaliger Verkäuferpreis als Vergleichspreis (nicht Verkaufspreis)

Auch ein Preisvergleich mit dem ehemaligen eigenen Verkäuferpreis ist grundsätzlich zulässig. Als ehemaliger eigener Verkäuferpreis gilt jedoch nur der Preis, der unmittelbar vor der Preisherabsetzung gefordert worden ist (LG Dortmund, Urteil vom 18.12.2008, Az. 16 O 134/08).

Vorteil: Es besteht keine Änderungsgefahr des Vergleichspreises wie bei der UVP des Herstellers.

Nachteil: Das LG München (Urteil vom 01.04.2010, Az. 17HK O 19517/09) ist der Ansicht, dass es irreführend i.S.d. §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG sein kann, bestimmte Produkte länger als 4 Wochen mit einem, dem aktuellen Preis gegenüber gestellten, ehemaligen eigenen Verkäuferpreis (in Form durchgestrichener oder mit dem Hinweis „statt“ oder „bisher“ versehene Preise) zu bewerben. In diesem Fall könne die Preissenkung nicht mehr als aktuell angesehen werden. (Genauere Informationen zu dieser Entscheidung siehe hier ). Somit ist ein großer Pflegeaufwand der Werbung erforderlich und ein höheres Abmahnungsrisiko vorhanden, da auch hier keine starren zeitlichen Grenzen existieren, sondern jeweils auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist (s.a LG Dortmund, Urteil vom 18.12.2008, Az. 16 O 134/08 wo eine Werbedauer von 5 Monaten hinsichtlich eines Sondertarifs für Telekommunikationsdienste als zu lang angesehen wurde).

Eine Irreführung liegt ebenfalls vor, wenn der eigene Preis systematisch herauf- und herabgesetzt wird, um eine Preissenkung vorzutäuschen.

Zu beachten ist ebenfalls die Beweislastumkehr des § 5 Abs. 4 UWG zu Lasten des Händlers: Der Händler trägt die Beweislast hinsichtlich des Umstands, dass der frühere Preis überhaupt, und wenn ja, für eine angemessene Zeit gefordert wurde (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage 2011, § 5, Rn 7.69).

Update vom 06.04.2016: Der BGH hat mit Urteil vom 05.11.2015 entschieden, dass die Werbung mit durchgestrichenem Preis (ohne aufklärenden Hinweis) grundsätzlich zulässig ist, sofern es sich bei dem gegenübergestellten Preis um den ehemals vom Verkäufer verlangten Preis handelt!

Methode 3: aktuell geltender Verkäuferpreis als Vergleichspreis (Aktionspreise/Sonderveranstaltungen)

Die UWG-Reform 2004 hat das Sonderveranstaltungsverbot fallen lassen. Somit sind Preisherabsetzungen des gesamten Angebots erlaubt und in der Werbung sind Begriffe, die das außergewöhnliche der Verkaufsaktion betonen wie z.B. „Räumungsverkauf“ zulässig (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage 2011, § 5, Rn 7.8).

Vorteil: Preisgegenüberstellungen mit sog. Aktionspreisen / Sonderveranstaltungen wie z.B.: Sommeraktionen, Jubiläumsaktionen usw. können besonders effektiv sein, weil sie den Kunden zwingen, die Kaufentscheidung unter einem zeitlichen Druck vorzunehmen.

Nachteil: Der Werbende muss sich grundsätzlich an den von ihm gesetzten zeitlichen Grenzen festhalten lassen. Eine irreführende Angabe wird regelmäßig dann vorliegen, wenn der Werbende die Absicht hat, die Rabattaktion zu verlängern, dies aber in der Werbung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt. Eine Verlängerung der Rabattaktion ist nur zulässig, wenn dies aufgrund von nachträglich eintretenden Umständen geschieht, die für den Werbenden unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt nicht voraussehbar waren. Der wirtschaftliche Erfolg einer solchen Rabattaktion gehört nicht zu den zulässigen Verlängerungsgründen. (BGH Urteil vom 07.07.2011, Az. I ZR 173/09; I ZR 181/10).

Exkurs: Preis der Konkurrenz als Vergleichspreis

Auf die Werbung mit Preisen der Konkurrenz finden in erster Linie die Vorschriften zur vergleichenden Werbung Anwendung (§ 6, § 5 Abs. 3 Alt. 1 UWG) . Der Mitbewerber ist kenntlich zu machen und der Vergleich darf sich auch nur auf den jeweils aktuellen Preis des Konkurrenten beziehen.

Auch die Werbung mit Preisen der Konkurrenz unterliegt dem Irreführungsverbot. Sie ist dann irreführend, wenn der Preisvergleich sich nicht auf vergleichbare Waren oder Dienstleistungen i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG bezieht, d.h. wenn nicht unwesentliche Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten bestehen (OLG Frankfurt Urteil vom 10.08.2000, Az. 6 U 89/00) oder die Vergleichsgrundlage nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (OLG Frankfurt 23.09.2004 - 6 U 147/03).

Grundsätzlicher Zulässigkeit erfreuen sich allerdings Werbestatements, man sei „ bis zu …€“ oder „bis zu …%“ günstiger als die Konkurrenz, sofern dies bei einem gewichtigen Teil des Gesamtangebots zutrifft (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage 2011, § 5, Rn 7.63).

Zu beachten ist allerdings, dass die preisvergleichende Werbung den Konkurrenten nicht herabsetzen oder verunglimpfen darf.

Nachteil: wie bei der Preisgegenüberstellung mit der Hersteller UVP, besteht hier die Gefahr, dass sich der Preis der Konkurrenz ändert, ohne dass der Werbende dies mitbekommt und somit die Werbung mit der Preisgegenüberstellung nicht mehr aktuell und somit irreführend ist.

Fazit

Bei Werbung mit durchgestrichenen Preisen gilt es also eine größtmögliche Transparenz herzustellen: umso klarer die Werbung, umso geringer das Risiko abgemahnt zu werden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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