LG Dresden: Irreführende Angaben im Briefkopf eines Rechtsanwalts sind abmahnbar
Das Landgericht Dresden hat entschieden (Az. 42 HK O 345/09 EV, Urteil vom 19.91.2010), dass die alleinige Verwendung der Bezeichnung "Rechtsanwälte" in Verbindung mit der Nennung des Nachnamens lediglich eines Rechtsanwalts auf einem anwaltlichen Briefkopf wettbewerbswidrig ist, wenn nicht zumindest ein weiterer Anwalt, sei es als Gesellschafter, Angestellter oder freier Mitarbeiter, im Briefkopf namentlich aufgeführt ist.
Der Verfügungskläger, ein im Sprengel des Landgerichts Dresden ansässiger Rechtsanwalt, machte gegen den Verfügungsbeklagten, der eine Rechtsanwaltskanzlei in Schweinfurt betreibt, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Der Verfügungsbeklagte verwendete im Schriftverkehr seiner Rechtsanwaltskanzlei einen Briefkopf, in dem es in der Überschrift wie folgt heißt:
"Müller Rechtsanwälte - Arndt Müller" (Redaktioneller Hinweis: Name wurde geändert)
Diese Angabe verstößt laut Landgericht Dresden gegen § 10 Abs. 1 Satz 3 der Berufsordnung der Rechtsanwälte in der Fassung vom 01.09.2009.
Begründung des Gerichts:
"Nach dieser Vorschrift muss mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf den Briefbögen namentlich aufgeführt werden. Nach § 9 darf eine Kurzbezeichnung geführt werden bei gemeinschaftlicher Berufsausübung, soweit sie in einer Sozietät, Partnerschaft oder sonstiger Weise, etwa einem Anstellungsverhältnis oder freier Mitarbeit erfolgt. Bei der hervorgehobeben im oberen Bereich des Briefkopes verwendeten Angabe "Müller Rechtsanwälte" (Redaktioneller Hinweis: Name wurde geändert) handelt es sich um eine derartige Kurzbezeichnung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie im besonderen Maße drucktechnisch hervorgehoben ist gegenüber der Angabe des Vor- und Zunamens des Verfügungsbeklagten. Zudem unterscheidet sich die Angabe gerade durch die Verwendung des Plurals "Rechtsanwälte" von der Bezeichnung eines Einzelanwalts.
Der Einwand des Verfügungsbeklagten, er wolle damit lediglich auf eine Kooperation mit anderen Anwälten hinweisen, geht fehl. Zum einen darf eine Kurzbezeichnung nur in den Fällen des § 9 BORA, zu dem auch eine verfestigte Kooperation mit anderen Anwälten icht zählt, geführt werden. Zum anderen hat der Verfügungsbeklagte weder substantiiert durch Bennenung anderer Rechtsanwälte dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er mit anderen Anwälten eine verfestigte Kooperation unterhält.
Der Verfügungsbeklagte verstößt gegen § 10 Abs. 1 BORA, indem er eine Kurzbezeichnung führt, ohne eine der Kurzbezeichnung entsprechende Anzahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf den Briefbögen namentlich aufzuführen."
§ 10 Abs. 1 BORA ist eine gesetzliche Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG - so das LG Dreseden:
"Die Rechtsnormqualität im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG ist erfüllt. Denn zu den gesetzlichen Vorschriften nach § 4 Nr. 11 UWG zählt auch die durch Satzung nach §§ 59b, 191a Abs. 2, 191 e BRAO ergangene BORA (BGH, Urt. v. 27.01.2005 - 1 ZR 202/02, zitiert nach Juris Tz. 16 m.w.N.).
§ 10 Abs. 1 BORA dient unmittelbar dem Zweck, das Marktverhalten der Rechtsanwälte im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Er dient dem Schutz der Rechtssuchenden vor irreführenden Angaben in Kurzbezeichnungen. Die Vorschrift regelt die Werbung und damit das Marktverhalten von Rechtsanwälten durch Kurzbezeichnungen, in dem sie deren Zulässigkiet und deren Inhalt festlegt. Die Herausstellung der Kurzbezeichnung "Müller Rechtsanwälte" (Redaktioneller Hinweis: Name wurde geändert) im Briefkopf des Verfügungsbeklagten stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Abs. 1 UWG dar. Sie gibt dem Unternehmen des Verfügungsbeklagten eine prägnante wiedererkennugsfähige Bezeichnug und dient damit der Förderung des Absatzes des Verfügungsbeklagten.
Der Verstoß gegen § 10 Abs. 1 BORA überschreitet auch die Bagatellgrenze nach § UWG. Da der Verfügungsbeklagte als Einzelanwalt tätig ist, führt die Verwendung der Kurzbezeichnung die Rechtsuchenden zur irrigen Annahme, in der Kanzlei des Verfügungsbeklagten seien mindestens zwei Rechtsanwälte in einer Sozietät oder Partnerschaftsgesellschaft oder als Angestellte oder als freie Mitarbeiter tätig. Eine derartige Zusammenarbeit von Rechtsanwälten in einer Kanzlei verspricht Rechtsuchenden erhebliche Vorteile, etwa eine fundierere Vertretung in mehreren Rechtsgebieten aufgrund der Möglichkeit der Spezialisierung der einzelnen Anwälte und der unkomplizierten Möglichkeit der Einholung von Rechtsrat anderer Rechtsanwälte in derselben Kanzlei. Ferner darf ein Rechtssuchender erwarten, dass er bei einer Zusammenarbeit mehrerer Rechtsanwälte in einer Kanzlei schneller Rechtsberatung erhält. Diese Erwartungen sind geeignet, die Auswahlentscheidung von Rechtsuchenden und insbesondere von Unternehmen, die auf schnelle und umfassende, vertiegte Rechtsberatung Wert legen, zugunsten des Verfügungsbeklagten zu bestimmten. Der Verfügungsbeklagte verschafft sich damit gegenüber anderen Einzelanwälten einen erheblichen unlauteren Wettbewerbsvorteil. Daraus ergibt sich zugleich eine erhöhte Nachahmungsgefahr."
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