Der richtige Umgang mit Gutscheinen - was müssen Online-Händler beachten?

Der richtige Umgang mit Gutscheinen - was müssen Online-Händler beachten?
Stand: 03.06.2019 13 min 3

Es ist eines der beliebtes Geschenke, die zu (fast) jedem Anlass Verwendung finden: Gutscheine! Der Umgang mit Gutscheinen wirft für Online-Händler jedoch viele rechtliche Fragen auf, z.B: Sind Gutscheinbedingungen erforderlich? Gibt es ein Widerrufsrecht für Gutscheine? Wann verjähren Gutscheine? Wir beantworten in diesem Beitrag die wichtigsten Fragen rund um Gutscheine.

I. Grundvoraussetzung: Abmahnsichere Rechtstexte

Zunächst erfordert ein abmahnsicherer Online-Verkauf von Gutscheinen die Nutzung geeigneter Rechtstexte, wie:

  • Impressum
  • AGB & Kundeninformationen
  • Widerrufsbelehrung nebst -formular
  • Datenschutzerklärung

Für den Fall, dass Sie sich beim Gutscheinverkauf mit passenden Rechtstexten absichern möchten:

Die IT-Recht Kanzlei bietet Ihnen professionelle Unterstützung zur Absicherung Ihrer Verkaufspräsenz/en an – und zwar zu günstigen wie auch monatlich kündbaren Pauschalpreisen. Einen Überblick über die Sicherheitspakete der IT-Recht Kanzlei finden Sie gerne hier.

II. Welche Arten von Gutscheinen gibt es?

Im Großen und Ganzen lassen sich die unterschiedlichen Einzelarten von Gutscheinen auf zwei
Grundformen herunterbrechen: (kostenpflichtige) Wertgutscheine und (kostenlose) Aktionsgutscheine.

Ein Wertgutschein wird für einen individuell festlegbaren Preis erworben und berechtigt den Inhaber gegen Vorlage vom Aussteller die vereinbarte Leistung zu verlangen. Im rechtlichen Sinne stellt ein Wertgutschein daher regelmäßig ein kleines Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB dar.

Typischerweise ist die vereinbarte Leistung das Recht, für den Nennbetrag des Gutscheins Waren oder Dienstleistungen aus dem Shop des Verkäufers einlösen zu können (Hinweis: Wir beleuchten in diesem Beitrag nicht den Sonderfall von Gutscheinen, die gegen Waren oder Dienstleistungen eines Dritten eingelöst werden können).

Dagegen werden Aktionsgutscheine kostenlos abgegeben, um dem Begünstigten im Rahmen von Werbeaktionen eine bestimmte Leistung vergünstigt oder schenkweise zukommen lassen können (Beispiel: Gutschein über 10% des Wareneinkaufswertes). Auch hierbei handelt es sich in der Regel um kleine Inhaberpapiere.

Wertgutscheine wie Aktionsgutscheine können in zwei möglichen Formen ausgestellt werden:

  • Physisch verkörperter Gutschein (Gutscheinkarte, etc.) oder
  • digitaler Gutschein (z.B. Gutschein-Code, Gutschein-PDF, etc.

Im Detail kann die Einlösung des jeweiligen Gutscheins dann zusätzlich an bestimmte Bedingungen bzw. Einschränkungen geknüpft sein: z.B. ein Leistungs-/Produktgutschein, der nur für bestimmte Leistungen oder Produkte angewandt werden kann oder ein Anlassgutschein, der nur auf einen bestimmten Anlass bezogen (Neueröffnung, Jubiläum, Feiertag etc.) anwendbar ist.

Unabhängig von der Form sollte der jeweilige Gutschein schriftlich abgefasst sein, den Betrag enthalten und den Aussteller sowie das Ausstellungsdatum erkennen lassen.

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III. Benötigt man AGB für den Verkauf von Wertgutscheinen bzw. für die Abgabe von Aktionsgutscheinen?

Zwar sind weite Teile des Gutscheingeschäfts bereits gesetzlich geregelt, nichts desto trotz ist die Festlegung der Vergabe- und Einlösebedingungen in den AGB unerlässlich. Dabei kann der Händler zwischen verschiedenen Modalitäten wählen.

Für einen rechtssicheren und erfolgreichen Verkauf empfiehlt es sich, die Spielregeln für den Umgang mit dem Gutschein zu definieren. Im Zuge dessen sollten folgende Punkte geregelt werden:

  • Wo kann der Gutschein eingelöst werden?
  • Wie lange kann der Gutschein eingelöst werden?
  • Von wem kann der Gutschein eingelöst werden?
  • Ist der Gutschein übertragbar?
  • Für welche Produkte kann der Gutschein eingelöst werden?
  • Kann pro Bestellung nur ein Gutschein oder können auch mehrere Gutscheine eingelöst werden?
  • Was passiert mit dem Restguthaben, wenn der Wert des Gutscheins den Wert der damit erworbenen Ware übersteigt?

Gebraucht der Händler bereits AGB in seinem Online-Shop, bietet es sich an, auch diese Punkte in den Shop-AGB festzulegen. Andernfalls kann der Händler hierfür separate AGB (z.B. unter der Bezeichnung „Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Einlösung von Gutscheinen“) anlegen, die dem Kunden lediglich im Zusammenhang mit der Überlassung von Gutscheinen mitgeteilt werden.

Damit die Einlösebedingungen des Gutscheins schließlich auch Vertragsbestandteil werden, ist der Kunde über diese vor Vertragsschluss in zumutbarer Weise in Kenntnis zu setzen!

Da Gutscheine oft verschenkt werden, wird der Vertrag regelmäßig nicht mit dem letztendlichen Inhaber des Gutscheins geschlossen. Es empfiehlt sich daher zusätzlich, auch den tatsächlichen Inhaber durch einen Hinweis auf dem Gutschein über die Einlösebedingungen zu informieren, z.B. durch den Vermerk „Bei Einlösung dieses Gutscheins gelten die AGB des Online-Shops.“

Wenn Sie Wert- und/ oder Aktionsgutscheine in Ihrem Online-Shop anbieten (möchten), können Sie die AGB der IT-Recht Kanzlei hierfür um passende Einlösebedingungen im Rahmen der Konfiguration ergänzen!

IV. Können Gutscheine übertragen werden?

Regelmäßig sind Gutscheine unbedingt übertragbar. Denn grundsätzlich sind sie als kleine Inhaberpapiere für den Umlauf gedacht und der Aussteller als Leistungspflichtiger hat kein tieferes Interesse daran, welche Person unter Vorlage des Scheins (oder durch Eingabe des Gutschein-Codes, etc.) die vereinbarte Leistung einfordert.

Daher sind Namensangaben auf einem Gutschein grundsätzlich deklaratorischer Natur. Nach der Rechtsprechung dienen sie lediglich der Dokumentation der persönlichen Beziehung zwischen dem Schenker und dem Beschenkten. Grundsätzlich können Gutscheine also nach Belieben weiterverschenkt, verkauft etc. werden, sodass der Aussteller die versprochene Leistung auch an einen unbekannten Dritten gegen Vorlage des Gutscheins erbringen muss.

Ausnahme: Ist der Gutschein allerdings ausdrücklich auf eine bestimmte Person als einzig einlösungsberechtigter Inhaber ausgestellt, kann eine Übertragbarkeit unter Umständen ausgeschlossen sein. Wann dies der Fall ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Aussteller des Gutscheins ein berechtigtes Interesse hat, nur gegenüber einem bestimmten Gläubiger zur Leistung verpflichtet zu sein. Bei einem normalen Wertgutschein wird eine namensmäßige Festlegung des Berechtigten typischerweise weder notwendig noch praktikabel sein.

V. Können Gutscheinkäufe (für Wertgutscheine) widerrufen werden?

Hinsichtlich des Widerrufs eines Gutscheinkaufs gilt es zunächst zwischen physischen Wertgutscheinen (Gutscheinkarten etc.) und Gutscheinen in nicht verkörperter bzw. digitaler Form (z.B. Gutschein-Codes, Gutschein-PDF etc.) zu differenzieren.

Für Wertgutscheine in physischer Form ist die rechtliche Situation sehr eindeutig: Sie sind wie jede andere verkörperte Ware zu behandeln. Daher steht dem Verbraucher beim Kauf eines physisch verkörperten Wertgutscheins in einem Online-Shop grundsätzlich ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht mit einer Widerrufsfrist von mindestens 14 Tagen ab Erhalt der Ware zu (§§ 312g, 355 BGB) .

Die rechtliche Einordnung von Wertgutscheinen in nicht verkörperter bzw. digitaler Form ist nach wie vor noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt. In Betracht kommt zum einen eine Wertung als digitaler Inhalt, zum anderen ebenfalls als (verkörperter) Warenverkauf.

Die Unterschiede in den Folgen der Zuordnung als physische Ware oder digitaler Inhalt sind immens: Im Falle eines digitalen Inhalts hätte der Händler unter den strengen Voraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB die Möglichkeit, das Widerrufsrecht des Verbrauchers zum Erlöschen zu bringen. Weitere Unterschiede bestehen bei Wert- oder Nutzungsersatz sowie den gesetzlichen Informationspflichten des Online-Händlers. Die einzelnen Auswirkungen der Differenzierung im Detail können Sie hier nachlesen.

Sie möchten sich absichern, das Widerrufsrecht im Falle eines digitalen Inhalts ordnungsgemäß nach der aktuellen Rechtslage auszuschließen? In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, auf was Sie achten müssen.

Die IT-Recht Kanzlei vertritt die Auffassung, dass es sich bei digitalen Wertgutscheinen um Artikel handelt, die wie eine physische Ware zu behandeln ist, die Argumente hierfür:

  • Gegen die Annahme, es handle sich um digitale Inhalte, spricht, dass sich digitale Inhalte in Form von Videos, Musik, Apps etc. grundlegend von digitalen Wertgutscheinen unterscheiden
  • Die Vorschriften zum Widerrufsrecht für digitale Inhalte passen nicht auf digitale Wertgutscheine.
  • Es besteht kein sachlich rechtfertigender Grund, physische und digitale Wertgutscheine unterschiedlich zu behandeln.

Fazit: Unabhängig von der exakten Einordnung besteht zunächst sowohl bei verkörperten wie digitalen Wertgutscheinen ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Vorzugswürdig ist die Behandlung von digitalen Wertgutscheinen nach denselben widerrufsrechtlichen Vorgaben wie physische Waren, die keine Ausschlussmöglichkeit des Widerrufsrechts im Sinne des § 356 Abs. 5 BGB vorsehen. Die zu verwendende Widerrufsbelehrung beim Verkauf von nicht verkörperten Wertgutscheinen ist identisch mit derjenigen für physische Wertgutscheine.

Problem: Was gilt, wenn ein Wertgutschein widerrufen wird, dieser aber bereits (teilweise) eingelöst wurde?

Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, wird der Vertrag rückabgewickelt. Im Falle eines physischen Wertgutscheins wird dieser eingezogen bzw. anderweitig ungültig gemacht werden können. Bei einem digitalen Wertgutschein kann die Ungültigkeit des Wertgutscheins systemseitig vermerkt werden.

Hat der Verbraucher den Wertgutschein bereits ganz oder teilweise eingelöst, greifen die Vorschriften über den Wertersatz. In Höhe des verbrauchten Gutscheinguthabens steht dem Online-Händler ein Wertersatzanspruch gegen den Verbraucher zu. In der Praxis läuft es darauf hinaus, dass der Verbraucher die mit dem Gutschein erworbene Ware behalten darf, wobei der Händler den eingelösten Gutscheinbetrag nicht zurückzuzahlen hat. Ein etwaiges Restguthaben muss der Online-Händler dem Verbraucher rückerstatten.

VI. Kann der Kunde die Auszahlung des Gutscheins einfordern?

Unabhängig von einem Widerruf, stellt sich die Frage, ob der Händler auf Verlangen des Kunden den Gutschein in Höhe seines (übrigen) Ausstellungsbetrages auszahlen muss.

Einen solchen Anspruch kann der Kunde grundsätzlich nicht geltend machen. Dies obliegt vielmehr der Kulanz des Verkäufers. Bei einem Gutschein soll der Inhaber gerade nicht das Geld, sondern eine entsprechende Ware bzw. Dienstleistung erhalten.

Ausnahmsweise kann ein Auszahlungsanspruch bei Ausstellung des Gutscheins für eine spezielle Leistung in Betracht kommen, wenn der Händler diese nicht mehr erbringen kann (z.B. Ware auf dem Markt nicht mehr verfügbar).

VII. Können Gutscheine verjähren?

Ja, Gutscheine unterliegen der regelmäßigen gesetzlichen Verjährungsfrist von 3 Jahren, die mit Ablauf des Jahres, in welchem der Gutschein ausgestellt wurde, beginnt (§§ 195, 199 BGB) . Danach kann der Inhaber den Gutschein bis zum 31.12. des dritten Jahres ab Ausstellung einlösen.

Beispiel: Ein am 16.08.2024 ausgestellter Gutschein verjährt nach der regelmäßigen gesetzlichen Frist am 31.12.2027.

Ist eine Verkürzung der Verjährungsfrist möglich?

Grundsätzlich kann der Händler einen Gutschein auch befristen. Umstritten und von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen von der regelmäßigen Verjährungsfrist durch entsprechende Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abgewichen werden darf.
Die konkreten Anforderungen bemessen sich stets nach den Umständen des Einzelfalls und finden ihre Grenzen in den Missbrauchsverboten der §§ 307ff. BGB. Unzulässig sind Einschränkungen der Geltungsdauer jedenfalls dann, wenn sie Verbraucher unangemessen benachteiligen.

Die Unsicherheit zur zeitlichen Befristung von Gutscheinen besteht nur für die (kostenpflichtigen) Wertgutscheine, nicht hingegen für die (kostenlosen) Aktionsgutscheine. Hinsichtlich Letzterer besteht Einigkeit, dass die Befristung weitestgehend (in den wettbewerbsrechtlichen Grenzen und in Abhängigkeit von der Höhe des Rabatts gegenüber dem Marktpreis) autonom vom Gutscheinaussteller bestimmt werden kann (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 11.06.2013, Az.: 6 U 98/12, indem ein Rabattgutschein für Fahrstunden nahezu unentgeltlich angeboten wurde). Da im Falle des Aktionsgutscheins keine Gegenleistung durch den Kunden erbracht wurde, kann auch eine deutliche Unterschreitung der 3-jährigen Regelverjährung in Betracht kommen.

Wie stets ist jedoch darauf zu achten, die Gültigkeitsfristen dem Kunden ausreichend transparent und sichtbar zugänglich zu machen.

Eine zu kurz gesetzte Frist ist unwirksam. In diesem Fall kann der Gutschein auch nach Ablauf dieser Frist bis zur gesetzlichen Regelverjährung von 3 Jahren eingelöst werden. In jedem Fall zu knapp bemessen ist die Befristung eines Wertgutscheins für einen Wareneinkauf auf ein Jahr (oder kürzer), (OLG München Urteil vom 17.01.2008, Az.: 29 U 3193/07; Urteil vom 14.04.2011, Az. 29 U 4761/10).

Als Ausnahme hiervon kommen lediglich Gutscheine für eine bestimmte Theater-, Musical-, Opernvorstellung etc. in Betracht, die einen bestimmten Termin bereits von Anfang an ausweisen. Grundsätzlich handelt es sich typischerweise um Gutscheine über Dienstleistungen, die auf ein Jahr befristet ausgestellt werden können. Voraussetzung ist die hinreichend dargelegte Erwartung, dass im kommenden Jahr die Kosten des Unternehmers ansteigen werden und die geschuldete Dienstleistung bei Einlösung des Gutscheins nicht mehr den Wert besitzen wird, für den sie beim Gutscheinkauf erworben wurde.

Wertgutscheine über einen bestimmten Geldbetrag, die mit den Jahren nicht an Wert verlieren können, unterfallen der Ausnahme daher nicht.

Die pauschale Befristung von Gutscheinen über Dienstleistungen auf ein Jahr ohne einen ausreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund ist nicht zulässig. So befand das AG Wuppertal die Beschränkung der Gültigkeit von Mehrfacheintrittskarten für einen Saunabetrieb auf 12 Monate ohne hinreichend substantiierte Darlegung eines höheren Verwaltungs- und Kostenaufwands für unzulässig (Urteil vom 19.01.2009, Az.: 35 C 39/08).

Bislang hatten die Gerichte nicht einheitlich zum Thema Befristung von Wertgutscheinen entschieden:

  • Das OLG Hamburg (Urteil vom 21.09.2000, Az.: 10 U 11/00) hatte entschieden, dass die Begrenzung der Gültigkeit eines Kinogutscheins unzulässig ist, soweit kein Ausstellungs- und Verkaufsdatum eingetragen ist. Weiter führt das Gericht bezüglich der Verfallsfrist aus, dass der Beschenkte jedoch ausreichend Gelegenheit zur Einlösung des Gutscheins haben müsse. Zu denken sei an eine Frist von nicht unter zwei Jahren.
  • Das AG Syke (Urteil vom 19.02.2003, Az.: 9 C 1683/02) urteilte, dass eine Befristung eines Gutscheins für eine Ballonfahrt auf 1 Jahr zulässig sei.
  • Das LG Berlin urteilte am 25.10.2011 in der Rechtssache Az.: 15 O 663/10, dass eine unter der gesetzlichen Verjährungsfrist liegende Befristung zum Einlösen eines via Internet erworbenen Rabatt-Gutscheins nicht grundsätzlich rechtswidrig sei.
  • Ebenso entschied das OLG Frankfurt am Main, dass der Verkauf einer rabattierten Fahrkarte, die den Käufer innerhalb eines Zeitraums von 11 Wochen zu zwei einfachen Bahnfahrten seiner Wahl berechtigt, im Sinne des § 307 BGB zulässig sei (Urteil vom 15.04.2010, Az.: 6 U 49/09).
  • Das LG Braunschweig entschied am 08.11.2012 in der Rechtssache Az.: 22 O 211/12, dass die Befristung von Online-Gutscheinen auf eine Laufzeit von 24 Monate unwirksam sei, da hierdurch die allgemeinen Verjährungsregelungen unterlaufen werden würden.
  • Das OLG München (Urteil vom 17.01.2008; Az. 29 U 3193/07) hatte entschieden, dass ein Verstoß vorliegt, wenn die Gültigkeit eines Gutscheins auf ein Jahr ab Ausstellung befristet wird.
  • Das OLG München hat in seiner zeitlich späteren Entscheidung vom 14.04.2011 (Az.: 29 U 4761/10) nochmals festgehalten, dass die Gültigkeit von Gutscheinen nicht per AGB auf ein Jahr beschränkt werden darf.
  • Dieser Rechtsaufassung folgt das Urteil des AG Köln vom 04.05.2012 (Az.: 118 C 48/12) hinsichtlich eines in den AGB auf ein Jahr befristeten Gutscheins über einen Reinigungsservice.
  • Das OLG Brandenburg urteilte, dass die Befristung eines entgeltlich angebotenen Gutscheins eines Fahrschulunternehmers, mit dem der Fahrschüler zwei Fahrstunden zum stark reduzierten Preis von 9 € einlösen konnte, auf ein Jahr zulässig sei. Bei einem Preisnachlass von 80% habe die Fahrschule ein berechtigtes Interesse daran, solch besonders ermäßigte Angebote zeitnah abzuarbeiten (Urteil vom 11.06.2013, Az.: 6 U 98/12).

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass Voraussetzungen und Grenzen einer unangemessenen Benachteiligung nicht statisch sind, sondern je nach Art des konkreten Warensortiments und den Eigenschaften des Geschäftsbetriebes mitbestimmt werden.

Zu empfehlen ist grundsätzlich, im Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Abmahnungen auf Abweichungen von der gesetzlichen 3-jährigen Geltungsdauer zu verzichten!

Was gilt, wenn ein Wertgutschein innerhalb der gesetzlichen Regelfrist verjährt ist?

Nach dem Eintritt der 3-jährigen Regelverjährungsfrist eines Wertgutscheins müssen diese vom Online-Händler weder eingelöst noch ausbezahlt werden, selbst wenn eine individuelle Befristung unzulässiger Weise zu knapp festgelegt wurde. Vielmehr steht dem Online-Händler aufgrund der Verjährung ein dauerhaftes Verweigerungsrecht zu, das er ausüben kann, aber nicht muss. Es steht dem Online-Händler somit frei, ob ein abgelaufener Gutschein – aus Kulanz und zum Zwecke der Kundenbindung – akzeptiert wird oder nicht (so auch LG Oldenburg, Urteil vom 27. August 2013, Az. 16 S 702/12).

Gilt dies auch im Falle eines vom Händler kürzer befristeten Wertgutscheins?

Ist ein individuell befristeter Wertgutschein abgelaufen, aber die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren noch nicht verstrichen, spalten sich die Rechtsauffassungen.

Ist die kürzer bemessene Frist zulässig, besteht Uneinigkeit, ob der Händler ungerechtfertigt bereichert ist und der Kunde daher gemäß § 812 BGB den gezahlten Kaufpreis, nach Abzug des durch die Nichteinlösung entgangenen Gewinns des Händlers, zurückfordern kann. Die IT-Recht Kanzlei ist der Ansicht, dass der Händler eine Gegenleistung in Form des Versprechens, künftig Waren im Wert des Gutscheins gegen den Gutschein ohne anderweitige Bezahlung einzutauschen, erbracht hat. Somit der geschlossene Kaufvertrag einen Rechtsgrund im Sinne des § 812 BGB darstellt und der Kunde keinen Anspruch auf Auszahlung des Wertgutscheins hat.

Ist der Gutschein jedoch gemäß § 307 BGB unangemessen zu kurz befristet, kann der Kunde eine Auszahlung des Kaufpreises einfordern (§ 812 BGB) . Allerdings darf der Händler vom Rückzahlungsbetrag seinen durch die Nichteinlösung des Gutscheines entgangenen Gewinn abziehen (häufig 15 - 25% des Gutscheinwerts).

Lesetipp: Bei Wertgutscheinen stellt sich auch die Frage nach der Besteuerung. Wie Sie Wertgutscheine korrekt in Ihrem Online-Shop nach der aktuellen Rechtslage besteuern, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

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3 Kommentare

S
Silvia 03.12.2024, 11:27 Uhr
Frage zu Blanko Gutscheinen
Ich habe eine Wellness Praxis und nun möchte ein Unternehmer zu Weihnachten 30 Blanko Gutscheine verschenken. Das bedeutet, er verschenkt Geschenkgutscheine an Mitarbeiter, Geschäftspartner etc. und wenn diese in meine Praxis kommen, können Sie sich eine Wunschanwendung aussuchen, ich soll denjenigen dann behandeln und meinem Unternhemer-Kunde eine Rechnung schicken. Handelt es sich hierbei um eine "Weihnachtsaktion"? Für mich als Unternehmerin macht es null Sinn und mir mein Wiehnachtsgeschäft kaputt. Wie sehen Sie das oder wie können beide Seiten tatsächlich etwas voneinander haben? Mir persönlich gefällt es nicht und ich finde es als Geschenkgeber auch sehr unpersönlich und für mich als Unternehmerin auch unkalkulierbar. Ich habe nichts davon und für den Beschenkten hat es keinen Wert. Würde mich über Eure Einschätzung sehr freuen.
O
Oliver Thoma 03.06.2019
verschenkter Gutschein im Widerruf
Danke für die recht ausführliche Darlegung die sich weitgehend mit unserem Verständnis deckt.
Gutscheine haben ja nun den Charakter, das sie verschenkt werden.
Der Onlinehändler hat bei diesem Vorgang allerdings ja eine Dreiecksbeziehung.
Kunde A kauft den Gutschein in Höhe von 100 € und schenkt diesen Kunde B.
Bis zu dem Zeitpunkt gibt es für den Händler nur einen Vorgang und Kunden.
Kunde B kauf mit dem Wert des Gutscheins beim Händler ein (50 € - Restguthaben 50 €)
Alles soweit ok.
Kunde A geht in den Widerruf des Kaufs des Gutscheins (vielleicht haben A und B sich zerstritten) der ja nun "nur" noch mit 50 € im Wert vorhanden ist.
Kunde B hat mit den verrechneten 50 € eingekauft.

Wenn ich Sie richtig verstehe, sollen dann die 50 € Restwert ausgezahlt werden an A.
Aber der hat doch einen Wert von 100 € (wie Bargeld) verschenkt. Da mischt sich doch der Händler in die ungeklärten Eigentumsverhältnisse von A und B ein.

B könnt ja, da im Besitz des Gutscheines mit 50 € Restwert) jederzeit beim Händler ankommen und auf die 50 € Rest (nach den Bestimmungen zumindest in Form von Ware) bestehen.

Um dem Allem vorzubeugen wäre es da nicht sinnvoller oder ist es save, mit Weitergabe oder Anbrechen des Guthabens den Widerruf erlöschen zu lassen.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
R
Ralph 03.06.2019
Diese Auffassung wird gefühlt abgeschrieben im Internet vertreten, aber ...
... da es sich bei digitalen Gutscheinen um eine Ware handelt die für die Rückgabe ungeeinet ist muss ich dieser Auffassung widersprechen.



Bei einer Rücknahme eines digitalen Gutscheins, den ich ggf. weiterverkauft habe da ich keine Schuhe möchte, kann ich ggf. den Gutscheinwert prüfen und somit ermitteln ob ein Abzug stattgefunden hat.
Jedoch kann der digitale Gutschein sofort nach Rückzahlung eingelöst werden. Noch schlimmer der angebliche Käufer, der den Gutschein zurück gibt, verkauft diesen zum Schleuderpreis im Internet über gewisse Kanäle mit Kryptowährung. Nun ist das Geld zurück bezahlt und der Gutschein eingelöst, aber Derjenige der den Gutschein einlöst denkt auch an nichts Böses.
Diese Regelung ist in der Praxis nicht anwendbar und würde den gesetzlich festgelegten freien Handel in erheblichem Maße beeinflußen. Ein digitaler Gutschein muss, wie ein Download, Stream o.ä., in der Auslieferung behandelt werden. Wenn auch ein Wertgutschein als Inhaberpapier gewertet wird. Gleiches gilt für die Regelung von Lizenzschlüsseln u.ä. digital verkaufbaren Gütern. Eine einzige Katastrophe und gewisse Branchen sind schon erfolgreich abgewandert.

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