CPC-Verordnung: Verbraucherschützer dürfen bald Online-Shops sperren

CPC-Verordnung: Verbraucherschützer dürfen bald Online-Shops sperren
von Dr. Bea Brünen
Stand: 08.08.2017 3 min

Die Mitgliedstaaten der EU diskutieren zurzeit im Rat über die Überarbeitung der CPC-Verordnung. Verbraucherschützer sollen durch die Novellierung künftig weitreichende Befugnisse zur Durchsetzung von Verbraucherrechten erhalten. Insbesondere sollen sie künftig Internetangebote sperren oder abschalten können, wenn diese schwerwiegend gegen Verbraucherrechte verstoßen. Eine Gerichtsentscheidung soll dafür nicht erforderlich sein.

A. CPC-Verordnung: Warum die Novelle notwendig sein soll

Die Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz EG Nr. 2006/2004 (CPC-Verordnung) schafft den rechtlichen Rahmen für die Bildung des sogenannten CPC-Netzwerks. CPC bedeutet „Consumer Protection Cooperation“ und bezeichnet ein europäisches Behördennetzwerk, dessen Aufgabe es ist, Verbraucherrechte durchzusetzen. Die nationalen Behörden in der EU werden immer dann aktiv, wenn die Interessen einer Vielzahl von Verbrauchern eines europäischen Landes durch ein Unternehmen eines anderen EU-Mitgliedstaates verletzt oder gefährdet sind.

Seit 2007 führt das Netzwerk auch regelmäßige EU-weite Screenings von Webseiten durch, um zu überprüfen, ob die Verbraucherschutzvorschriften eingehalten werden. Bei diesen haben die CPC-Behörden ein hohes Maß an Verstößen gegen grundlegende Verbrauchergesetze festgestellt. Nach Auffassung des europäischen Gesetzgebers gewähren die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen keine starke und gleichmäßige Durchsetzung dieser Gesetze. Aus diesem Grund sei eine Überarbeitung der CPC-Verordnung mit dem Ziel, die Kooperationsmechanismen zwischen den zuständigen nationalen Behörden zu stärken, erforderlich.

Banner Unlimited Paket

B. Die wichtigsten Neuregelungen

Die Novellierung der CPC-Verordnung weitet das nationale Verfahrensrecht erheblich aus und soll dadurch das administrative System zur Durchsetzung bereits bestehender Verbrauchervorschriften effektiver gestalten.

Zur wirksameren Durchsetzung der Verbrauchergesetze sieht Kapitel 2 Art. 8 Abs. 2 des Vorschlags konkrete, zum Teil sehr weitreichende Maßnahmen vor. Die national zuständigen Behörden erhalten danach u.a. folgende Befugnisse:

  • Zugang zu allen relevanten Dokumenten, Daten oder Informationen in Bezug auf einen Verstoß nach dieser Verordnung
  • Vornahme der erforderlichen Prüfungen vor Ort, insbesondere Zugang zu allen Räumlichkeiten, Grundstücken und Transportmitteln zwecks Untersuchung, Beschlagnahmung oder Erhalt von Kopien über Informationen, Daten oder Dokumente
  • Erwerb von Waren oder Dienstleistungen als Testeinkäufe oder mit verdeckter Identität, um Verstöße nach dieser Verordnung aufzudecken und Beweismittel zu beschaffen
  • Sperrung von Webseiten zur Verhinderung schwerwiegender und nicht wiedergutzumachender Schädigung der Verbraucher
  • Abschalten einer Webseite, Domain oder ähnlichen digitalen Seite, Dienstleistung oder eines Konto oder eines Teils davon
  • Anordnung der Erstattung der durch den Verstoß erlangten Gewinne

C. Kritik an den Neuregelungen

Der europäische Gesetzgeber rechtfertigt die Befugnis, Webseiten blockieren und aus dem Netz nehmen zu können, damit, dass Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften auf diese Weise schnell und effektiv abgestellt werden können. Diese Ermächtigung wird jedoch selbst von Verbraucherschützern kritisch hinterfragt. Die Verbraucherzentrale Bundesverband befürchtet, dass das Abschalten einer Webseite praktisch auf eine Gewerbeuntersagung hinauslaufen kann (http://www.vzbv.de/sites/default/files/stellungnahme_vzbv_cpc.pdf, S. 7 f.). Für einen derart schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit bedürfe es jedoch einer eindeutigen und klaren Regelung. Diesen Anforderungen entspreche die Befugnis Webseiten „zur Verhinderung schwerwiegender und nicht wiedergutzumachender Schädigung der Verbraucher“ nicht.

Kritiker werfen der neuen CPC-Verordnung zudem vor, dass Regierungen die neuen Befugnisse dazu missbrauchen könnten, unliebsame Webseiteninhalte unter dem Vorwand des Verbraucherschutzes sperren zu lassen. Hintergrund dessen ist, dass das Abschalten und Sperren keinen Richtervorbehalt und keine Gerichtsentscheidung voraussetzt.

D. Fazit

Die neue CPC-Verordnung wird voraussichtlich ab Mitte 2019 gelten. Ob bis dahin noch signifikante Änderungen am Gesetzestext, insbesondere an der Ermächtigung, Webseiten sperren und abschalten zu können, erfolgen, bleibt abzuwarten. Die IT-Recht Kanzlei hält sie diesbezüglich natürlich auf dem Laufenden.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Beiträge zum Thema

reCAPTCHA: Rechtliche Anforderungen + DSGVO-freundliche Alternative
(20.12.2024, 11:17 Uhr)
reCAPTCHA: Rechtliche Anforderungen + DSGVO-freundliche Alternative
Händler erhält nicht verkehrsfähige Ware: Was tun?
(20.12.2024, 07:45 Uhr)
Händler erhält nicht verkehrsfähige Ware: Was tun?
Ab 30.12.2025: EU-Pflichten für entwaldungsfreie Agrarprodukte
(19.12.2024, 13:31 Uhr)
Ab 30.12.2025: EU-Pflichten für entwaldungsfreie Agrarprodukte
Hinweispflichten: Vertrieb von Ersatzteilen für Gasanlagen
(18.12.2024, 10:07 Uhr)
Hinweispflichten: Vertrieb von Ersatzteilen für Gasanlagen
2025 - Änderungen für Händler: ein Überblick
(18.12.2024, 07:43 Uhr)
2025 - Änderungen für Händler: ein Überblick
Cookie-Tool muss Ablehn-Button auf erster Ebene enthalten
(17.12.2024, 14:12 Uhr)
Cookie-Tool muss Ablehn-Button auf erster Ebene enthalten
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei