Bonitätsprüfung: Wie können Online-Händler die Bonität ihrer Kunden rechtssicher überprüfen?
Viele Kunden wollen die Ware zunächst begutachten, anfassen und auf ihre Qualität überprüfen, bevor sie diese bezahlen. Während Verkäufer diesem Anspruch im stationären Handel ohne Risiko nachkommen können, müssen Betreiber von Onlineshops dafür in Vorleistung gehen. Doch auch unter Kunden gibt es schwarze Schafe, die trotz Erhalt der Ware nicht zahlen wollen. Um sich gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls abzusichern, führen viele Shopbetreiber daher eine Bonitätsprüfung durch. Welche rechtlichen Besonderheiten Online-Händler bei einer Bonitätsprüfung beachten müssen, erfahren Sie im Folgenden.
Inhaltsverzeichnis
1. Ablauf der Bonitätsprüfung
Der Kauf auf Rechnung gilt unter deutschen Verbrauchern nach wie vor als beliebteste Payment-Option. Die Vorteile für den Kunden liegen dabei auf der Hand: Er kann die Ware erst begutachten und überprüfen und schließlich in Ruhe entscheiden, ob er die Ware behalten und für sie bezahlen möchte. Für den Shopbetreiber ist diese Zahlungsmethode hingegen am riskantesten. Bonitätsprüfungen helfen dem Online-Händler deshalb dabei, den Kunden und vor allem seine Zahlungsfähigkeit kennenzulernen.
Bei einer Bonitätsprüfung werden die zur Überprüfung der Zahlungsfähigkeit des Kunden benötigten personenbezogenen Daten (wie z.B. Vor- und Nachname, Anschrift, Geburtsdatum) an ein beauftragtes Partnerunternehmen (bspw. BillPay) oder direkt an eine Auskunftei übermittelt (bspw. an die SCHUFA). Dieses trifft mithilfe sogenannter Scorings Rückschlüsse auf das zukünftige Zahlungsverhalten des Kunden. Beim Scoring handelt es sich um mathematisch-statistische Verfahren, bei denen eine Vielzahl von Bonitäts-Merkmalen analysiert und statistisch ausgewertet wird.
Ergibt sich aus dem Scoring, dass der Kunde bestimmte Schwellenwerte unterschreitet, kann dies dazu führen, dass ihm eine Zahlungsmethode, bei dem es generell ein großes Ausfallrisiko gibt (bspw. Kauf auf Rechnung), verweigert wird.
2. Grundsatz der Einwilligung im Datenschutzrecht
Im Datenschutzrecht gilt: Jede Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten ist unzulässig, es sei denn die Datenverarbeitung ist gesetzlich erlaubt oder der Betroffene hat in sie eingewilligt (§ 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)).
Ein Shopbetreiber, der Kundendaten, wie bspw. Vor- und Nachname, Anschrift und Geburtsdatum, an eine Auskunftei übermittelt, braucht also grundsätzlich die Einwilligung des betroffenen Kunden.
3. Ausnahme: berechtigtes Interesse des Shopbetreibers
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht das BDSG in seinem § 28 Abs. 1 Nr. 2 vor, wenn der Händler ein sogenanntes berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung hat. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG regelt, dass „das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke […] zulässig“ ist, „soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt.“
Ein solches berechtigtes Interesse an einer Datenverarbeitung hat ein Händler bspw., wenn er in Vorleistung tritt, wie etwa beim Kauf auf Rechnung. In diesem Fall kann eine Bonitätsprüfung daher auch ohne die vorherige Einwilligung des betroffenen Kunden datenschutzrechlich zulässig sein.
Bei den anderen Payment-Optionen kommt es für die Erforderlichkeit einer Einwilligung ebenfalls darauf an, ob der Shopbetreiber in Vorleistung tritt oder nicht. Bei der Zahlungsmethode Vorkasse leistet der Händler nicht vor, sodass kein berechtigtes Interesse an einer Bonitätsprüfung des Kunden anzunehmen ist. In diesem Fall ist eine Einwilligung des Betroffenen notwendig. Bei der Kreditkartenzahlung kommt es auf den Belastungszeitpunkt an: Wird die Kreditkarte erst nach der Lieferung belastet, liegt wegen der Vorleistung des Händlers ein berechtigtes Interesse an einer Datenverarbeitung vor. Wird sie vor Lieferung belastet, ist kein überwiegendes berechtigtes Interesse des Shopbetreiber anzunehmen. Der Händler muss in diesem Fall vor der Übermittlung der Daten an die Auskunftei eine Einwilligung des Kunden einholen.
4. Problem: Echtzeit-Bonitätsprüfung noch vor Auswahl der Zahlungsmethode
Häufig erfolgt die Bonitätsprüfung noch bevor der Kunde eine Zahlungsmethode ausgewählt hat. Sobald der Käufer seine Daten eingegeben und auf den „Weiter“-Button geklickt hat, werden diese an die Auskunftei übermittelt und ausgewertet. Ergibt die Bonitätsprüfung, dass der Kunde bestimmte Schwellenwerte unterschreitet, kann er im nächsten Bestellschritt nur noch die Zahlungsoptionen auswählen, bei denen den Shopbetreiber keine Vorleistungspflicht trifft.
Für eine solche verdeckte Echtzeit-Bonitätsprüfung wird immer eine ausdrückliche Einwilligung des betroffenen Kunden benötigt, bevor die Bonitätsprüfung durchgeführt wird. Die in § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG genannte Ausnahme zu dem Grundsatz der Einwilligung kommt in diesem Fall nicht zur Anwendung. Denn zu diesem Zeitpunkt ist noch unklar, welche Zahlungsmethode der Kunde wählt und ob der Händler überhaupt in Vorleistung gehen muss. Vielleicht entscheidet sich der Kunde sogar noch dazu, den Bestellvorgang abzubrechen. Ein berechtigtes Interesse des Shopbetreibers an einer Datenverarbeitung steht daher zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fest.
5. Wie kann ein Shopbetreiber eine notwendige Einwilligung einholen?
Möchte der Shopbetreiber eine Bonitätsprüfung durchführen, bevor der Kunde die Zahlungsmethode ausgewählt hat, eignet sich insbesondere eine Checkbox mit einem eindeutigen Einwilligungstext. Die Checkbox darf vom Händler nicht vorangekreuzt sein. Der Verbraucher muss den Haken vielmehr selbst aktiv setzen (Opt-In-Verfahren). Aus dem Einwilligungstext müssen der genaue Inhalt und der Umfang der Einwilligung deutlich hervorgehen. Um einen zu langen Informationstext zu vermeiden, kann in der Check-Box bezüglich der weiteren Einzelheiten auf die entsprechende Stelle in der Datenschutzerklärung verlinkt werden.
Der Shopbetreiber sollte dann in der Datenschutzerklärung ausführlich über
- Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung der personenbezogener Daten
- die Verarbeitung seiner Daten
- in allgemein verständlicher Form
unterrichten.
Der Kunde muss zudem darüber aufgeklärt werden, dass er die Möglichkeit hat, die erteilte Einwilligung zur Nutzung seiner Daten für die Bonitätsprüfung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen. Außerdem muss der Händler darüber informieren, wie lange die erhobenen Daten aufbewahrt werden.
Soll eine Bonitätsprüfung nur erfolgen, wenn der Kunde als Zahlart „Kauf auf Rechnung“ wählt, ist eine Einwilligung des betroffenen Kunden wegen des „berechtigten Interesses“ des Verkäufers an einer Bonitätsprüfung nicht notwendig. Der Shopbetreiber muss daher keine Checkbox auf seiner Webseite implementieren. Auch in diesem Fall muss der Kunde jedoch in der Datenschutzerklärung transparent über das Verfahren der Bonitätsprüfung und die damit einhergehende Datenverarbeitung informiert werden.
6. Fazit
Eine Einwilligung des Kunden in die Bonitätsprüfung ist nur dann nicht erforderlich, wenn den Händler eine Vorleistungspflicht (wie bspw. bei Kauf auf Rechnung) trifft. Geht der Händler nicht in Vorleistung oder möchte er die Bonitätsprüfung durchführen, bevor der Kunde die gewünschte Zahlungsart ausgewählt hat, benötigt er eine ausdrückliche Einwilligung des Kunden. Eine Aufklärung über das Verfahren der Bonitätsprüfung in einer Datenschutzerklärung ist jedoch unabhängig davon erforderlich, ob eine Einwilligung des Kunden für eine Bonitätsprüfung notwendig ist oder nicht.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
3 Kommentare
Von Bonitätsprüfungen halte ich nicht, da man wenn man sich nichts leisten kann auch nichts ausgeben kann. Wenn man gut verdient und sich sein neues Dach decken lässt, es aber nicht ganz bezahlen kann, gibt es immer noch die Möglichkeit auf die Bank zu gehen, einen Kredit zu nehmen, es zu bezahlen. Ansonsten regelt die Formalität das Gericht.