Digitale Produkte: Nutzungsrechte auf privaten Gebrauch beschränkbar?

Digitale Produkte: Nutzungsrechte auf privaten Gebrauch beschränkbar?
Stand: 01.03.2021 4 min

Viele Unternehmer bieten Wissen und Know-How in eBooks, Anleitungen und Leitfäden digital zum Verkauf an. Hierbei werden nur Nutzungsrechte, kein Eigentum übertragen. Können solche Nutzungsrechte auf den rein privaten Gebrauch beschränkt und Weiterverkäufe von Abnehmern wirksam ausgeschlossen werden? Wir geben Auskunft.

Kauf vs. Nutzungsrechtserwerb

Wer im Internet physische Produkte anbietet, verpflichtet sich im Falle einer Bestellung grundsätzlich aus einem Kaufvertrag dazu, Besitz und Eigentum daran zu verschaffen.

Bei Verträgen über die Lieferung digitaler Inhalte, also nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellter Daten, handelt es sich dahingegen um Vereinbarungen anderer Rechtsnatur.

Geschuldet wird hier nicht die Verschaffung von Eigentum oder sonstigen Ausschließlichkeitsrechten, sondern die bloße Übertragung bzw. Vermittlung sogenannter „Nutzungsrechte“.

Hintergrund ist, dass digitale Inhalte grundsätzlich urheberrechtlichen Schutz genießen und der Urheber die Verwendung gegen ein entsprechendes Entgelt und in einem bestimmten Umfang lizenzieren kann.

Bei Verträgen zur Lieferung digitaler Inhalte handelt es sich daher nach derzeitiger Rechtslage nicht um (Rechts)kaufverträge, sondern um urheberrechtliche Lizenzverträge.

Erwerber erhalten bei Verträgen zur Lieferung über digitale Inhalte nur das Recht, den Inhalt überlassen zu bekommen und in einem bestimmten Umfang zu nutzen.

Weitergehende Rechte, insbesondere solche mit ausschließlichem Charakter, sollen im Idealfall beim Urheber bleiben, damit dieser die Verbreitung und Verwendung seiner Werke weiterhin gewinnbringend kontrollieren kann.

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Beschränkungen der Nutzungsrechte auf den Privatgebrauch möglich?

Vielen Erstellern von eBooks, Anleitungen und Co. ist daran gelegen, Nutzungsrechte an den digitalen Inhalten allein auf den privaten Gebrauch (rein private, nicht kommerzielle Nutzung) zu beschränken.

1. Urheberrechtlicher Erschöpfungsgrundsatz bei Verbreitung

Doch die Zulässigkeit solcher Beschränkungen wurde lange kontrovers diskutiert. Immerhin gilt im Urheberrecht grundsätzlich der sog. Erschäpfungsgrundsatz.

Der Erschöpfungsgrundsatz, geregelt in § 17 Abs. 2 UrhG, besagt, dass Vervielfältigungsstücke eines Werkes, die mit Zustimmung des Urhebers im Gebiet der EU erstmalig in Verkehr gebracht werden, ohne Zustimmung des Urhebers weiterverbreitet werden können.

Kurzum: Kopien eines einmal mit Zustimmung des Urhebers in der EU veräußerten Werkes dürfen ohne Zutun des Urhebers weiterverbreitet werden. Der Urheber darf die Weiterverbreitung weder kontrollieren noch in seinen Geschäftsbedingungen durch restriktive Nutzungsrechte beschränken.

Erfasst wird vom Erschöpfungsgrundsatz allerdings nur das urheberrechtliche Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. 1 UrhG das Recht ist, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Diskutiert wurde nun, ob die Bereitstellung einer Datei zum Download, also eine rein digitale Verfügbarmachung, eine "Verbreitung" ist und sich weitere Verbreitungshandlungen damit erschöpfen oder nicht.

2. Bereitstellung digitaler Inhalte keine urheberrechtliche Verbreitung

Endgültige Klärung brachte im Jahr 2019 mit Urteil vom 19.12. (Az.: C-263/18) der EuGH.

Nach dessen verbindlicher Auffassung sei die Überlassung von digitalen Inhalten zur Nutzung keine Verbreitung, sondern eine öffentliche Wiedergabe. Eine Verbreitungen sei nur für körperliche Gegenstände möglich.

Das Recht des Urhebers an der öffentlichen Wiedergabe erschöpft sich anders das Recht der Verbreitung nach erstmaligem Inverkehrbringen aber gerade nicht, sodass für die Bereitstellung von digitalen Inhalten der Erschöpfungsgrundsatz keine Anwendung finde.

Bei der Bereitstellung digitaler Inhalte dürfen Urheber also den Umfang der Nutzung – anders als dies bei der physischen Verbreitung eines Werkes der Fall wäre – in zulässiger Weise beschränken.

Gerichtlich anerkannt ist deshalb, dass es dem Urheber eines digitalen Inhalts insbesondere gestattet ist, die Nutzungsberechtigung auf den reinen Privatgebrauch zu reduzieren und den Weiterverkauf und das unentgeltliche Kopieren für Dritte zu verbieten.

Eine Besonderheit gilt für digitale Software. Hier ist auch für Downloads die Verwertungshandlung der Verbreitung anerkannt mit der Folge, dass sich das urheberrechtliche Verbreitungsrecht unter bestimmten weiteren Voraussetzungen erschöpft und ein Weitervertrieb vom Rechteinhaber nicht mehr kontrolliert werden kann.

Fazit

Werden digitale Inhalte, die keine Software sind, elektronisch bereitgestellt, liegt darin bloß eine öffentliche Wiedergabe, bei welcher sich Urheberrechte nicht erschöpfen.

Rechteinhaber können für die elektronische Bereitstellung von derartigen digitalen Inhalten also Beschränkungen der Nutzungsrechte vorsehen und unter Reduzierung dieser Rechte auf den privaten Gebrauch insbesondere das Recht zum Weiterverkauf oder zur Schenkung ausschließen.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
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