Die EU-Verbraucherrechterichtlinie – Teil 2: Die Buttonlösung kommt: Wirkung fraglich, Handlungsbedarf für nahezu alle Onlinehändler steht fest!
Im 2. Teil unserer Serie zur EU-Verbraucherrechterichtlinie geht es um die sog. Buttonlösung. Diese geistert schon seit Monaten als Drohgespenst durch die Welt der deutschen Onlinehändler. Nun steht fest, dass sie kommen wird, sieht doch die Verbraucherrechterichtlinie deren Umsetzung in nationales Recht ausdrücklich vor. Zudem ist der deutsche Gesetzgeber vorgeprescht und hat die Weichen für eine vorzeitige Umsetzung in nationales Recht bereits gestellt. Auch wenn die Buttonlösung primär die Ausrottung der Machenschaften unseriöser Internetanbieter im Visier hat, sind von den kommenden Änderungen nahezu sämtliche, und somit auch die vorbildlichen und seriösen Onlinehändler betroffen.
Inhaltsverzeichnis
- C. Wichtige Regelungsinhalte der EU-Verbraucherrechterichtlinie
- I. Betreffend den Vertragsschluss
- 1. Die Buttonlösung kommt
- Pflichtinformationen
- Eindeutige Information über Eingehung einer Zahlungsverpflichtung durch Schaltflächen
- Keine Bindung des Verbrauchers bei Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht für Schaltflächen
- Konkretisierung durch Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 24.08.2011
- Sinn und Zweck?
- Drehen wir uns im Kreis?
- Sinnfrage unerheblich
- Was ändert sich hinsichtlich der Pflichtinformationen?
- Räumliche Nähe zur Schaltfläche
- Klare und verständliche Form
- Relevanter Zeitpunkt
- Wie muss ich die Schaltfläche beschriften?
- Wortlaut unglücklich
- Bärendienst am Verbraucher
- Beschriftung mit „Bestellen“ oder „Bestellung abschicken“ reicht nicht aus!
- An technischer Umgestaltung des Onlineshops führt kein Weg vorbei!
C. Wichtige Regelungsinhalte der EU-Verbraucherrechterichtlinie
I. Betreffend den Vertragsschluss
1. Die Buttonlösung kommt
Ein leidiges und kaum auszurottendes Phänomen des Internethandels sind Webseiten, die mit kostenlosen Produkten locken (z.B. „Gratisprobe“ oder „Freewaredownload“), hinterrücks dem so geköderten Verbraucher jedoch ein kostenpflichtiges Angebot unterjubeln wollen. Diese sogenannten „Vertragsfallen“ verstecken die Vereinbarung, aus der die Entgeltlichkeit der Nutzung bzw. das mit der Nutzung des Gratisprodukts einzugehende kostenpflichtige Abonnement weiterer Leistungen hervorgeht, gezielt vor dem Interessenten: in langem Fließtext, auf schwer zu erreichenden Unterseiten, durch kontrastarme oder äußerst kleingedruckte Schrift.
Dieser unseriösen Geschäftemacherei will Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrechterichtlinie mit seiner Buttonlösung einen Riegel vorschieben. Dazu der Richtlinientext:
"Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, e, o und p genannten Informationen hin.
Der Unternehmer sorgt dafür, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion umfasst, ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Wenn der Unternehmer diesen Unterabsatz nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden."
Art. 8 Abs. 2 sieht folglich zum einen vor, dass der Unternehmer dem Verbraucher vor dem Abschluss der Bestellung gewisse Informationen über die Modalitäten des abzuschließenden Vertrags in klarer und deutlicher Form liefern muss. Zum anderen ist vorgesehen, dass der Unternehmer, der sich für den Bestellablauf einer anzuklickenden Schaltfläche (oder eines vergleichbaren optischen Gestaltungsobjekts, z.B. Hyperlink, Checkbox) bedient, dieses Objekt eindeutig zu kennzeichnen hat, so dass der Verbraucher klar auf die mit dem Vertragsschluss verbundende Zahlungsverpflichtung hingewiesen wird.
Pflichtinformationen
Der Unternehmer hat dem Verbraucher vor dessen Bestellung die folgenden Informationen nach Art. 6 Abs. 1 zur Verfügung zu stellen:
- die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung,
- den Gesamtpreis inklusive aller Steuern und Abgaben, zusätzlich anfallender Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten sowie aller sonstigen Kosten,
- bei Dauerschuldverhältnissen deren Laufzeit und die Kündigungsmodalitäten,
- gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht.
Eindeutige Information über Eingehung einer Zahlungsverpflichtung durch Schaltflächen
Kern der Buttonlösung ist das Vorhalten eindeutig und deutlich beschrifteter Schaltflächen im Onlineshop, wenn derartige Schaltflächen oder vergleichbare Bedienelemente beim Bestellablauf zum Einsatz kommen. Ein solcher „Bestellbutton“ muss also in gut leserlicher Weise ausschließlich mit den Worten „Bestellung mit Zahlungsverpflichtung“ oder je nach Kontext sonst eindeutiger Formulierung (bei Eingehung eines Kaufvertrags also etwa „Kaufen“) versehen sein.
Inwieweit die „ausdrückliche Bestätigung“ der mitgeteilten Zahlungsverpflichtung durch den Verbraucher in der Praxis ausgestaltet werden soll, wird sich hoffentlich mit der endgültigen Umsetzung in nationales Recht konkretisieren. Nach unserer Ansicht dürfte es dahingehend ausreichend sein, dass der Verbraucher einen entsprechend der obigen Vorgaben klar bezeichneten Button durch sein Daraufklicken „absegnet“.
Die einst vom deutschen Gesetzgeber favorisierte und heftig kritisierte „Doppelklicklösung“, bei der der Verbraucher nach Präsentation der bereits genannten Pflichtinformationen seine Kenntnisnahme hiervon durch einen gesonderten „Bestätigungsklick“ ausdrücklich kundtun sollte, hat in der Richtlinie keinen Niederschlag gefunden.
Keine Bindung des Verbrauchers bei Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht für Schaltflächen
Werden die neuen Vorgaben hinsichtlich der zu kennzeichnenden Schaltflächen missachtet, setzt sich der Unternehmer nicht nur einem erheblichen Abmahnrisiko aus. Er wird zusätzlich mit einer unter Umständen problematischen Rückabwicklung der Bestellung bestraft, da der Verbraucher in diesem Fall durch seine Bestellung keinerlei vertragliche Bindung eingeht und damit dem Unternehmer auch keine Zahlung auf vertraglicher Grundlage schuldet.
Konkretisierung durch Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 24.08.2011
Aufgrund der Dringlichkeit der Vertragsfallen-Problematik hat sich die Bundesregierung bereits jetzt daran gemacht, die Umsetzung der Richtlinieninhalte hinsichtlich der Buttonlösung in nationales Recht anzustoßen. Am 24.08.2011 beschloss das Bundeskabinett auf Vorschlag der Bundesministerin der Justiz den Gesetzesentwurf „zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr".
Kern dieses Entwurfs ist die Änderung der Vorschrift des § 312g des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Es sollen drei neue Absätze in § 312g BGB eingefügt werden:
"(2) Bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246 § 1 Absatz 1 Nummer 4 erster Halbsatz und Nummer 5, 7 und 8 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich zur Verfügung stellen.
Diese Pflicht gilt nicht für Verträge über die in § 312b Absatz 1 Satz 2 genannten Finanzdienstleistungen.(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
(4) Die Erfüllung der Pflicht aus Absatz 3 ist Voraussetzung für das Zustandekommen
eines Vertrages nach Absatz 2 Satz 1."
Sinn und Zweck?
Es stellt sich die Frage, womit diese erneute bürokratische und kostenträchtige Belastung der E-Commerce-Händler gerechtfertigt wird.
Vorrangiges Ziel des Gesetzgebers ist die Trockenlegung des Vertragsfallensumpfes. So heißt es im Gesetzesentwurf hierzu:
Ziel des Gesetzentwurfs ist ein besserer Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher
vor Kostenfallen im Internet.
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher nutzen das Internet, um auf einfache und unkomplizierte
Weise Informationen zu erhalten oder um entgeltfreie Leistungen wie das
Herunterladen von Freeware in Anspruch zu nehmen. Hierbei werden sie immer wieder
Opfer von sogenannten Kosten- bzw. Abo-Fallen. Diese haben sich trotz umfangreicher
Schutzmechanismen des geltenden Rechts zu einem großen Problem für den elektronischen
Rechtsverkehr entwickelt. Unseriöse Unternehmen verschleiern durch die unklare
oder irreführende Gestaltung ihrer Internetseiten bewusst, dass ihre Leistung etwas kostet.
Obwohl ein Vertrag mangels wirksamer Einigung über den Preis vielfach gar nicht
zustande kommt, sehen sich Verbraucherinnen und Verbraucher mit vermeintlich bestehenden
Forderungen konfrontiert. Nicht selten zahlen sie dann lediglich aufgrund des
massiven und einschüchternden Drucks von Rechtsanwälten und Inkassounternehmen.
Wie der Gesetzesentwurf zutreffend erkennt, hält auch das geltende Recht umfangreiche Schutzmechanismen vor, um den Verbraucher vor diesen Kostenfallen ausreichend in Schutz zu nehmen. Derartige Vertragsfallenverträge kommen in aller Regel entweder mangels Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile gar nicht wirksam zustande, sind widerruflich oder anfechtbar bzw. die versteckte Entgeltklausel wird wegen ihres überraschenden Charakters gar nicht Bestandteil des Vertrags oder ist aufgrund von Intransparenz unwirksam.
Der Verbraucher ist also auch schon bisher regelmäßig vor den Folgen eines Reinfalls auf eine solche Webseite geschützt, da er meist gar nicht mit einer Zahlungsverpflichtung belastet ist bzw. diese durch Widerruf oder Anfechtung abwenden kann.
Als Lösung der Vertragsfallenproblematik schlägt der Entwurf nun eine Gesetzesänderung vor, eben die Einführung der Buttonlösung.
In der Begründung zum Entwurf heißt es hierzu:
Diese Instrumente [Anmerkung: Damit sind die oben genannten Instrumente der gelten Rechtslage gemeint] konnten dem Phänomen der Kostenfallen jedoch bislang nicht hinreichend
entgegenwirken. Sie haben insbesondere nicht verhindert, dass Verbraucher sich
vielfach mit lediglich behaupteten Forderungen konfrontiert sehen und vor dem Hintergrund
des massiven und einschüchternden Drucks von Rechtsanwälten und Inkassounternehmen
zahlen.
Um sicher beurteilen zu können, ob ein elektronischer Vertrag wirksam zustande gekommen
ist bzw. ob die geltend gemachte Entgeltforderung tatsächlich besteht, ist oftmals die
Kenntnis und die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen erforderlich. (…)
Vor diesem Hintergrund ist zum Schutz der Verbraucher eine gesetzliche Lösung notwendig,
die die Kostentransparenz im Internet verbessert und es unseriösen Anbietern erschwert,
ihre Kunden durch die Verschleierung der Entgeltpflichtigkeit eines Angebots
sowie durch unklare Preisangaben in Kostenfallen zu locken. Einfache und klare Regeln,
die auch juristischen Laien eine hinreichend sichere Beurteilung ermöglichen, ob bzw.
wann sie sich im Internet zu einer Zahlung verpflichten, können hierzu einen wesentlichen
Beitrag leisten.
Dieser Ansatz wirkt paradox, erkennt der Entwurf vorher doch, dass es nicht die Gesetzeslage ist, die Vertragsfallen zu einem lukrativen Geschäftsmodell macht. Vielmehr ist es die Unmündigkeit und mangelnde Information vieler Verbraucher gepaart mit dem durch die Vertragsfallenbetreiber gezielt aufgebauten Zahlungsdruck. Dieser setzt namentlich auf eine Drohkulisse durch Anwalts- und Inkassoschreiben, die den Verbraucher letztlich dazu bewegen, etwas zu bezahlen, was er aus juristischer Sicht gar nicht zu bezahlen hat.
Drehen wir uns im Kreis?
Den naiven Verbraucher wird es trotz der Gesetzesänderung (und unbestritten auch -vereinfachung) ebenso weiterhin geben wie die bedrohlichen Schreiben von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern der Vertragsfallenbetreiber. Selbstverständlich werden die Betreiber der Vertragsfallen durch das neue Gesetz auch nicht zu redlichen Anbietern. Es ist nicht davon auszugehen, dass entsprechende Seiten in Zukunft die geplanten Änderungen umsetzen werden. Schließlich würden sie dann kein Geschäft mehr machen.
Dass sich die Betreiber dubioser Seiten hierdurch abmahnbar machen und (auch künftig) kein wirksamer (entgeltlicher) Vertrag mit dem Verbraucher zustande kommt, hat sie bereits in der Vergangenheit wenig gestört. Sie sind in aller Regel durch einen Sitz im Ausland und komplexe, ständig im Wandel befindliche gesellschaftsrechtliche Strukturen nur schwer greifbar.
Nach unserer Ansicht ist jedenfalls weder davon auszugehen, dass die Vertragsfallenangebote durch die gesetzlichen Änderungen signifikant zurückgehen werden, noch dass sich Betreiber dubioser Seiten dadurch animiert sehen werden, ihre Informationspflichten zu erfüllen und ihre Schaltflächen entsprechend zu beschriften.
Es ist illusorisch zu glauben, durch immer weitergehende Verbraucherschutzvorschriften auch den naivsten unter den naiven Verbrauchern effektiv schützen zu können.
Dem Verbraucher, der auf solche Vertragsfallen hereinfällt, wird auch der neu gefasste § 312g BGB kaum helfen können, sich einen klaren Überblick über die Rechtslage und damit das Bestehen oder Nichtbestehen der geltend gemachten Forderung zu verschaffen.
Hilfreich wäre hier vielmehr eine bewusstere Wahrnehmung von Internetangeboten und eine Portion gesunder Skepsis. Die Entfaltung dieser Schutzmechanismen obliegt aber dem Verbraucher, nicht dem Gesetzgeber.
Sinnfrage unerheblich
Fest steht nun mal, dass die Buttonlösung kommen wird. Daher wenden wir uns nun wieder den Änderungen zu, die (eben auch die redlichen) Shopbetreiber künftig umzusetzen haben.
Durch den Gesetzesentwurf vom 24.08.2011 haben die bereits oben dargestellten Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie schon konkretere Gestalt angenommen:
Was ändert sich hinsichtlich der Pflichtinformationen?
§312g Abs. 2 BGB-E sieht vor, dass der Unternehmer dem Verbraucher, unmittelbar bevor dieser seine Bestellung abgibt, Informationen klar und verständlich zur Verfügung zu stellen hat.
Erfasst sind hiervon weitgehend die Angaben, die der Unternehmer regelmäßig schon aufgrund von Art. 246 § 1 Abs. 1 EGBGB dem Verbraucher zur Verfügung stellen muss.
Konkret erklärt § 312g Abs. 2 BGB-E zu Pflichtangaben:
- die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung (Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 4 erster Halbsatz EGBGB)
- den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung (Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB)
- ggf. zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten (Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB)
- bei Dauerschuldverhältnissen die Mindestlaufzeit des Vertrags (Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB)
Dies gilt jedoch auch für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, auf die die Vorschriften über Fernabsatzverträge nach § 312b Abs. 3 und 4 BGB keine Anwendung finden und damit auch die Vorschrift des Art. 246 § 1 EGBGB nicht unmittelbar anzuwenden ist. Nicht erfasst sind gemäß § 312g Abs. 2 S. 2 BGB-E Verträge über Finanzdienstleistungen nach § 312b Abs. 1 S. 2 BGB.
Diese Pflichtinformationen hat der Unternehmer dem Verbraucher in besonderer Form zu präsentieren, und zwar klar und verständlich sowie unmittelbar (sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht) bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt.
Räumliche Nähe zur Schaltfläche
Um die geforderte Unmittelbarkeit zu gewährleisten, sollte der Unternehmer die Pflichtinformationen unbedingt in räumlicher Nähe zur Schaltfläche platzieren, mit der der Verbraucher seine Bestellung beim Unternehmer auslöst.
Die Informationen müssen auch im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn – wie meist – die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. Die Aufmerksamkeit des Verbrauchers, der im Begriff ist, die Schaltfläche zu betätigen, soll sich auch auf diese Informationen richten, ohne dass trennende Gestaltungselemente davon ablenken oder den Eindruck erwecken, zwischen den Vertragsinformationen und der Bestellschaltfläche bestünde kein innerer sachlicher Zusammenhang. Vielmehr soll es dem Verbraucher bewusst werden, dass die in den Informationen erläuterte Zahlungspflicht gerade dann eintritt, wenn er die Schaltfläche betätigt. Diese Anforderung ist nur dann erfüllt, wenn die Informationen und die Schaltfläche bei üblicher Bildschirmauflösung gleichzeitig zu sehen sind, ohne dass der Verbraucher scrollen muss. Keinesfalls genügt es, wenn die Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar oder nur einem gesondert herunterzuladenden Dokument entnehmbar sind.
Mit anderen Worten: Die genannten Pflichtangaben sind dem Verbraucher so zu präsentieren, dass dieser beim Anblick der finalen Bestellschaltfläche (zu deren Beschriftung später) die Informationen gleichzeitig im Blick hat.
Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen den gelieferten Informationen und dem Betätigen der Schaltfläche gewahrt werden. Dem Verbraucher muss bewusst werden, dass er mit dem Betätigen der Schaltfläche eine Bestellung genau zu den Konditionen abgibt, die ihm die parallel präsenten Informationen gleichzeitig erläutern.
Daher verbieten sich ablenkende oder gar trennende Gestaltungselemente zwischen Information und Schaltfläche ebenso wie das „Verstecken“ der Informationen auf verlinkten Unterseiten oder gar in einem separat zu öffnenden bzw. herunterzuladenden Dokument.
Da der Entwurf dem Verbraucher auch keinen Scrollvorgang zumuten will, gilt es, die Informationen so nah wie möglich an die Schaltfläche heranzurücken. Keinesfalls aber dürfen die Informationen zur Beschriftung der Schaltfläche selbst werden.
Man kann hierbei nur hoffen, dass die „Mäusekinos“ mobiler Endgeräte wie z.B. von Smartphones hier keinen Einfluss auf die Bestimmung des Begriffs der „üblichen Bildschirmauflösung“ haben werden.
Klare und verständliche Form
Weiterhin ist erforderlich, dass die Pflichtinformationen auch in klarer und verständlicher Weise erteilt werden. Das bedeutet, dass die Informationen sich unübersehbar vom übrigen Text und sonstigen Gestaltungselementen der Webseite abheben müssen. Sie dürfen nicht im Gesamtlayout des Internetauftritts untergehen.
D.h., der Unternehmer sollte besonders darauf achten, Schriftgröße, Schriftfarbe und Schriftart der Informationen so zu wählen, dass diese klar und auf den ersten Blick als solche erkennbar sind.
Um die Verständlichkeit zu wahren, sollte er auf eine klare und eindeutige sprachliche Formulierung achten. Überflüssiges, insbesondere also alle weiteren Informationen, die nicht von § 312g Abs. 2 S. 1 BGB-E gefordert werden, haben im Rahmen der Pflichtinformationen nichts zu suchen. Erst Recht verbieten sich verwirrende oder ablenkende Zusätze.
Relevanter Zeitpunkt
Die im Entwurf geforderte Unmittelbarkeit der Information hat zusätzlich auch einen zeitlichen Aspekt. Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur ein „zu spät“, sondern auch ein „zu früh“ denkbar ist.
Der Unternehmer hat die Pflichtinformationen dem Verbraucher unmittelbar in dem Moment zu liefern, in dem dieser seine vertragsrelevante Erklärung abgibt, also zusammen mit der Präsentation des letzten noch erforderlichen Bestellschritts. Dies folgt schon aus der geforderten räumlichen Anordnung in der Nähe zur bestellungsauslösenden Schaltfläche.
Ebenso schädlich wie eine spätere Information ist es, den Verbraucher zu früh mit den Pflichtinformationen zu konfrontieren, etwa schon bei der Registrierung im Shop, bei der Eingabe der Adressdaten oder während einer früheren Phase des Bestellablaufs.
Auch hier gilt wieder, dass der Verbraucher die Information und die besonders zu beschriftende Schaltfläche, mit der er die Bestellung auslösen wird, auf einer Bildschirmseite im Blick haben muss.
Wie muss ich die Schaltfläche beschriften?
§ 312g Abs. 3 S. 2 BGB-E enthält mit seinen Gestaltungsvorgaben den Kern der geplanten Änderungen. Der Unternehmer, der im Bestellablauf Schaltflächen oder ähnliche grafische Bedienelemente wie Hyperlinks oder Checkboxen vorhält, hat diese künftig so zu beschriften, dass der Verbraucher eindeutig erkennen kann, in Folge der Bestellung Kosten tragen zu müssen und der Verbraucher aus seiner Perspektive diese Kostentragungspflicht mit Betätigung der Schaltfläche ausdrücklich bestätigt.
Wortlaut unglücklich
Leider ist der Wortlaut des neu einzufügenden Abs. 3 S. 2 in sich schon irreführend, heißt es dort doch zum einen, die Beschriftung der Schaltfläche habe „mit nichts anderem“ als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ zu erfolgen, oder aber mit einer „entsprechenden eindeutigen Formulierung“.
Diese Formulierung ist dahingehend äußerst unglücklich gewählt. Nutzt der Unternehmer also den gesetzlichen Vorschlag „Zahlungspflichtige Bestellung“ für die Beschriftung, darf die Schaltfläche keinerlei andere Beschriftung enthalten. Nutzt er eine geeignete Alternativformulierung, wird ebenfalls zu beachten sein, dass deren Eindeutigkeit nicht durch unnötige Ausführungen leidet.
Ebenso fragwürdig ist die gesetzliche Musterformulierung an sich: Wenn der Verbraucher im elektronischen Geschäftsverkehr etwas bestellt, kommt rein durch seine Bestellung in aller Regel noch gar kein Vertrag zustande. Streng genommen ist die Bestellung des Verbraucher also noch gar nicht mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden. Die Zahlungsverpflichtung ergibt sich erst, wenn der Unternehmer das durch die Bestellung abgegebene Angebot des Verbraucher auch annimmt, und damit ein Kaufvertrag zustande kommt.
Bärendienst am Verbraucher
Erfüllt der Unternehmer diese neuen Verpflichtungen nicht ausreichend, kommt kein Vertrag mit dem Verbraucher zustande, § 312g Abs. 4 BGB-E.
Auch diese - auf den ersten Blick klare und verbraucherfreundliche - Rechtsfolge wirft bei genauerer Betrachtung einige Fragen auf. Wird eine Bestellung, bei der die neuen Vorgaben vom Unternehmer missachtet wurden in Vollzug gesetzt, d.h., der Verbraucher bezahlt die Ware und bekommt sie anschließend geliefert, drohen erhebliche Folgeprobleme.
Angenommen, die gelieferte Ware ist mangelhaft. Nun stehen dem Verbraucher keinerlei Mängelrechte zu, da es wegen der Regelung des § 312g Abs. 4 BGB-E gar keinen Kaufvertrag gibt und ein solcher ohne Weiteres auch nicht nachträglich herzustellen ist. Ebenso fraglich ist das Schicksal des Fernabsatzwiderrufrechts des Verbrauchers, wenn er die Ware nicht behalten möchte. Ein solches dürfte überhaupt nicht existieren, da es wegen § 312g Abs. 4 BGB-E schon an einem Fernabsatzvertrag i.S.v. § 312b BGB fehlt.
Durch die Hintertür erweist der Gesetzesgeber den Verbrauchern damit einen Bärendienst, indem er durch neues Verbraucherschutzrecht bestehendes und bewährtes Verbraucherschutzrecht aushebelt.
Natürlich ist der Verbraucher nicht komplett schutzlos gestellt. Da es mangels Kaufvertrag an einem rechtlichen Grund für die Zahlung des Kaufpreises fehlt, kann der Verbraucher den an den Unternehmer geleisteten Kaufpreis nach den §§ 812ff. BGB aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern. Dieser bereicherungsrechtliche Kondiktionsanspruch ist aber für den Gläubiger mit einigen Nachteilen verbunden und somit für den Verbraucher wesentlich ungünstiger als ein vertragliches Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 346ff. BGB, das von einem Rücktritt infolge Mangelhaftigkeit oder durch die Ausübung des Fernabsatzwiderrufrechts geschaffen wird.
Beschriftung mit „Bestellen“ oder „Bestellung abschicken“ reicht nicht aus!
Auch wenn der Gesetzgeber die Beschriftung mit „zahlungspflichtig bestellen“ nur als Vorschlag sieht und somit grundsätzlich ebenbürtige Alternativbeschriftungen zulässt, ist hier höchste Vorsicht geboten.
Der sicherste und damit auch am ehesten zum empfehlende Weg dürfte also die Verwendung des gesetzlichen Beschriftungsvorschlags „zahlungspflichtig bestellen“ sein, wobei aber zu beachten ist, dass die Schaltfläche in diesem Fall keinerlei weitere Beschriftung enthalten darf.
Fest steht, dass unklare Beschriftungen wie z.B. „Weiter“ oder „Abschließen“ den Anforderungen keineswegs genügen.
Aber auch eigentlich klare Beschriftungen, die bislang weit verbreitet sind wie „Bestellen“, „Bestellung abschicken“ oder „Bestellung abschließen“ sind als Alternativbeschriftung nicht ausreichend:
„Auch Formulierungen wie „bestellen“ oder „Bestellung abgeben“ sind regelmäßig nicht geeignet, die Entgeltpflichtigkeit einer Leistung für den Verbraucher hinreichend deutlich zu machen, weil im Internet auch kostenfreie Leistungen – wie zum Beispiel ein Abonnement für einen Newsletter oder eine kostenlose Produktprobe – „bestellt“ werden können."
An technischer Umgestaltung des Onlineshops führt kein Weg vorbei!
Um die erwähnten Vorgaben einhalten zu können, wird das Gros der Webshopbetreiber an einer entsprechenden Umprogrammierung der Bestellabläufe nicht vorbeikommen.
Wenn Sie Anpassungen planen, empfiehlt Ihnen die IT-Recht Kanzlei, hierbei gleich den sichersten Weg zu gehen: Sofern Sie ausschließlich die gesetzliche Musterformulierung „Zahlungspflichtige Bestellung“ für die Beschriftung der Schaltfläche des letzten Bestellschritts wählen, wird man Ihnen keinen Ärger machen können.
Zurückhaltung sollte bis zu einer Präzisierung durch die Rechtsprechung in der Verwendung einer „entsprechenden eindeutigen Formulierung“ geübt werden. Eindeutige Buttonbeschriftungen, wie etwa „Kaufen“, aus denen auch ein juristischer Laie schließen muss, dass er eine Gegenleistung zu erbringen hat, sind unproblematisch.
Insbesondere bei weniger unmissverständlichen und auch ausführlicheren Beschriftungen bleibt abzuwarten, welche konkreten Anforderungen die Gerichte an Alternativbeschriftungen stellen werden.
Wie bereits oben dargestellt, wird eine Beschriftung mit „bestellen“ oder „Abschicken der Bestellung“ den Vorgaben jedenfalls nicht genügen. Dies erscheint befremdlich, darf man von einem halbwegs mündigen Verbraucher nach dem objektiven Empfängerhorizont doch eigentlich die Kenntnis erwarten, dass er mit Preis und Versandkosten bezeichnete Artikel, die er selbst in den Warenkorb gelegt hat bei einer anschließenden Bestellung auch zu bezahlen hat.
Auch wenn die Buttonlösung noch kein geltendes Recht ist: Aufgrund der relativ konkreten Vorgaben bietet sich für Sie ein baldiger Angriff der nötigen Umstellungen an.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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4 Kommentare
Freue mich über Ihre Teilnahme!
https://www.soscisurvey.de/evertrauen/?r=11
haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Artikel! Sie haben zwar recht, dass bereits jetzt so gut wie alle Online-Shops einen Bestell-Button am Ende des Bestellvorgangs integriert haben. Allerdings kommt es dem Gesetzgeber entscheidend auf die Benennung diese Buttons an!
Die Bedingungen für die Benennung wären am Maßstab des Gesetzesentwurfs nicht erfüllt, wenn der Bestell-Button "Bestellen" lauten würde. Am sichersten würden Sie nur fahren, wenn Sie den Bestell-Button "Zahlungspflichtige Bestellung" nennen würden.
Haben Sie nochmals Dank für Ihre Anmerkung!
Sind denn damit nicht die Bedingungen schon erfüllt ???