BGH-Urteil zum Verbraucherdarlehen: Verbundene Verträge erfordern einheitliche Aufklärung

Verbundene Verträge im Rahmen eines Verbraucherdarlehens erfordern eine besondere Aufmerksamkeit bei der Aufklärung des Verbrauchers, entschied der BGH (23.06.2009, Az. XI ZR 156/08). In dem Verfahren ging es einerseits um den Wortlaut der Aufklärung, andererseits um die Frage, ob zwischen den Vertragspartnern des Verbrauchers eine Pflichtenteilung bestehen kann.
Nach der gesetzlichen Regelung des § 358 BGB wird bei verbundenen Verträgen ein Verbraucher, der sich fristgerecht von dem einen Vertrag löst, automatisch auch von dem anderen Vertrag befreit. Hierüber ist er auch korrekt aufzuklären, was im streitigen Fall jedoch nicht geschehen war.
Der dem Verbraucher vorgelegte Text hatte den folgenden Wortlaut:
„Ich bin darüber belehrt worden, dass ich meine auf den Abschluss dieses Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen widerrufen kann, sofern dieses Recht nicht nach Satz 3 ausgeschlossen ist. Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich auch an meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, so gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmen.“
Dieser Text genüge jedoch nicht den Vorgaben der §§ 355, 358 Abs. 5, 358 Abs. 2 Satz 2 BGB, so die Richter:
„Nach der gesetzlichen Regelung des § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrags auch nicht an den anderen Vertrag gebunden; hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden Widerrufsrecht zwar Vorrang zu; durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§ 358 Abs. 2 Satz 2, § 358 Abs. 1 BGB) . Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte verdeutlichen soll, darf daher jedenfalls kein Missverständnis dahin wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts […] an den Darlehensvertrag gebunden.
Dieses Fehlverständnis legt jedoch die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung nahe. Sie belehrt den Verbraucher […] nicht unmissverständlich darüber, dass durch einen wirksamen Widerruf des finanzierten Vertrags auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag entfällt. Vielmehr entsteht dort in der konkreten Ausgestaltung der Belehrung und aus dem Zusammenspiel der einzelnen Sätze aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers […] der unzutreffende Eindruck, er könne sich in bestimmten Fällen ausschließlich von den Bindungen des finanzierten Geschäfts, nicht aber von den Bindungen des Darlehensvertrags lösen, da sein Widerrufsrecht in Bezug auf den Darlehensvertrag wegen des nach der gesetzlichen Regelung vorrangigen Widerrufs in Bezug auf das finanzierte Geschäft ausgeschlossen sei.“
Ferner lehnt der BGH eine Aufteilung der Aufklärungspflicht zwischen den einzelnen Vertragspartnern des Verbrauchers ab, da dieser hierdurch nur unnötig verwirrt würde:
„Eine solche Pflichtenteilung ist mit dem Schutzzweck der gemäß § 355 Abs. 2, § 358 Abs. 5 BGB qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu vereinbaren; die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung belegt vielmehr, dass die […] ‚Pflichtenteilung‘ für den Verbraucher unübersichtliche und missverständliche Belehrungen zur Folge hätte, die durch die Regelungen der §§ 355, 358 BGB vermieden werden sollen. Dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB entsprechend muss die Belehrung nicht nur inhaltlich richtig und vollständig sein, sondern dem Verbraucher die Rechtslage auch unübersehbar zur Kenntnis bringen. Diesen Anforderungen ist bereits dann nicht Genüge getan, wenn sich innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde die Belehrung aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch nicht deutlich heraushebt […]. Erst recht unvereinbar mit dem Deutlichkeitsgebot ist es danach, wenn eine Belehrung, die erst in der Gesamtschau eine unmissverständliche und lückenlose Information ergibt, auf die Urkunden zweier Verträge aufgespalten wird […]. Dies wird besonders deutlich, wenn wie hier der Abschluss des Darlehensvertrages dem des finanzierten Geschäfts in einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen nachfolgt.“
Fazit
Die Argumentation des BGH verdeutlicht, wie wichtig eine lückenlose Aufklärung des Verbrauchers bei verbundenen Verträgen – vor allem auch im Bereich Verbraucherkredite – geworden ist. Fehler werden hier grundsätzlich und regelmäßig zu Ungunsten des Unternehmers ausgelegt. Es ist daher unabdingbar, solche Verträge mit aller Sorgfalt und vor allem so eng wie nur möglich am Wortlaut des Gesetzes zu formulieren – im Zweifel ist es hier ratsam, die Gestaltung einem Juristen zu überlassen.
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